Der Club der Teufelinnen
Elise noch etwas davon haben wollte, ging Annie daran, den Rotwein zu öffnen. Sie hatte Schwierigkeiten mit dem Korken. »Das ist einer der Fälle, wo ich einen Mann bräuchte.«
»Kauf doch Flaschen mit Drehverschluß«, schlug Brenda vor. Annie mußte kichern. So komisch war es eigentlich nicht, aber Elise fiel auch ein und dann Brenda. Alle drei standen sie in der warmen Küche und lachten. Wir könnten uns richtig einen antrinken, überlegte Annie. Da begann die Kaffeemaschine mit ihrem Grunzen, und wieder mußten sie loslachen.
»Es hört sich eklig an«, japste Annie.
»Richtig obszön«, stimmte ihr Brenda zu.
»Ach, hört doch auf, auf dem armen Ding herumzuhacken. Es kann nun mal nicht anders. Sagt mir lieber, wer Sahne auf seinen Kuchen möchte?«
»Wie dekadent!« Elise schüttelte den Kopf.
»Wie köstlich«, kam es begeistert von Brenda. »Also, ich bin dankbar für den Kuchen.«
Annie brachte den Kaffee ins Wohnzimmer und legte noch ein Scheit ins Feuer. Jede von ihnen suchte sich einen gemütlichen Platz vor dem Kamin. Einen Moment herrschte Stillschweigen. Annie holte tief Luft. Jetzt oder nie, dachte sie. Beichten tut der Seele gut, warum fällt es mir dann so schwer? Sie blickte zu den beiden anderen Frauen hinüber. Ich glaube nicht, daß sie mich verurteilen oder bemitleiden werden. Jedenfalls hoffe ich das. »Ich bin dankbar, daß ich zwei Freundinnen wie euch habe«, begann sie. »Freundinnen, denen ich vertrauen kann.« Wieder schwieg sie kurz. »Ich möchte euch von meiner Scheidung erzählen.«
Langsam, ruhig erzählte sie ihnen von der unerquicklichen Begegnung im Carlyle, von ihrem guten Willen, von ihrer Verzweiflung und von Aarons Verrat und von dem Allerschlimmsten, von Leslie Rosen, die im Nebenzimmer mitbekommen hatte, wie sie Aaron um Versöhnung anbettelte. Sie war froh, daß sie das alles abladen konnte.
»Hattest du Dr. Rosen immer alles erzählt?« fragte Brenda.
Stumm nickte Annie. »Dann hoffe ich, daß du ihr auch gesagt hast, daß Aaron morgens früh einen schlechten Atem hat oder langsam schlapp wird. Irgendwas, das sie ihm wieder erzählen und worüber er sich schwarz ärgern kann. Ich kann übrigens überhaupt nicht verstehen, daß du immer noch deinen Ehering trägst!«
Beschämt schaute Annie auf ihre Hand. »Schließlich trägst du deinen auch noch«, wandte sich Elise an Brenda.
»Kein Wunder, meine Finger sind so fett, daß ich ihn nicht runterkriege. Und was ist deine Entschuldigung?«
»Ich habe dafür bezahlt. Es ist eine hervorragende Arbeit von Winston. Aber wir sprachen gerade von Annie im Carlyle«, entgegnete Elise kühl, um sich dann wieder etwas freundlicher Annie zuzuwenden. »Was hast du denn gemacht?«
»Ich bin davongelaufen.«
Die beiden anderen Frauen nickten. »Aber nun bin ich es leid, immer davonzulaufen. Und ich bin es leid, immer nur mir selbst für alles die Schuld zu geben. Oder die der anderen immer zu entschuldigen. Und einen Mann zu lieben, der mich nicht liebt.« Sie hielt kurz inne. »Und da gibt es noch etwas. Etwas Schlimmeres. Aaron hat das Geld aus Sylvies Treuhandfonds verspekuliert, und ich weiß nicht, ob er es jemals zurückzahlen wird.«
Die beiden Frauen sahen sie an. Brenda wußte von dem Verlust, jedoch nicht von Aarons mangelnder Bereitschaft, ihn wieder wettzumachen. Und Elise hatte bislang überhaupt nichts davon gewußt. Wieder erwartete Annie, daß Scham in ihr aufstieg für das, was Aaron getan hatte. Zum ersten Mal jedoch spürte sie nur die Kluft, die völlige Trennung von ihm. Er hatte sie verlassen, war nicht mehr länger ein Teil von ihr, und sein Handeln entzog sich ihrer Verantwortung. Sie schämte sich nicht mehr für ihn. Sie spürte einen Schmerz in ihrem Brustkorb, als ob dort wirklich etwas herausgerissen worden wäre. Unwillkürlich legte sie die Hand auf ihr Herz. Sie verspürte keine Scham mehr. Es tat weh, das ja, und wütend war sie, aber nicht mehr beschämt.
»Irgend etwas hat sich verändert.« Sie wußte, daß sich das ziemlich albern anhörte. Wieder schwieg sie, biß sich auf die Lippen. Was war es nur? Was? »Ich liebe ihn nicht mehr«, kam ihre einfache Schlußfolgerung.
Brenda hob triumphierend die Arme. »Halleluja! Welch ein herrliches Erntedankfest. Endlich hat es gewirkt!« Etwas ruhiger fuhr sie fort: »Um wieviel Geld geht es dabei eigentlich?«
Ganz Brenda, mußte Annie denken. Sex galt ja schon als etwas Schmutziges, das verheimlicht werden mußte, und Geld erst recht.
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