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Der Consul

Der Consul

Titel: Der Consul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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Haupteingang war verschlossen. Ich lief um das Gelände herum bis zur Rückseite der Bahn. An manchen Stellen zog ich am Zaun, um zu sehen, ob ich einen Durchschlupf fand. Die Nordostseite der Anlage grenzte an Gleise. Ich kehrte um und lief in Richtung Wuhlheide, meine Haare tropften. Am Waldfriedhof stieß ich auf einen Schupo, dann sah ich einen weiteren, den ich nach Wohlfeld fragte. An der Straße fand ich ihn. Er war vertieft in eine Kartenskizze, in die er offenbar eintrug, was ihm aufgefallen war bei der Suche. Ich bewunderte seine Systematik.
    »Ah, guten Abend, Herr Kommissar.« Er erschrak ein wenig, als er mich erkannte, lächelte dann aber gleich.
    »Ich sehe, Sie sind richtig fleißig. Haben Sie sich schon um die Rennbahn gekümmert? Wenn da kein Betrieb ist, kann man einige Verbrechen begehen, ohne dass es einer merkt.«
    »Ich habe einen Kollegen beauftragt, den Hausmeister mit dem Schlüssel herzubringen. Wenn es heute nicht mehr klappt, dann morgen. Vermuten Sie etwas Bestimmtes in der Rennbahn?«
    »Nein, aber es ist eine große Anlage mit vielen Räumen und gewiss einigen Kellern.«
    Wohlfeld nickte. »Das habe ich auch gedacht, als ich mir die Karte angesehen habe.«
    »Und was ist mit diesem Haus am Waldfriedhof?«
    »Abgeschlossen und keiner da.«
    »Haben Sie einen Dietrich dabei?«
    »Im Ford liegt einer. Ich hole ihn.«
    Ich beschrieb Wohlfeld, wo der Wagen stand. Wohlfeld ging los, während ich mich langsam auf den Weg machte zu dem Haus am Friedhof. Wohlfeld holte mich bald ein mit dem Auto, und ich stieg zu. Er steuerte den Ford auf einem matschigen Weg sicher zu dem Haus. Die Fassade mochte einmal weiß gewesen sein, jetzt war sie braun mit schwarzen Flecken. Die Fensterrahmen waren lange nicht gestrichen worden, eine Scheibe im oberen Stockwerk war gesprungen. Das Haus war dunkel und schien seit langem unbewohnt. Wohlfeld öffnete das rostige Gartentor und nestelte mit dem Dietrich am Türschloss. Es dauerte wenige Sekunden, dann hatte er es auf. Er zog eine Taschenlampe aus der Manteltasche, ich hatte nicht daran gedacht. Im Haus war ein Lichtschalter neben der Tür, aber es tat sich nichts. Der Schein der Taschenlampe wanderte hektisch an der Wand entlang.
    »Hier wohnt schon lange keiner mehr«, sagte Wohlfeld. Er öffnete eine Tür, ich folgte ihm. Wir standen in der Küche, ein Kohleherd stand an der Wand, ein Küchenschrank, im Licht wirbelte Staub. Ich fasste ans Fenster, es klebte. Wir stiegen die Treppe hoch in die obere Etage. Überall Dreck, alte Möbel. Ich stieß gegen einen Lüster und wurde eingehüllt von einer Staubwolke. Die Nase juckte teuflisch. Ich hustete und nieste. Eilig öffnete ich ein Fenster und lehnte mich hinaus. Die Luft half. Ich nahm Kodeintropfen, sie beruhigten den Husten rasch.
    Wir stiegen hinunter und fanden die Tür zur Kellertreppe. Wohlfeld ging voraus. Spinnweben an den Wänden, an der unteren Treppenstufe huschte etwas. Eine Ratte. Wir sahen drei Türen. Eine führte zur Kohlenkammer. Eine zweite in einen Vorratsraum, in dem ein Regal mit einigen gefüllten Einmachgläsern war. Die dritte Tür brachte uns in den Waschkeller, der Zuber stand in einer Ecke. Wohlfeld leuchtete den Raum ab. Neben dem Zuber sahen wir einen Stuhl, auf dem Fußboden dunkle Flecken.
    »Schicken Sie morgen die Spurensicherung hierher.«
    »Vielleicht sind das Blutspuren«, sagte Wohlfeld und leuchtete auf die Stelle.
    »Leuchten Sie mal in den Zuber hinein.«
    Das Licht wanderte zum Zuber. Ich stand daneben, sah nichts Auffälliges, nur Staub, Spinnenweben und Dreck. Etwas Graues lag in der Wanne, es sah nach Mörtel aus. Wohlfeld beleuchtete die Decke, da war ein Loch im Putz. Der Zuber war seit Jahren nicht mehr benutzt worden. Darin war niemand verblutet.
    Das Licht wanderte zurück zu den schwarzen Spritzern und Flecken auf dem Boden. Mit meinem Taschenmesser kratzte ich an einem Flecken. Ich leerte eine Streichholzschachtel in meine Jackettasche und füllte mit der Messerschneide etwas von den abgekratzten Bröseln hinein. Damit konnte sich der Gerichtsarzt befassen, er würde uns sagen, ob es sich um Tier- oder Menschenblut handelte.
    »Für den Kaninchenblutcocktail«, sagte Wohlfeld.
    Ich nickte. Das war eine einfache Methode: Der Gerichtsarzt spritzte einem Kaninchen in festgelegten Zeitabständen menschliches Serum in die Blutbahn, woraufhin im Serum des Kaninchens bestimmte Stoffe entstanden. Diese Stoffe trüben klare Lösungen aus Menschenblut, nicht aber

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