Der Cowboy
hatte sie vollkommen aus dem Konzept gebracht. Wenn sie sich nicht um Clarise hätte kümmern müssen, dann …
“Macht euch bereit, ich denke, es ist gleich so weit”, sagte Fred.
“Wir sind bereit”, erwiderte Jo. Gemeinsam mit Benny stand sie hinter der Stute, um bei der Entbindung nachzuhelfen, wenn es nötig sein sollte. Fred stand neben Clarises Kopf und streichelte ihr sanft über die Kuppe. Die meisten Menschen fürchteten ihn, weil er ein wahrer Riese war. Sein buschiger Bart und seine bärbeißige Art trugen nicht gerade dazu bei, ihn vertrauenswürdiger erscheinen zu lassen. Aber wenn es um Tiere ging, war er sanft wie ein Lamm. Jo kannte ihn seit ihrer Kindheit. Als sie die Ranch geerbt hatte, hatte sie ihn sozusagen mitgeerbt.
Aber seit einigen Jahren litt er an Arthritis, weswegen viele Arbeiten alleine Jo und Benny zufielen. Das war der Grund, aus dem sie einst Dicks Hilfe angenommen hatte, der einige seiner Männer geschickt hatte, um ihr beim Zusammentreiben des Viehs unter die Arme zu greifen. Aber dann hatte sie begreifen müssen, dass man Dicks Hilfe niemals umsonst bekam. Ganz im Gegenteil zu Quinns.
Sie warf ihm einen Blick zu und stellte fest, dass er sie beobachtete.
Ein wohliger Schauder fuhr durch ihren Körper. Dick hatte ihr mit seiner herablassenden Art viel von ihrem Selbstvertrauen geraubt. Aber die zwei Minuten, die sie alleine mit Quinn in ihrem Schlafzimmer gewesen war, hatten ihr plötzlich wieder ins Bewusstsein gerufen, dass sie eine Frau war und dass es Männer gab, die sich ernsthaft für sie interessierten.
Clarise schnaubte und bewegte sich leicht.
“Es kommt!”, rief Benny freudig.
Jos Herz klopfte aufgeregt, als die Schleim bedeckten Vorderläufe und der Kopf des Fohlens zum Vorschein kamen. “Gutes Mädchen, Clarise. Immer weiter pressen!”
Die Stute schnaubte erneut und sank auf die Knie.
Auf einmal geriet der Geburtsvorgang ins Stocken. “Denkst du, wir sollten ziehen?”, fragte Jo und griff besorgt nach Bennys Arm.
“Ich glaube, es ist alles in Ordnung. Sie schafft das ganz alleine.” Bennys Augen leuchteten.
Jo liebte Benny wie einen kleinen Bruder, obwohl er eigentlich ein paar Jahre älter war als sie. Aber weil er so naiv und nicht gerade eine Leuchte war, wirkte er noch immer wie ein 15-Jähriger. Wenn es um die Ranch ging, war Benny allerdings ein wahres Genie.
Clarise gab ein gequältes Geräusch von sich, und das Fohlen glitt auf das Stroh.
Benny beugte sich hinunter und entfernte den Schleim von den winzigen Nüstern. “Es ist ein Hengstfohlen!”, verkündete er stolz.
“Wow!”, murmelte Quinn.
“Allerdings.” Jo konnte ihren Blick nicht von dem kleinen Kerl reißen.
Die Stute wandte den Hals und begann, den Schleim von ihrem Fohlen zu lecken.
“Bäh”, murmelte Quinn.
Jo lachte. “Ich weiß, das sieht nicht gerade appetitlich aus. Wenn Menschen das auch machen müssten, würde die Geburtenrate bestimmt rapide sinken. Irgendwo hört auch die Mutterliebe auf.”
Benny warf ihr einen ehrfurchtsvollen Blick zu. “Du wärst aber sicher eine
tolle Mom, Jo.”
“Danke, Benny.” Sie lächelte ihm zu.
“Und wann wirst du endlich eine?”
Fred schnaubte. “Benny, du stellst zu viele Fragen.”
Benny guckte betrübt. “Es wäre doch schön, wenn es hier Kinder gäbe!”
“Da hast du allerdings recht.” Jo streckte ihre steifen Muskeln. Die Stunden im engen Flugzeug und der Schlafmangel begannen sich bemerkbar zu machen. “Aber keine Mom ohne einen Dad.”
Benny grinste und zeigte mit dem Daumen auf Quinn. “Wie wär’s denn mit dem Filmstar? Ich wette, er hätte nichts dagegen.”
4. KAPITEL
Quinn stimmte in das Gelächter ein, das Bennys Bemerkung folgte, aber ihm war nicht entgangen, wie Jo errötete und ihre Augen funkelten. Auch wenn ihr die Situation peinlich war, schien der Vorschlag sie nicht gerade abzustoßen.
Wenn er ehrlich war, ging es Quinn nicht anders. Seine Gefühle erstaunten ihn, denn als Scheidungskind war er vorsichtig, was dieses Thema anging. Er hatte sich fest vorgenommen, dass er nicht heiraten würde, ohne die Frau lange zu kennen. Und Kinder hatte er nie gewollt.
Aber jetzt, wo er Clarises Entbindung erlebt hatte, fragte er sich auf einmal, wie es wohl sein mochte, selbst Vater zu werden und seine Frau in den Kreißsaal zu begleiten.
“Alle zurücktreten!”, befahl Fred. “Sie hilft dem kleinen Kerl auf die Beinchen.”
“Auf keinen Fall!” Quinn betrachtete die spindeldürren
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