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Der Computer und die Unsterblichen

Der Computer und die Unsterblichen

Titel: Der Computer und die Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bester
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würde. Plötzlich sperrte der Häuptling den Mund auf, und ein heiserer Schrei brach aus seinem Innern hervor.
    »Jetzt, Guig.«
    Auf den Schrei folgte ein kurzes, wildes Um-sich-Schlagen, dann erschlaffte plötzlich jeder Muskel in Sequoia. Darm, Blase, Schweiß- und Speicheldrüsen entließen ihren Inhalt. Fee umklammerte meinen Arm und keuchte vor Entsetzen. Auch ich atmete schwer.
    »Die Synapsenverbindungen sind unterbrochen«, sagte Borgia mit professioneller Gelassenheit. »Er wird ein Bad und saubere Kleider brauchen. Zeit?«
    »Zehn Sekunden.«
    Sie nahm ein Stethoskop aus ihrer Tasche und horchte den Häuptling ab. »Zeit?«
    »Eine Minute.«
    Sie nickte. »So weit, so gut. Er ist tot.«
    »Tot!« rief Fee. »Er ist tot?«
    »Richtig. Alles hat aufgehört. Sei jetzt still. Ich sagte dir, daß du 'rausgehen sollst. Wir haben vier Minuten Zeit, bevor irgendwelche Dauerschäden eintreten können.«
    »Sie müssen was tun! Sie ...«
    »Halt den Mund! Entweder schafft sein Nervensystem es von selbst, oder er bleibt tot. Zeit?«
    »Eineinhalb Minuten.«
    Lucy Borgias kühle Sicherheit konnte mich nicht täuschen; sie war so angespannt wie wir alle. Edison und ich säuberten den Häuptling mit eilig herbeigeholtem Wasser und zogen ihm einen frischen Overall an, den Ed irgendwo aufgetrieben hatte.
    »Zeit?«
    »Drei Minuten fünfzehn Sekunden.«
    »Ist die Sauerstoffmaske bereit, Ed?«
    »Ja.«
    »Das wird knapp.«
    Die Tür sprang auf, und Jacy drängte sich an M'bantu vorbei, der nicht wagte, ihn aufzuhalten. »Guig! Was machst du mit diesem armen Mann? Schäm dich!«
    »Geh zum Teufel, Jacy. Woher wußtest du überhaupt, daß wir hier sind?«
    »Die ganze Universität weiß, daß ihr hier einen Mann foltert. Das muß aufhören.«
    »Geh wieder zu Bett, Jacy«, sagte Lucy Borgia. »Deine Stigmata sind zu sehen. Macht alle Platz. Spar dir deinen Sermon, Jacy. Vielleicht brauchen wir ihn später noch.« Sie starrte finster auf Sequoia herab. »Zeit?«
    »Drei Minuten fünfzig Sekunden.«
    Wir warteten und warteten. Fee 5 begann leise zu weinen. Borgia warf mir einen Blick schwarzer Verzweiflung zu, trat zum Sterilisator und nahm Instrumente heraus. Sie kniete neben Sequoia nieder, machte seine Brust frei und setzte ein Skalpell zum Einschnitt an. Plötzlich hob sich seine Brust und kam der Spitze entgegen. Es war der tiefste und schönste Atemzug, den ich je gesehen habe. Wir begannen aufgeregt durcheinanderzureden.
    »Ruhe!« befahl Borgia. »Gebt ihm Zeit. Kein Geschrei. Geht zurück. Er wird schwach sein, also keine unnötigen Belastungen.«
    Das gleichmäßige Atmen wurde von Zuckungen, Muskelkontraktionen und Reflexbewegungen begleitet, dann öffnete der Häuptling zwinkernd die Augen und blickte umher. Er versuchte aufzustehen. Borgia winkte Fee zu, und das Mädchen lief zu ihm und stützte ihn, während er sich erhob und schwankend dastand. Er sah sich selbst an, sah uns an und lächelte. Es mußte sehr schmerzhaft sein, aber es war ein nettes Lächeln, und Fee fing an zu weinen. »Die alten vertrauten Gesichter«, sagte er. Er schwankte auf mich zu und drückte mir die Hand. »Danke, Guig. Du bist Klasse. Fee, du bist ein gutes Mädchen. Lucy Borgia, leg das Werkzeug weg.« Sie ließ das Skalpell fallen, und er schüttelte ihr die Hand. Dann ging er zu den anderen. »Edison. M'bantu. Jacy, du hast gehört, was die Dame sagte, also geh wieder zu Bett.«
    Ich starrte Lucy an. Sie lächelte. »Tief im Innern war er da«, sagte sie. »Er hat alles mitgekriegt, bis er die Injektion bekam.«
    »Guig, es war großartig von dir, daß du die Kryokapsel wieder versiegeln ließest«, sagte Sequoia. »Fee, geh zum JPL und laß die Leute wissen, daß wir in einer Stunde eine Pressekonferenz geben werden.«
    Ich warf Lucy Borgia einen zweiten fragenden Blick zu.
    »Das wird ein kolossales Ding«, erklärte der Häuptling. »Diese nackten Ratten haben eine Büchse der Pandora geöffnet, die ... aber ich muß was essen. Wo?«
    »Bei Guig«, sagte Edison.
    Sequoia lachte und schlug ihm auf die Schulter. »Ausgezeichnete Idee, Ed. Ich war von deiner Vorstellung im JPL sehr beeindruckt. Du bist brillant. Die ganze Gruppe ist es.«
    »Er weiß zuviel«, murmelte ich Borgia zu, »und ich habe Angst.«
    »Wie oft muß ich es noch sagen? Er kriegte alles mit, was um ihn vorging.«
    »Ja, aber ich habe den Eindruck, daß er Dinge mitgekriegt hat, die nicht um ihn vorgingen. Ich fürchte, ich habe einen Tiger beim Schwanz

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