Der Dämonen-Turm Traumtor-Trilogie Band I (German Edition)
„Wie oft zeigte mir die Nacht Schreckensbilder von deinem Weg zurück nach Valamin. Ich sah dich verirrt in der weiten Ebene dem Tod des Verdurstens preisgegeben, sah dich in den Fluten des Flusses ertrinken, ohne dich retten zu können, sah dich hilflos gefangen in den Fäusten mordgieriger Kawaren – Ach, Deina, wie viele tausend Ängste habe ich um dich ausgestanden, ohne dir sagen zu können, wie sehr ich um dich bangte! Wenn ich abends fortging, um angeblich mein Lager weit entfernt von dir aufzuschlagen, war ich doch stets in deiner Nähe. Meist habe ich nur einige Meter von dir entfernt geschlafen. Morgens bin ich dann fortgeschlichen, um mein Pferd zu holen. In all der Zeit habe ich dich gehütet wie meinen Augapfel, obwohl ich überzeugt davon war, dass du es nicht wert warst. Was ich von dir hielt, habe ich dir ja sehr verletzend zu verstehen gegeben, und deine Reaktion schien meine Meinung zu bestätigen. Trotzdem liebte ich dich und sehnte mich nach deiner Nähe. Und als der Fluss dich mir zu nehmen drohte, zersprang mir fast das Herz. Wie ein Wahnsinniger habe ich mich in die Fluten geworfen, und noch heute ist es mir nicht bewusst, wie es mir gelang, mit dir zurück ans Ufer zu kommen. Und als du dann gar nicht wieder atmen wolltest, dachte ich, ich würde den Verstand verlieren.“
„So warst du es doch, der mich gerettet hat, nicht der Gott des Flusses?“ fragte Deina lächelnd. „Ich habe es die ganze Zeit geahnt.“
„Ich wollte nicht, dass du es weißt“, antwortete Targil. „Du solltest denken, du wärest mir völlig gleichgültig. Ich wollte dir meine Schwäche nicht zeigen, da ich befürchtete, du würdest sie rücksichtslos ausnutzen, um mich deinen Plänen gefügig zu machen. Von dem Moment an, als ich erriet, wer du warst, bis zu der Nacht, in der ich dich bat, mich zu binden, war ich mir nicht sicher, ob überhaupt ein Wort von deiner Geschichte mit der Prophezeiung des Sehers stimmte. Dass du den Auftrag hattest, mich zu suchen und nach Norhang zu begleiten, glaubte ich dir, doch ich glaubte nicht, dass die Rettung Rowins der Grund war. Ich wusste zwar, dass er verschwunden war, doch ich konnte mir nicht denken, dass er ausgerechnet zum Turm von Sku-UL gegangen wäre. Er hätte keinen Grund dafür gehabt, und ich sah auch keinen Zusammenhang zwischen Zolkars Überfall und Rowins Verschwinden. Ich nahm vielmehr an, dein Vater habe auf irgendeinem Weg erfahren, dass mein Aufenthalt in Norhang das Verhängnis Varnhags verschuldete und dass die Prophezeiung vielleicht besagte, dass nur meine Rückkehr zu Skora das Verhängnis von Valamin nehmen würde. Und so glaubte ich, du wolltest mich dorthin locken, damit sich die Worte des Sehers erfüllen – und damit ich für diese Schuld büße!“
„Das hast du von mir geglaubt?“ Deina war entsetzt. „Oh, Targil, hast du denn nie bemerkt, dass auch ich dich liebte?“
„Verzeih mir, mein Liebling!“ sagte Targil zerknirscht. „Aber ich dachte, es gehöre zu deinem Plan, mich das glauben zu machen, und so fachte es nur noch mehr meinen Zorn an.“
„Aber warum bist du denn trotzdem mit mir geritten, wenn du doch überzeugt warst, dass ich dich nur in dein Verderben führen wollte?“ fragte Deina verständnislos. „Du wusstest doch genau, welcher Gefahr du entgegengingst!“
„Ich konnte es nicht riskieren, deine Geschichte völlig zu verwerfen, denn sie mochte ja immerhin wahr sein – was sie ja auch ist, wie sich herausgestellt hat. Stimmte es jedoch, was du mir erzähltest, so warst du die einzige Chance, den Mann zu retten, dem ich mein Leben verdanke, und Valamin vor dem Verderben zu schützen. Also musste ich mit dir gehen, um herauszufinden, was an der Geschichte wahr sei. Ich dachte, ich würde die Wahrheit erkennen, bevor es für mich vielleicht zu spät zur Umkehr war. Aber ich hatte mich verrechnet! Skoras Ruf erreichte mich, bevor ich sicher war, dass du mich nicht betrügst. Von diesem Augenblick an habe ich mir nur noch gewünscht, du mögest gnädig sein und mir einen schnellen Tod gewähren, bevor ich wieder in die Klauen dieser Bestie geriet.“
Deina war völlig fassungslos. „Bei Horon, wie hast du das nur ertragen können?“ stammelte sie.
„Ich liebte dich, Deina, und in gewisser Weise fühlte ich mich wirklich schuldig am Untergang Varnhags, denn mit genau diesem Wunsch hatte ich ja den Weg nach Sku-Ul damals gesucht. So wollte ich eben mein Schicksal in deine Hände
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