Der Dämonen-Turm Traumtor-Trilogie Band I (German Edition)
Targil nach Atem ringend neben ihr stand. Als sie versuchte, den Deckel zu öffnen, stellte sie fest, dass der Kasten verschlossen war.
„Nimm das Ding mit und lass uns vom Turm weggehen“, sagte Targil. „Ich fühle mich in seiner Nähe nicht sehr behaglich. Wir können es am Rand des Platzes bei den Sümpfen zu öffnen versuchen. Leider ist es nun doch schon sehr spät geworden. Am liebsten würde ich sofort ganz von hier weggehen, aber dann müssten wir das letzte Stück im Dunkeln durch das Moor gehen. Und das ist zu gefährlich, denn wir könnten leicht den Pfad verfehlen. So bleibt uns nun doch nichts anderes übrig, als hier abzuwarten, bis die Nacht vorbei ist.“
Deina nahm die kleine Truhe unter den Arm, und dann stiegen sie von dem Schutthaufen herunter. Am Rande des Moors ließen sie sich auf dem Boden nieder.
„Gib mir den Kasten und deinen Dolch!“ sagte Targil. „Ich werde das Schloss aufbrechen.“
Da Targils Waffen zusammen mit seinem Hemd und Wams unter den Trümmern des Turms begraben lagen, reichte ihm Deina ihren Dolch. Mit Schauder blickte sie auf die Waffe, die einmal Targils Leben hatte beenden sollen.
Targil schob den Dolch unter den Bügel des Schlosses. Ein kräftigerer Ruck, und das Schloss gab nach. Gespannt klappte Targil den Deckel zurück und auch Deina beugte sich atemlos vor. Der Kasten enthielt nichts weiter als eine Rolle Pergament, die sich als Landkarte entpuppte. Enttäuscht wandte Deina sich ab, doch Targil begann, die Karte zu studieren.
„Warte einmal, Deina!“ sagte er plötzlich. „Das ist eine ganz besondere Karte. Sieh nur her!“ Er entrollte das Pergament auf dem Boden und setzte den Kasten auf den oberen Rand, damit er nicht wieder zurückschnappte. „Schau, dort ist das große Felsengebirge, hier Kawaria, das ist Valamin, dort die Länder der Muranen und Toraner und so weiter. Das ist das ganze Land östlich des Gebirges bis zum Meer. Weißt du, was das ist? Das ist genau das Reich, das mir Skora für meine Dienste versprach. Und hier, sieh mal, dort an der Grenze von Kawaria! Dort ist eine Veste eingezeichnet. Ich kenne sie. Sie ist unbedeutend und klein, ein reines Grenzkastell. Aber nun schau einmal, wie groß sie auf der Karte eingezeichnet ist! Sie muss also eine besondere Bedeutung haben. Ich möchte fast meinen Kopf darauf verwetten, dass Zolkar Rowin dort gefangen hält!“ Triumphierend schaute er Deina an. „Du hattest Recht!“ lächelte er. „In dieser Truhe steckte der Schlüssel zu Rowins Gefängnis! Skora hat Zolkar dasselbe versprochen wie mir, und in der Zeit, die er hier verbrachte, fertigte er diese Karte, wohl um sich von den Demütigungen und Qualen abzulenken, denen Skora ihn aussetzte. Mit dieser Karte hielt er sich seine Belohnung immer vor Augen, damit er nie vergaß, wofür er litt. Wie groß muss seine Gier nach Macht sein, dass das genügte, ihn ein Jahr hier ertragen zu lassen!“
Targils Gesicht war wieder düster geworden. Mit der niedersinkenden Dunkelheit schien die Erinnerung wieder stärker auf ihm zu lasten.
„Und das Kastell?“ fragte Deina, um ihn abzulenken. „Warum mag er das damals schon eingezeichnet haben?“
„Hast du nicht gesehen, wie günstig es liegt? Zolkar muss seine Pläne bis ins Kleinste ausgearbeitet haben“, erklärte Targil. „Zuerst musste er sich Varnhags bemächtigen. Diese Stadt mit ihrer Macht und ihrem großen Einfluss musste in seine Hand geraten! Doch da war Rowin, von dem er wusste, dass unter seiner Führung Varnhag fast uneinnehmbar war. – Seltsam, es ist mir mit einmal, als könne ich in Zolkars Gedanken wie in einem Buch lesen. – Rowin musste also verschwinden. So entführte ihn Zolkar und hält ihn seither in seinem Stützpunkt gefangen, von dem aus er alle seine Schachzüge plant. Ganz Varnhag war nun in Aufruhr durch das Verschwinden des Prinzen, und alles konzentrierte sich nur auf die Suche nach ihm. Und so gelang es Zolkar, Varnhag zu überfallen und einzunehmen, weil niemand mit einem Angriff der Kawaren rechnete. Ja, so muss es gewesen sein!“
„Es gab noch einen anderen Grund, warum mein Vater nicht mit einem Überfall von Zolkar rechnete“, warf Deina ein. „Skora hat mich darauf gebracht! Wenige Wochen vor dem Überfall kamen nämlich Boten aus Kawaria an unseren Hof. Bereits am nächsten Tag verließen sie uns wieder. Mein Vater wollte mir nicht sagen, was sie bei uns gewollt hatten, doch Skora schleuderte mir ins
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