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Der Coach

Titel: Der Coach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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dann wandte er den Blick ab und knurrte ein leises »Morgen«.
    Durch den Haupteingang der Schule gelangte man in eine große, moderne Halle, die in Neelys vorletztem Schuljahr entstanden war. Sie verband die beiden älteren Gebäudeteile der Schule miteinander und führte außerdem zur Turnhalle. An den Wänden hingen Bilder aller Abschlussklassen seit den zwanziger Jahren.
    Basketball spielte in Messina als Sport eigentlich nur eine untergeordnete Rolle, doch das Football-Team hatte die Stadt so ans Siegen gewöhnt, dass von allen Sportmannschaften Höchstleistungen erwartet wurden. Gegen Ende der Siebziger hatte Rake verkündet, die Schule benötige eine neue Turnhalle. Das Projekt wurde fast einstimmig bewilligt, und die Stadt Messina errichtete voller Stolz die beeindruckendste Basketball-Halle im ganzen Bundesstaat. Ihr Eingangsbereich war eine einzige Ruhmeshalle.
    Den Mittelpunkt bildete ein riesiger, sehr teurer Ausstellungsschrank, in dem Rake seine dreizehn kleinen Denkmäler sorgsam arrangiert zur Schau stellte. Dreizehn Meistertitel von 1961 bis 1987. Hinter jeder Trophäe befand sich ein großes Foto des Teams, eine Auflistung der Punktestände und eine Collage aus vergrößerten Zeitungsschlagzeilen. Außerdem lagen signierte Bälle darin, und Spielertrikots waren aufgehängt, darunter auch das mit der 19. Und natürlich unzählige Fotos von Rake: Rake mit dem legendären Quarterback Johnny Unitas bei einem Empfang außerhalb der Saison, Rake mit verschiedenen Gouverneuren, Rake mit Roman Armstead nach einem Spiel der Packers.
    Neely blieb ein paar Minuten vor dieser Ausstellung stehen, obwohl er sie schon so oft gesehen hatte. Sie zollte einem großartigen Coach und seinen hoch motivierten Spielern auf prachtvolle Weise Tribut, doch gleichzeitig war sie eine traurige Erinnerung an vergangene Tage. Einmal hatte Neely jemanden sagen hören, der Eingangsbereich der Turnhalle sei das Herzstück von Messina. Doch eigentlich handelte es sich um einen Schrein für Eddie Rake, einen Altar, an dem ihm seine Anhänger huldigen konnten.
    An den Wänden entlang, bis zur Tür der Turnhalle, standen weitere Vitrinen. Weitere signierte Bälle aus weniger triumphalen Jahren. Kleinere Trophäen, von unwichtigeren Teams errungen. Zum ersten und hoffentlich auch letzten Mal verspürte Neely ein gewisses Mitleid mit den Jugendlichen in Messina, die hart trainiert hatten, erfolgreich waren und doch nicht beachtet wurden, weil ihr Sport keine so große Rolle spielte.
    König Football führte das Zepter, daran würde sich nie etwas ändern. Er brachte Ruhm und sorgte für das Auskommen, und damit war alles gesagt.
    Ganz in der Nähe schrillte eine Klingel, ein vertrauter Ton, der Neely abrupt in die Wirklichkeit zurückholte, in die er, fünfzehn Jahre nach seiner Zeit, unbefugt eingedrungen war. Er ging zurück in die Aula und geriet mitten hinein in das wilde Gewühl einer Fünf-MinutenPause am späten Vormittag. In den Gängen wimmelte es von Schülern, die sich aneinander vorbeidrängelten, sich anschrien, mit Spindtüren knallten und ihren Hormonen freien Lauf ließen, die während der letzten fünfzig Minuten unterdrückt worden waren. Keiner erkannte Neely.
    Ein großer, muskelbepackter Spieler mit breitem Stiernacken rannte ihn fast um. Er trug die grünweiße Spartan-Jacke, die man nur bei besonderen sportlichen Leistungen bekam und die in Messina somit als höchstes Statussymbol galt. Er hatte den stolzen Gang eines Menschen, der sich als Herr seiner Umgebung fühlte, und das war er auch, obgleich nur für kurze Zeit. Er flößte Respekt ein, erwartete Bewunderung. Die Mädchen lächelten ihn an. Die anderen Jungs traten beiseite.
    Komm du mal in ein paar Jahren wieder, Junge, dann weiß keiner mehr, wer du bist, dachte Neely. Deine Traumkarriere ist dann nur noch Nebensache. All die hübschen Mädchen haben Kinder. Auf die grüne Jacke bist du zwar immer noch stolz, aber du passt nicht mehr rein. Das ist Highschool-Kram. Kinderkram.
    Warum war es damals bloß so wichtig gewesen?
    Plötzlich fühlte Neely sich sehr alt. Er drängte sich durch die Menge und verließ die Schule.
    Am späten Nachmittag fuhr er langsam die enge Schotterpiste entlang, die sich um Karr’s Hill herumschlängelte. Auf der anderen Seite parkte er. Unter ihm, nicht weit entfernt, lag das Mannschaftshaus der Spartans, und etwas weiter rechts befanden sich die beiden Trainingsfelder. Auf dem einen trainierten die Seniors in voller

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