Der Cyberzombie
gelegenen Sees. Burnout hat diese Flucht geplant, dachte er. Er hat sich eine Fluchtmöglichkeit offengehalten.
Ryan wußte, daß das Bände in bezug auf die Psyche des Cyberzombies sprach. Es bedeutete, daß Burnout seinem Leben einen Wert beimaß, und das war ungewöhnlich.
Cyberzombies hatten nur eine brüchige, schwache Verbindung zum Leben. Manchmal versagte die cybermantische Blutmagie, welche die Seele dazu veranlaßte, im Körper zu bleiben. Viele der ersten Cyberzombies waren ganz plötzlich gestorben. Daß Burnout ein Gefühl des Selbstschutzes entwickelt hatte, bedeutete, daß er als Individuum dachte. Das muß der Einfluß des Drachenherzen sein, dachte Ryan. Oder vielleicht Lethe.
Ryan sprach in das Tacticom-Mikro an seiner Kehle. »Dhin, bist du schon gestartet?«
»Bin gerade dabei.«
»Warte zehn Sekunden. Grind und ich kommen mit.«
Grind stand drei Meter entfernt und sah ihn an. »Du willst nicht nach ihm suchen?«
»Ich will diese Sache durchziehen«, sagte Ryan. »Aber alles zu seiner Zeit. Im Moment müssen wir uns um Miranda und Axler kümmern.« Er drehte sich um, lief zur Lichtung zurück und stieg in den Phoenix II.
Grind war dicht hinter ihm. »Ich bin drin«, sagte der Zwerg. »Los!«
Die Düsen jaulten, und der Schwebepanzer hob sich in den brodelnden schwarzen Himmel. »Ich habe Verbindung mit DocWagon in Polson aufgenommen«, ertönte Janes Stimme. »Wir werden bereits erwartet.«
»Ausgezeichnet«, sagte Ryan, indem er sich neben Miranda kniete. Er hielt ihren verbrannten Arm.
In diesem Augenblick, erwachte sie. Ihr Blick war von dem schmerzstillenden Mittel vollkommen verschwommen, ihre Stimme ein Flüstern. »Ich habe... geträumt.«
Ryan versagte die Stimme.
»Ich habe geträumt, daß du... daß du noch rechtzeitig zu mir kommen würdest, Travis. Ich meine, Quecksilber.«
Ryan drückte zärtlich ihre Hand.
Miranda lächelte. »Hast du ihn erwischt?«
Wieder wollte Ryan lügen, wollte ihr sagen, daß Burnout eine verbogene Masse aus verkohltem Chrom war. Er sah ihr in die Augen und die Qual darin und konnte sie nicht täuschen. Er schüttelte den Kopf. »Wir haben ihn verloren. Er ist die Schieferwand hinabgerutscht und auf diese Weise entkommen.«
Miranda ließ den Kopf auf die zusammengefaltete I’lane sinken, die Dhin ihr anstelle eines Kissens untergelegt hatte.
»Aber wir kriegen ihn«, sagte Ryan. »Du und ich. Wir kriegen ihn gemeinsam, und wir werden ihn für das hier büßen lassen.«
Miranda lächelte, und ihre aufgesprungenen Lippen fingen an zu bluten. »Keine Lügen, Quecksilber, nicht... für dich und mich. Ich werde es nicht schaffen.« Ein Hustenanfall erfaßte sie, und Blut spritzte in einem feinen Nebel aus ihrem Mund.
Ryan strich ihr sanft über den Kopf und spürte die blasige Haut unter seiner Hand. »Du mußt dich jetzt ausruhen. Spar deine Kräfte. Du hast es bis hierher geschafft, und wir werden dich schon wieder zusammenflicken.«
»Selbst wenn ich es... schaffe, werde ich nicht... in der Verfassung sein...« - Mirandas Atem kam jetzt in keuchenden Stößen - »Burnout zu bekämpfen«, beendete sie den Satz.
»Schsch«, machte Ryan. »Burnout und ich sind durch das Drachenherz miteinander verbunden. Wir werden uns Wiedersehen.«
Ihre Augen umwölkten sich. »Travis...« Miranda war jetzt im Delirium. »Travis, danke, daß du... mir geholfen hast... rauszukommen.«
»Schsch, Miranda.«
»Wegen dir... habe ich Fuchi verlassen. Dafür muß ich dir... danken.«
Miranda lächelte wieder, und das Blut aus ihrem Mund lief ihr über die Wangen. »War 'ne ziemlich wilde Fahrt.« Sie lachte, ein erstickter, röchelnder Laut, der einen weiteren Hustenanfall einleitete.
»Versuch nicht zu reden.« Ryan spürte kalte Wut in sich aufsteigen.
Sie seufzte, und der Laut blubberte in ihrer Brust. »Versprich... mir... eines.«
Ryan wurde vor Wut schwarz vor Augen. »Alles.«
Sie winkte ihn näher heran, und als er sich zu ihr herunterbeugte, flüsterte sie: »Versprich mir, daß es nicht... vergebens war.« Miranda verlor das Bewußtsein.
Ryan ballte die Fäuste und biß die Zähne zusammen. »Ich verspreche es«, sagte er mit kalter, entschlossener Stimme. »Burnout wird büßen, und das Drachenherz wird seinen Bestimmungsort erreichen. Das verspreche ich dir, Miranda.«
Ryan wischte sich in dem Moment über die Augen, als Dhin den Phoenix II landete. Sanitäter von DocWagon umschwärmten ihn, um sie zu holen. Sie sagten, daß es eng würde.
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