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Der Consul

Der Consul

Titel: Der Consul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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er blickte sich einmal hektisch um und drängte herein. Als ich die Haustür abgeschlossen hatte, legte er den Zeigefinger an den Mund und stieg schnell und leise hinter mir die Treppe hinauf.
    Sobald wir in der Wohnung waren, schnauzte ich ihn an: »Bist du irre, erst zerschießt du mir eine Scheibe, dann wirfst du mir einen Stein an den Kopf, was soll das Affentheater? Ich hoffe, du hast eine gute Erklärung dafür.«
    Noch während ich schimpfte, keimte in mir eine Ahnung, was los war. Walter Berg hatte Ärger. Ich hatte ihn vor dem Peloton bewahrt, nun hatte er sich an mich erinnert, als er wieder in der Patsche saß. Walter setzte sich im Mantel an den Küchentisch, auf dem Läufer in der Diele hatte er schwarze Fußspuren hinterlassen. Die Mütze legte er vor sich hin. Er sah zerschlagen aus.
    »Sie sind hinter mir her.«
    Ich setzte mich ihm gegenüber. »Wer?«
    »Polizei, SA, Reichswehr.«
    »Ich also auch«, erwiderte ich. »Und warum?«
    »Bist du so dumm, oder tust du nur so?«
    »Ich bin so dumm.«
    Er schaute mich wütend an. »Ich bin Kommunist, die KPD ist verboten, wird beschuldigt, den Staatsstreich geplant zu haben, und ihr werden die Morde an den Naziführern in die Schuhe geschoben.«
    »Einiges davon kannst du schlecht leugnen, zum Beispiel, dass ihr den Staatsstreich geplant habt.«
    Berg schaute mich an, wie man einen Irren anschaut, der einem die Hand nicht reichen will, bevor man nicht Hänschenklein singt, während man an der Regenrinne hängt und jede Sekunde abstürzen kann. »Aber doch nicht jetzt, den Staatsstreich macht die Reaktion, die Nazis, die Deutschnationalen, die Schleichers und die Hindenburg-Kamarilla.«
    »Dann sind die euch zuvorgekommen.«
    »Du begreifst es nicht.«
    »So was kann man nicht begreifen, wenn man nicht an Stalin glaubt und an seinen Stellvertreter in Deutschland. Was hast du angestellt? Es wird ja nicht gleich jeder mit einem KP-Mitgliedsbuch verhaftet.«
    »Ich habe einen SA-Bonzen erschossen, in Notwehr!« »So was sagen meine Mörder auch immer.«
    Berg schwieg.
    »Wie bist du denn in Bitterfeld davongekommen?«
    »Die haben einen Augenblick nicht auf mich aufgepasst, als sie die Genossen umlegten. Kam mir so vor, als hätten sie’s mit Absicht getan. Hast du was damit zu tun?«
    »Irgend jemand hat mich zum Schutzengel für dich bestellt. Du solltest es nicht überreizen.«
    »Du wirst einen Kameraden nicht verraten.« Es war eine Frage.
    Ich hob die Hände, kratzte mich am Kopf und hustete. »Du bringst mich gerade um meinen Schlaf.« Ich führte ihn ins Wohnzimmer und deutete aufs Sofa. »Hau dich da hin, später sehen wir weiter.«
    Ich ging ins Schlafzimmer und legte mich hin. Irgendwann fiel ich in einen unruhigen Schlaf, manchmal wachte ich auf, weil ich keine Luft bekam durch meine verstopfte Nase. Ich schwitzte und fror, der Husten verkrampfte. In einem Traumfetzen saß Sofia mit Walter in der Küche, sie lachten über mich.
    *
    Der Wecker klingelte um sechs Uhr. Ich stand auf und schaute ins Wohnzimmer. Berg lag krumm auf dem Sofa. Ich ging ins Bad, wusch und rasierte mich und putzte die Zähne. Dann bereitete ich in der Küche ein Frühstück. Als ich meine Vorräte sah, wurde ich traurig. Ich hatte sie nicht für einen von der Kommune gekauft.
    Der Kaffeeduft musste Walter geweckt haben. Mit verschlafenem Gesicht trottete er herein. »Sag bloß, du kannst dir richtigen Kaffee leisten.«
    Ich hätte ihm sagen können, dass ich den Kaffee nicht für ihn gekauft hatte, aber ich schwieg.
    Er setzte sich hin.
    »Du kannst bis heute abend bleiben, dann sehen wir weiter«, sagte ich. »Ein Bad würde dir übrigens nicht schaden. Ich schau mal, ob ich Kleidung habe, die dir einigermaßen passt.« Mit der Stulle in der Hand kramte ich in meinem Kleiderschrank, bis ich alte Wäsche und Kleidung fand, die ihm passen müsste.
    Ich legte die Sachen auf einen Stuhl in der Küche und verabschiedete mich mit einem schlechten Gefühl im Bauch. Den Wagen ließ ich stehen und ging zur Ecke Levetzow- /Jagowstraße. Dort lag die Praxis von Dr. Ferdinand Fleischer, er war ein guter Arzt, bei dem ich gleich drankam trotz seines vollen Wartezimmers, und er war ein Freund, jedenfalls so etwas Ähnliches. Hin und wieder gingen wir einen trinken im Fröhlichen Postillion, einer Weinschenke im Viertel. In letzter Zeit hatten wir uns allerdings selten gesehen, weil mich meine Arbeit auch abends und nachts forderte, schon vor dem Mord an Hitler. Als ich die Praxis betrat,

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