Der Computer Satellit
Sie meinen«, sagte Dyer und hob eine Hand leicht an. »Ich bin da ganz Ihrer Meinung. Er macht sich öffentlich zum Narren, und jemand sollte mit ihm reden. Überlassen Sie das mir. Ich werde Betty darum bitten, auch zu Pattie ein paar weise Worte zu sagen.«
»Ich will hier nicht versuchen, den Schwarzen Peter weiterzugeben oder so etwas«, sagte ihm Kim. »Es ist eben nur … na ja, Sie wissen ja, wie das mit jungen Leuten ist. Ich dachte, das sollte besser von Ihnen kommen.«
»Machen Sie sich keine Gedanken darüber. Ich werde …« Das Glockensignal ertönte von seiner Konsole. »Bitte entschuldigen Sie mich eine Sekunde.« Er berührte eine Taste, um den Anruf anzunehmen, und Bettys Gesicht begrüßte ihn.
»Bitte entschuldigen Sie die Unterbrechung, aber Laura Fenning ist hier«, verkündete sie. Dyer konnte hinter Bettys Schulter das vertraute, klassisch ovale Gesicht und die rabenschwarze Kleopatra-Frisur erkennen. Er entblößte seine Zähne zu einem Lächeln, beziehungsweise er hoffte, dass es ein Lächeln war.
»Nur noch eine Minute, Betty. Guten Morgen, Miss Fenning.« Er schaltete den Schirm ab und wandte sich wieder Kim zu, die bereits im Aufstehen begriffen war. »Wo waren wir? Ach ja … machen Sie sich darüber keine Gedanken. Ich spreche mit ihm.«
»Vielen Dank«, antwortete Kim. »Damit hätten wir es wohl geschafft. Ich verziehe mich jetzt, damit Sie weitermachen können. Bis später.«
»Bis später.«
Kim verschwand abrupt und ließ auf Dyers gewinkte Bitte hin die Tür offen. Dyer rief Rons Bericht auf den Schirm zurück und schloß zügig seine Bemerkungen dazu ab. Mit einem Teil seines Bewußtseins nahm er vage Laura Fennings präzise, kultivierte und verführerische Stimme wahr, die von ihrer Unterhaltung mit Betty durch die offene Tür hereinschwebte. Es ging um eines ihrer üblichen Themen.
»Aber Frauen waren nie für die Aufgaben von Männern vorgesehen, Betty. Warum auch? Ihr Platz ist in ihrem Heim, bei ihren Familien, das ist alles, was ich sage. Das ist ihr Recht.«
»Na ja, ich weiß nicht so recht«, antwortete Betty mit zweifelnder Stimme. »So bin ich einfach nicht erzogen worden. Gleicher Anteil für alle, das hat man zu meiner Zeit gesagt. Damit waren auch alle gemeint. All die jungen Mädchen, die sich heutzutage beklagen, dass sie auf ihren eigenen Füßen stehen müssen. Das klingt einfach nicht richtig.«
»Aber genau darum geht es mir, Betty«, meinte Laura mit eindringlicher Stimme. »Es ist richtig. Das mag vielleicht vor fünfzig Jahren noch notwendig gewesen sein, aber jetzt haben wir andere Zeiten. Warum sollten wir veraltete Traditionen beibehalten, bloß weil die Männer finden, dass ihnen das gefällt?«
Dyer seufzte, als er seine Bemerkungen abschloss und den Bericht unter Rons Postkode zurückkopieren ließ. Sie war erst fünf Minuten lang hier und hetzte bereits die Truppe auf. Er schaltete den Schirm ab und starrte ihn einen Moment lang an, während er seine Gedanken wieder voll den direkt anstehenden Problemen widmete. Er wollte sich nicht hier allein in die Ecke drängen lassen, beschloss er. Er stand auf, straffte sich und verließ sein Dienstzimmer.
3
»Hallo«, begrüßte ihn Laura, als er aus seinem Zimmer herauskam. »Ich hoffe, dass die Veränderung in den Plänen für Sie keine Probleme mit sich gebracht hat. Ich wollte einige Notizen über die Entstehung von TITAN durcharbeiten, die ich mir gemacht habe. Das muss wirklich bis Freitag erledigt werden, und ich glaube nicht, dass der Donnerstag allein dafür ausgereicht hätte. Geht das in Ordnung?«
Dyer runzelte die Stirn, während er Bettys halbverstecktem Lächeln auswich. Laura machte immer solche Dinge.
»Na ja, ich habe für heute einen ziemlich vollen Terminplan«, antwortete er mit absichtlich grimmiger Stimme. »Sie werden sich schon damit abfinden müssen, dass Sie irgendwann eingeschoben werden. Chris ist gerade heute von seinem Urlaub zurückgekommen, und ich wollte vor Mittag noch nachsehen, wie es mit Ron und ihm läuft.« Er merkte jetzt schon, wie seine Entschlossenheit dahinzuschmelzen begann.
Laura teilte ihm mit ihrer verblüffenden Augensprache mit, es sei wirklich nicht schicklich, wenn er jetzt wegginge und sie stehenließe, und wenn er auf der Sache bestünde, käme er sich hinterher nur gemein vor. Er stockte eine Sekunde lang, während seine Gedanken abschweiften und nach einem Ausweg suchten, bei dem er sein Gesicht nicht verlieren würde.
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