Der Club der Teufelinnen
Quartalszahlungen würde es wohl reichen? Bei dem Gedanken, Großmutters Haus verkaufen zu müssen, stiegen ihr die Tränen in die Augen.
Aber jetzt ließ die Kaffeemaschine wieder ihr seltsames Röcheln ertönen. Bald würde der köstliche Mandel-Vanilleduft des Kaffees zu den Schlafzimmern dringen.
»Was, zum Teufel, macht hier so einen Krach?«
Annie fuhr herum. Zerzaust und in einen fantastisch gemusterten Morgenmantel gehüllt stand Brenda in der Küchentür und kratzte sich verschlafen den Kopf.
»Das ist die Kaffeemaschine.«
»Du meine Güte! Sie pfeift ja wie auf dem letzten Loch.«
Annie lachte. »Nun ja, sie ist alt. Es ist anstrengend für sie.«
»Genau wie für mich.« Brenda öffnete den Kühlschrank. »Hast du was zu essen?« Bevor Annie irgend etwas antworten konnte, hatte Brenda sich eine Banane aus dem Kühlschrank genommen.
»Ja, jede Menge. Aber wir wollen auf Elise warten.«
»Euer Warten hat ein Ende.« Elise war makellos wie immer, in cremefarbenen Hosen, dazu ein dunkelgrüner Pullover, den sie elegant über die Schulter gelegt trug. »Was für ein hinreißendes kleines Häuschen, Annie.«
»Ja, nicht wahr?« Falls da ein winziger Anklang unbewußter Herablassung mitgeschwungen sein sollte, zog Annie es vor, darüber hinwegzuhören. »Wollen wir frühstücken?« Sie begaben sich ins Eßzimmer.
»Was für ein hinreißendes kleines Frühstückchen, Annie«, ließ Brenda sich in perfekter Imitation vernehmen und warf Elise ein etwas hinterlistiges Lächeln zu. »Und ich meine ›klein‹.« Brenda blickte auf das einsame Croissant auf jedem Teller, auf die Beeren und das hübsch geformte, aber gänzlich unzulängliche Butterstückchen. Diese dünnen Frauen wissen einfach nicht, wie man ißt. Glücklicherweise hatte sie sich eine Kleinigkeit mitgebracht, für den Notfall.
Auch Elise hatte eine ›Kleinigkeit‹ dabei, tief in ihrer Reisetasche versteckt. Die Vorstellung, jemanden zu besuchen, wo es nichts Alkoholisches zu trinken geben könnte, war einfach grauenvoll, also hatte sie mit einer Flasche Wodka vorgesorgt.
Nach dem Frühstück unternahmen sie einen Spaziergang zum Bauernmarkt, wo sie einen Berg Gemüse als Beilage für den Truthahn kauften (nicht daß Annie etwas davon essen würde), und planten ihre nächste Strategiebesprechung mit einer Runde Drinks. »Dann wollen wir einen Nachmittag ohne Männer, Essen oder Kinder verbringen«, regte Annie an und bemühte sich, nicht ständig an Chris oder Alex oder Sylvie zu denken.
Brenda hielt ein Schläfchen, während Annie den Truthahn füllte und ihn in den Bratofen schob und Elise am Kamin die Jahresberichte durchging und sich Notizen machte. Um eins war der Himmel bedeckt, und es sah nach Schnee aus. Annie ging nach oben, um ein heißes Bad zu nehmen, während die beiden anderen den Tisch für das Abendessen deckten.
Bemüht, an etwas Positives zu denken, mußte Annie lächeln bei dem Gedanken daran, wie gut Elise und Brenda zurechtkamen. Es machte Spaß, mit beiden zusammenzusein. Brendas Erdverbundenheit glich Elises Tendenz zur Kühle aus, während Elises Klasse lebhaft mit Brendas unverhohlener Vulgarität kontrastierte. Wieder mußte Annie lächeln. Es war wirklich ein Vergnügen.
Das Essen schmeckte köstlich. Chris rief aus Pennsylvania an, wo er mit Karen zu Besuch bei deren Familie weilte. Alex meldete sich von der Uni in Kalifornien, und dann rief Brenda ihre Kinder an, die die Feiertage mit ihrem Vater verbrachten. Annie blickte hinüber zu Elise, die in eine Illustrierte hineinschaute, ohne sie zu lesen. Elise, die nur ihre senile Mutter hatte. Dafür hatte sie mehr als nur eine Flasche Wein gehabt.
Als sie mit dem Essen fertig waren, fing es an zu schneien, und der Anblick der fallenden Flocken war der angenehme Abschluß eines angenehmen Mahles. Elise und Brenda räumten den Tisch ab und erledigten, trotz heftigen Widerspruchs von Annie, auch den Abwasch. Sie aktivierte dafür wieder die alte Kaffeemaschine ihrer Großmutter, nur daß sie diesmal coffeinfreien Kaffee nahm.
»Da nun Erntedankfest ist, sollten wir uns erzählen, wer wofür besonders dankbar ist. Wer möchte den Anfang machen?« fragte Annie.
»Nicht ohne noch einen Drink«, wandte Elise ein.
»Noch nicht einmal mit einem«, korrigierte Brenda sie. »Annie, hör auf, so verdammt auf gut und lieb zu machen. Hier gibt es keine Nonnen, um unser Wohlverhalten zu benoten.«
Sie hatten mittlerweile fast den ganzen Weißwein ausgetrunken, aber als
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