Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
bekanntlich die Wahrheit steckte und fragte nach.
„Hör mal, mein übel riechender und ziemlich alkoholisierter Freund. Ich glaube zwar nicht, dass du dich heute Abend mit allzu edlem Wein zugeschüttet hast, soviel Kultur traue ich dir nicht zu, aber ich frage dich doch nach der Wahrheit: Kennst du irgendwas in dieser deiner elenden Stadt, das man das Alte Glas oder so ähnlich nennt?“
„Jaabersicherdas!“
„Kannst du das noch mal für verwöhnte Ohren wiederholen?“
Das Ekel riss sich zusammen, denn es witterte eine Chance, trotz seiner gegenwärtigen Pleite, heute Nacht noch mehr zu trinken zu bekommen. „Mal appesehn dafon, dassich nich übelrischend, sondern nurn bisschen anneschimmelt bin, weisich, wo es is, das alle Glas. Aber ich sach nix, wenn ihr mir nix geben tut, wofür ich nowas zu trinken krisch!“
„Welche Währung gilt denn hier?“, wollte Charly wissen, der sich freute, endlich einen Anhaltspunkt vor Augen zu haben, wie er hoffte und glaubte.
„Alles, wasman tauschen können tut.“
„Na, Freunde, was haben wir Schönes zum Tauschen dabei?“
Alle, die Taschen hatten, durchkramten sie. Das Zebra konnte höchstens mit ein oder zwei Säcken Hafer dienen. Schmidt bot ein saftiges Schnitzel. Ben fasste entmutigt zusammen: „Also, wir haben ein paar Messer, Taschenlampen und alte Klamotten. Aber ich glaube nicht, dass wir ihn damit glücklich machen können. Hat keiner was Passendes, was der Kasathe gegen Fusel eintauschen könnte?“
Charly hatte wieder mal eine Idee. „Hör mal, Kasathe, kannst du lesen, ich meine, wenn du denn mal nüchtern sein solltest?“
„Lesen? Was is das?“
„Alles klar, hab schon verstanden. Kannst du wenigstens Bilder gucken?“
„Ja, tu ich gern, wennse schön sind.“
„Was hältst du von schönen Frauen?“
„Ja, Mann, die magich gern angucken, mag ich die, Mann!“
Charly kramte in seinem Rucksack und fand endlich, was er gesucht hatte: Die Sportzeitschrift, die er sich vor seiner abenteuerlichen Reise noch auf der Erde gekauft hatte. Inzwischen hatte er sie ausgiebig studiert - schließlich war er trotz seines Umzugs in eine andere Dimension immer noch an einheimischen Sportarten interessiert - so dass er sich jetzt, ohne allzu viele Tränen zu vergießen, davon trennen konnte. Er schlug Seite 23 auf und fand einen Bericht über das Damen-Schlammringen, Weltmeisterschaft in Dublin. Er hielt den Bericht unter die Triefnase des Kasathen. Zwar konnte dieser nicht lesen, aber die Bilder, die das Finale der Ringerinnen in Hochglanz zeigten, verfehlten ihre Wirkung beileibe nicht. Der Kasathe mochte dreckige Frauen. Dass es Menschenfrauen waren, die er hier zu sehen bekam, wusste er natürlich nicht, und nachlesen konnte er es ja auch nicht.
„Sindie schön, Mann. Wenn ich die Biltschen meim Wirt zeisch, gipter mir bestimmt noch’n paar draufaus, Mann. Wenne mir das Heftschen gipst, sach ich dir alles, wasse wissen wills. Was wollste eijentlich noch wissen, Mann?“
„Das Alte Glas, mein Freund. Wo finden wir etwas, was man so nennt?“
„Ja, Mann, kennich! Is garnich weit! Unnen am Ende vonner Gasse, innem alten Haus. Das letzte auffer rechen Seite isses. Da lischt so ein Haufen alles Glas rum. Is sicher das dabei, wasser sucht, Mann. Wasseit ihr übähaubt für welche, Mann?“
„Wir sind Beamte auf Urlaub!“, log Charly schnell. Dann gab er dem Kasathen das Heft. Er hatte genug gehört. Der Kasathe klemmte sich die Zeitschrift unter den behaarten Arm und rannte freudestrahlend zurück in die Taverne.
„Wirt! Wirt! Isch krisch nowas. Guckmal, wassich da Schöns hab!“
Das war das Letzte, was die Freunde von ihm hörten. Sie machten, dass sie wegkamen, denn der bestialische Gestank, der ihnen beim Öffnen der Wirtshaustür entgegenschlug, war beinahe mörderisch; so als würden sie verfaulte Ratten in Autoreifensoße da drinnen braten.
Die Reisenden gingen zum Ende der Gasse, zu dem Haus, in dem das Alte Glas zu finden sein sollte. War dem Kasathen zu trauen? Vielleicht fanden sie ja auch noch einen Haufen bedeutungsloser Scherben in diesem Haus. Oder der Kerl hatte sie einfach nur belogen, um an die Zeitschrift zu gelangen. Aber eine andere Spur hatten sie nun mal nicht. Ihre neuen Freunde von der Oase sperrten die Gasse sicherheitshalber in beide Richtungen ab, für den Fall, dass sie in einen Hinterhalt geraten würden. Aber so war es zum Glück nicht. Die Fünf konnten sich ohne Weiteres am und im besagten Haus umsehen.
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