Der Countdown

Trittbrett des Sattelzugs und zog Logan näher zu sich.
    “Wir haben das doch besprochen. Wir dürfen sie nicht anrufen, niemals, wir dürfen uns nicht sehen. Es ist vorbei. Beendet. Es mag uns nicht gefallen, doch so soll es laut Gericht nun mal sein. Wir müssen einfach weiterleben.”
    “Ich habe versucht, sie anzurufen und ihr eine E-Mail zu schreiben, Dad.”
    “Was? Verdammt, Logan! Wann?”
    “Als wir hierhergezogen sind und noch ein paar Mal danach.”
    “Ich habe dir extra gesagt, dass du niemals versuchen solltest, sie zu kontaktieren. Logan …” Sein Dad blickte zur Seite, um sich eine weitere Lüge nicht anmerken zu lassen. “Das Gericht hat angeordnet, das zu tun, was wir getan haben. Wir dürfen keinen Kontakt mit ihr haben, niemals.”
    “Aber ich war wirklich traurig, und du warst nicht da. Ich habe versucht, sie anzurufen, aber ich kam nicht durch. Als ob unser Telefon hier unsere alte Nummer in Kalifornien gesperrt hat. Und mit den E-Mails ist es genauso.”
    Sein Dad nickte und sagte ihm, dass er bei dem Telefon- und dem Internetanbieter eine Sperre eingerichtet habe. Alles ein Teil der gerichtlichen Bestimmungen, sagte er.
    “Dad. Ich verstehe das nicht. Was ist passiert?” Tränen stiegen Logan in die Augen.
    “Wir haben darüber gesprochen, Sohn. Wir sind einfach nicht mehr Teil ihres Lebens. Aus diesem Grund sind wir hierhergezogen. Du hattest Freunde, deren Eltern geschieden wurden. Nun, bei uns ist es ähnlich. Menschen verändern sich. Mom hat sich verändert. Also mussten wir neu anfangen. Ein neues Leben mit neuem Namen an einem neuen Ort.”
    “Aber wie kann sie denn einfach aufhören, uns zu lieben? Ich glaube nicht, dass sie das getan hat. Ich meine, als ich sie das letzte Mal sah, da umarmte sie mich. Ich erzählte ihr von meiner Angst, dass ihr euch scheiden lassen könntet. Sie sagte, das sei nicht wahr. Und dass sie dich und mich lieb hätte.”
    “Hör auf damit, Logan.”
    “Wie kann sie mich einfach nicht mehr lieben? Sie ist meine Mom. Sie muss mich lieben. Ich weiß, dass sie nicht einfach aufhört, mich zu lieben. Ich will sie anrufen, Dad.”
    Sein Dad legte Logan die Hände auf die Schultern und sah ihm in die Augen.
    “Ich weiß, dass es schwer für dich war. Doch du musst versuchen, nicht an die Vergangenheit zu denken. Das ist nicht leicht, ich weiß. Aber wir haben Samara, und glaub mir, Sohn: Nach allem, was wir durchgemacht haben, ist sie im Moment genau die richtige Person für uns beide.”
    Ein Motor brummte, und Samaras Van hielt vor dem Haus.
    “Hallo Jungs”, rief sie lächelnd. “Was ist los?”
    “Nichts”, sagte Logan. “Kannst du heute Tacos machen?”
    “Sicher.” Samara sah Jake und dann wieder Logan an. “Hilfst du mir ein bisschen, die Lebensmittel reinzubringen?”
    An jenem Abend aßen sie ihr Abendessen schweigend.
    Logans Dad ging zeitig zu Bett, weil er sehr früh am Morgen aufstehen musste. Er musste eine Tour fahren, die ihn über Spokane und Salt Lake City bis nach Great Falls führte, bevor er wieder den Heimweg antreten konnte.
    Nachdem Samara abgewaschen hatten, setzte sie sich zusammen mit Logan auf die Stühle, die unter dem großen Baum hinter dem Haus standen. Unter glitzernden Sternen und beim melodischen Zirpen der Grillen half sie ihm bei seinen Stimmübungen. Im schwachen Lichtschein, der aus dem Küchenfenster fiel, sah Logan Sorgenfalten in ihrem Gesicht, so als ob sie etwas Schwerwiegendes in Gedanken beschäftigte.
    “Logan”, sagte sie. “Du sollst wissen, dass – egal was du von mir denkst und egal was irgendjemand über mich sagt – du und dein Dad, also ihr beiden, für mich die wichtigsten Menschen auf der ganzen Welt seid.”
    Logan erwiderte nichts, während sie zu den Sternen blickte.
    Sie wirkte traurig.
    “Bald”, fuhr sie fort, “wirst du Teil der Geschichte sein. Bald wird alles so sein, wie es sein soll.”
    Die Tränen, die ihre Wangen hinunterrannen, glitzerten im Licht der Sterne.
    “Die Lebensfreude, die wir so ersehnen, wird zu uns allen zurückkehren, das verspreche ich dir.”

20. KAPITEL
    M issoula, Montana
    Jake fuhr westwärts, den Truck beladen mit Altmetall. Seine Seele trug ebenfalls eine mächtige Last: Er machte sich große Sorgen wegen Logan.
    Der plötzliche Umzug nach Montana war für seinen Sohn nicht einfach gewesen. Ihn nach all den Monaten immer noch so leiden zu sehen zerriss Jake das Herz. Er fragte sich allmählich, ob es richtig gewesen war, alles in