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Der Codex

Titel: Der Codex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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zu mir rein - und ihr wart alle da! Meine Gebete sind erhört worden.«
    »Soll das etwa heißen«, fragte Philip, »dass du zur Relig i on gefunden hast? Dass du gläubig bist?«
    »Ja, verdammt, du hast absolut Recht!« Broadbent verfiel in Schweigen. Er blickte auf die gewaltige Landschaft, die sich unter ihnen ausbreitete, die endlosen Berge und Urwälder. Dann rutschte er hüstelnd hin und her. »Komisch, mir ist, als wäre ich gestorben und neu geboren.«

69
     
    In seinem Versteck hörte Hauser das Murmeln der vom Wind nach oben getragenen Stimmen. Er verstand zwar die einzelnen Worte nicht, hegte aber keinen Zweifel, was da unten vor sich ging: Sie freuten sich königlich und plünde r ten die Grabka m mer ihres Vaters. Bestimmt wollten sie die kleineren Gegenstände - den Codex eingeschlossen - mi t nehmen. Die Frau, Sally Colorado, wusste um den Wert des Manuskripts. Der Codex würde das Erste sein, was sie an sich nahmen.
    Im Geist ging Hauser die Liste der restlichen in der Grabkammer liegenden Schätze durch. Ein Großteil von Ma x well Broadbents Sammlung - einschließlich der wertvol l sten Stücke - ließ sich transportieren. Dazu gehörten einige seltene Edelsteine aus Vorderindien und eine große Sam m lung von Goldartefakten aus dem Besitz der A z teken und Mayas. Es handelte sich in der Regel um kleine Objekte, was auch für die antiken griechischen Goldmünzen galt. Er wusste auch von zwei sehr wertvollen etruskischen Bronz e figurinen, die ungefähr fünfundzwanzig Zentimeter groß waren und knapp zwanzig Pfund wogen. All dies konnte ein einzelner Mann auf dem R ü cken tragen. Wert: zwischen zehn und zwanzig Millionen.
    Sie konnten auch den Lippi und den Monet mitnehmen. Die Gemälde waren relativ klein - der Lippi maß rund 70 mal 45 Zentimeter, der Monet 90 mal 65. Beide waren ung e rahmt verpackt worden. Der auf gegipstes Holz gemalte Lippi wog zehn Pfund, der Monet acht. Die beiden Kisten, in denen sie verstaut waren, brachten einzeln höchstens dreißig Pfund auf die Waage. Sie konnten zusammeng e bunden, auf einen Tragrahmen geschnallt auf dem Rücken abtransportiert werden. Wert: über hundert Millionen.
    Aber es gab da unten natürlich auch jede Menge Schätze, die sich nicht mitnehmen ließen. Der Pontormo, dessen Wert zwischen dreißig und vierzig Millionen lag, war zu groß. Und das galt auch für das Bronzino-Porträt. Die Maya-Säulen und die Sod e rini-Bronzen waren zu schwer. Aber die beiden Braques konnte man tragen. Das kleinere Gemälde gehörte zu Braques frühesten kubistischen Me i sterwerken und würde zwischen fünf und zehn Millionen einbringen. Dann war da noch die altröm i sche Bronzestatue eines Knaben im Maßstab 1:2, die einen Zentner wog - mö g licherweise zu viel, um sie fortzuschleppen. Und die ka m bodschanischen Tempelfigurinen aus Stein, ein paar alte chinesische Bronzeurnen, einige Maya-Mosaike, Gedenkt a feln ... Max hatte gute Augen. Er hatte stets auf Qualität geachtet. Quantität galt ihm nichts. Im Lauf der Jahre w a ren eine Menge Kunstwerke durch seine Hände gega n gen, und er hatte nur das Allerbeste für sich behalten.
    Ja, dachte Hauser, wenn ich nicht hier wäre, könnte das Qua r tett da unten jetzt Kuns t werke im Wert von fast zweihundert Millionen Dollar abschleppen. Fast die Hälfte des Wertes der kompletten Sammlung.
    Er wechselte die Position und streckte seine verkrampften Beine aus. Die Sonne war hell und heiß. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Fünf vor zehn. Er hatte sich vorgenommen, um zehn in Aktion zu treten. Hier draußen war die Zeit zwar von geringer Bedeutung, doch er hatte i r gendwie Freude an der gewohnten Disziplin. Seiner A n sicht nach war Disziplin mehr eine Lebensphilosophie als alles andere. Er stand auf, reckte sich und atmete mehrmals tief durch. Dann überprüfte er schnell seine Steyr AUG. Sie war, wie üblich, im Bestzustand. Hauser glättete sein Haar, dann warf er einen kritischen Blick auf seine Fingernägel. Unter einem Nagel en t deckte er einen Schmutzrand. Er kratzte ihn mit der Spitze seiner Nagelfeile ab und schnip p te ihn weg. Dann begutachtete er seine Handrücken. Sie waren glatt, haarlos und weiß und zeigten nur einen ganz feinen Anflug von Adern. Es waren die Hände eines Dre i ßigjährigen, nicht die eines Mannes von sechzig. Er hatte seine Hände stets gepflegt. Die Sonne funkelte auf einer Phalanx dicker Gold- und Diamantringe. Er bewegte mehrmals seine Finger, dann schüttelte er

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