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Der Courier des Czar

Der Courier des Czar

Titel: Der Courier des Czar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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standen noch viel zu entfernt, um sich dem Einfall entgegenwerfen zu können. Dagegen bewegten sich die Kosaken des Gouvernements Tobolsk in forcirten Märschen auf Tomsk zu und hofften die Tartarenschwärme dort abzuschneiden.
    Um acht Uhr Abends hatten die Tarantaß weitere fünfundsiebzig Werft zurückgelegt und kamen in Jalutorowsk an.
    Man wechselte rasch die Pferde und passirte gleich außerhalb der Stadt auf einer Fähre den Tobolfluß. Sein sehr friedliches Gewässer erleichterte diese Ueberfahrt, welche sich im weiteren Verlauf der Fahrt noch mehrmals, und dann wohl unter minder günstigen Umständen wiederholen mußte.
    Gegen Mitternacht wurde, fünfundfünfzig Werst weiter, der Flecken Novo-Saimsk erreicht und nun ließen die Reisenden endlich den leicht wellenförmigen Boden mit seinen waldbedeckten Hügeln, den letzten Wurzeln der Uralberge, hinter sich.
    Hier begann nun wirklich die eigentliche sibirische Steppe, die sich bis in die Nachbarschaft von Krasnojarsk ausdehnt. Das war die Ebene ohne Grenzen, eine Art mit Gräsern bestandener Wüste, an deren Umfang sich Himmel und Erde, wie in einem mit dem Zirkel geschlagenen Bogen berührten. Diese Steppe bot dem Auge keine anderen Haltepunkte, als die Telegraphenpfähle zu beiden Seiten der Straße, längs der die Drähte leise, wie die Saiten einer riesigen Aeolsharfe, bei dem sanften Winde erklangen. Der Weg unterschied sich im Uebrigen von der weiten Ebene nur durch den seinen Staub, der unter den Rädern der Tarantaß aufwirbelte. Ohne dieses weißliche Band, das sich hinzog, so weit man sehen konnte, hätte man geglaubt, in der Wüste zu sein.
    Durch die Steppe jagten Michael Strogoff und seine Gefährten mit noch größerer Schnelligkeit. Die von den Jemschiks angetriebenen Pferde hatten kein besonderes Hinderniß zu überwinden, und der Weg verschwand sichtbar hinter ihnen. Die Tarantaß flogen direct auf Ischim zu, woselbst die beiden Correspondenten zunächst bleiben wollten, wenn kein besonderer Zwischenfall ihre Absichten kreuzte.
    Zweihundert Werft etwa trennen Novo-Saimsk von der Stadt Ischim, und am Morgen des anderen Tages sollten und konnten diese zurückgelegt sein, vorausgesetzt, daß man eben keinen Augenblick verlor. In den Augen der Jemschiks verdienten die Reisenden, wenn sie nicht wirklich große Herren oder hohe Beamte waren, doch, es zu sein, mochte diese Ansicht auch nur in der Freigebigkeit bezüglich der vertheilten Trinkgelder begründet sein.
    Am anderen Tage, dem 23. Juli, befanden sich die beiden Tarantaß in der That nur noch dreißig Werst von Ischim.
    Da bemerkte Michael Strogoff auf der Straße und vor einer wallenden Staubwolke kaum sichtbar, daß noch ein Wagen dem seinigen vorausfuhr.
    Da seine weniger ermüdeten Pferde sehr schnell liefen, mußte er diesen offenbar bald einholen.
    Jenes war weder ein Tarantaß, noch ein Teleg, sondern eine Postkutsche; über und über mit Staub bedeckt, schien sie einen weiten Weg hinter sich zu haben. Der Postillon schlug unausgesetzt auf seine Gäule los und suchte sie mit Zurufen und mit der Peitsche im Galop zu erhalten. Diese Berline hatte Novo-Saimsk offenbar nicht passirt. Sie mußte auf die Straße nach Irkutsk über irgend einen verlorenen Weg durch die Steppe gelangt sein.
    Als Michael Strogoff und seine Begleiter die Berline sahen, hatten sie Alle nur den nämlichen Gedanken, sie zu überholen, vor ihr beim Relais anzukommen und sich der disponiblen Pferde zu versichern. Nur eines Wortes an ihre Jemschiks bedurfte es, und sie befanden sich bald zur Seite der von ihren ermatteten Rossen dahin geschleppten Berline.
    Michael Strogoff langte zuerst neben ihr an.
    Eben wurde ein Kopf hinter dem Vorhang der Berline sichtbar.
    Michael Strogoff hatte kaum Zeit, diesen wahrzunehmen. So schnell er indessen vorübereilte, so hörte er den Fremden doch mit befehlendem Tone ihm zurufen:
    »Anhalten!«
    Die Wagen hielten aber nicht an, im Gegentheil ward die Berline schnell überholt.
    Nun kam es zu einem wahren Wettrennen, denn die durch den schnellen Lauf der vorübersausenden Pferde jedenfalls angeregte Bespannung der Berline gewann die Kraft, einige Minuten mit Curs zu halten. Die drei Fuhrwerke verschwanden in einer Wolke von Staub. Aus dieser weißlich-grauen Masse erschallte wie ein Raketenfeuer das Knallen der Peitschen, vermischt mit den aufmunternden oder scheltenden Zurufen der Kutscher.
    Alles in Allem blieb aber Michael Strogoff mit seinen Begleitern im Vorsprung, – ein

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