Der Club der Teufelinnen
kauften.
Immerhin war Phoebes Familie so etwas wie ein Sicherheitsfaktor. Die van Gelders waren in New York mindestens das, was die Symingtons in Atlanta waren. Geld und Macht, seit den Tagen der ersten holländischen Niederlassung. Wenn diese Familie erschien, würden alle anderen folgen. Schließlich war Phoebes Onkel Vizepräsident gewesen, und ein anderer Onkel drei Regierungsperioden hindurch der Bürgermeister dieser Stadt. Aber vor allem waren die van Gelder, anders als die Symingtons, wegen einem bekannt: Sie waren unverschämt reich.
Mit dieser Ausstellung sollte sich für Shelby einiges ändern. Keine untergeordneten Skalvenjobs mehr bei einem Leo Castelli, während er und das ganze Pack sich goldene Nasen verdienten. Das machte sie jetzt für sich selbst. Sie wäre auch nicht die erste Frau, der es gelänge, Kunst und Kommerz zu verbinden. Bedauerlich nur, daß sie dafür hatte heiraten müssen. Shelby seufzte.
Vielleicht würde sie Morton ja dazu überreden können, in SoHo Fortbildungskurse für die ewig Gestrigen zu belegen. Sie mußte lächeln und schöpfte Trost aus dem Anblick der Galerie – ihrer Galerie. Wieder machte sie einen Rundgang durch die Räume, bewunderte sie die glänzenden Böden, die jungfräulich weißen Wände und die riesigen, alles andere als jungfräulichen Bilder.
Lippen, Lippen, nichts als Lippen hatte Phoebe hier gemalt. Wollüstiger als je im Leben, pulsierend, aus der Leinwand hervordrängend. Einige waren dreidimensional hervorgehoben, alle schienen feucht, schimmernd, sich öffnend, voller Versprechen. Wenn de Koonings mit seinen schrecklichen Frauen das letzte Wort zur vagina dentata gesprochen hatte, dann waren Phoebes Werke möglicherweise der dernier cri weiblicher Hingabe. Gewiß waren die Bilder beunruhigend, aber auch lebendig, und mit etwas Glück würden schon in ein paar Monaten mehrere Dutzend davon in den Bibliotheken und Salons der Stadt hängen. Und sie hätte es geschafft.
Aber noch gab es einiges zu tun. Die Musikanlage war zu überprüfen, da Phoebe darauf bestanden hatte, daß New-Age-Musik ihrer Wahl dazugehören sollte. Sie selbst mußte sich frisch machen und nach den Erfrischungen schauen.
Soeben erschienen die Leute vom Lieferservice. Normalerweise gab es in solchen Fällen etwas mit Weißwein, Weintrauben und Käse, und Morty hatte für mehr plädiert, und ausnahmsweise war Shelby einverstanden gewesen. Sie zeigte der weißbejackten Mannschaft, wo sie alles aufzubauen hatte, und überließ sie dann Antonia, ihrer eigenen Galeriesklavin.
9
Kunst um der Kunst willen
Morty stand verlegen neben dem Aufzug und beobachtete, wie sich Shelbys Kunstgalerie langsam füllte. Kunst würde er das hier allerdings nicht nennen. Für ihn waren diese riesigen Bilder so etwas wie Vergrößerungen aus Pornoheften. Aber was wußte er schon von diesem ganzen modernen Kunstkram? Er war der Meinung, daß man solches Zeug an jeder Straßenecke kaufen konnte, aber schließlich war Shelby Konservatorin im Museum für Moderne Kunst gewesen, also mußte sie es wohl wissen. Trotzdem, er hatte noch nie für Ramsch Geld aus dem Fenster geschmissen und konnte sich auch nicht vorstellen, daß andere dazu bereit sein würden. Doch die Gäste schienen nicht schockiert zu sein.
Einige der Herren waren im Dinnerjacket gekommen und die Damen in Partykleidern. Sie wanderten zwischen den Bildern umher und sprachen der Pastete zu. Immerhin war das Essen in Ordnung, fast genauso wie die gehackte Leber, die Mortys Mutter selig zuzubereiten pflegte. Nur diese Panflöten, oder was da sonst aus den Lautsprechern kam, machten ihn langsam meschugge.
Bill Atchison hatte einen Arm um Phoebe gelegt. Wie üblich trug sie etwas völlig Ausgefallenes, und wie üblich konnte er die Augen nicht von ihr abwenden. Sie war schon was Besonders, und jeder wußte das. Sie hatte alles, was man so brauchte: Geld, die richtige Erziehung, Kreativität und Sex-Appeal. Bill fühlte sich ein ganzes Stück größer. Sie zog alle Blicke auf sich, er konnte die Lüsternheit, den Neid der anderen spüren. Nicht schlecht für einen Mann an die Sechzig, wirklich nicht schlecht.
Wie immer wurde er unruhig, wenn ihm sein Alter einfiel. Er sah nicht wie siebenundfünfzig aus, noch nicht einmal wie fünfzig, und fühlen tat er sich um noch einmal zwanzig Jahre jünger. Sein Denken war das eines jungen Menschen, also war er jung. Das sagte Phoebe, auch wenn sie ihn in ihren intimsten Momenten Papi nannte.
Er sah
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