Der Dämonen-Turm Traumtor-Trilogie Band I (German Edition)
Spitze des mächtigen Bauwerks Flammen, und dann brach der Turm mit Donnergetöse in sich zusammen.
Deina war am Rande des freien Platzes niedergesunken und schaute voll Grauen auf die rauchenden Trümmer des Turms, die in eine dichte Staubwolke gehüllt waren. Da trat Targil zu ihr. Er nahm ihre Hand, half ihr auf und zog sie in seine Arme. Sie barg ihren Kopf an seiner Brust, und alles Entsetzen, alle Angst lösten sich in einem Strom von Tränen, der nicht versiegen wollte.
Zärtlich streichelte Targil ihr Haar. „Weine nicht mehr, Deina“, sagte er sanft, „es ist vorbei! Du hast es geschafft! Skora ist vernichtet, wenn mir auch unbegreiflich ist, wie das geschehen konnte.“
Deina hob den Kopf. „Horon, der Herr der Götter, gab mir die Kraft“, sagte sie. „Erinnerst du dich an die Felsen in der Ebene? Da erzähltest du mir von einem Heiligtum, das es dort geben solle. Auf meinen Spaziergang gelangte ich dort hin. Du weißt, es ist ein Altar Horons.“ Und sie erzählte ihm die seltsame Begebenheit. „Ich hatte gar nicht mehr daran gedacht“, schloss sie, „denn ich hielt das Ganze für ein Gebilde meiner überreizten Phantasie. Doch als das Feuer aus dem Schwert sprang – die gleichen Flammen, die es auf dem Altar eingehüllt hatten – da wusste ich, dass Horon mein Flehen wirklich erhört hatte.“ Plötzlich verdüstert sich ihr Gesicht. Sie senkte den Kopf und flüsterte: „Oh, Targil! Ich habe sie gesehen! Ich habe ihre wirkliche Gestalt gesehen. Es war furchtbar!“
Targil schüttelte sich wie in einem Fieberschauer. „Ja, ich weiß“, sagte er leise, „und ich weiß nicht, wie ich dir je danken soll, dass du mich von ihr befreit hast.“
„Habe ich das wirklich, Targil?“ fragte Deina bang. „Ist der Bann wirklich von dir genommen? Sie sagte, dass du nie von ihr freikommen würdest.“
„Ich spüre nichts mehr“, antwortete Targil. „Doch ich bin froh, dass sie mir befahl, dich niederzuschlagen, als du mich töten wolltest. Ich glaube, das war wahrscheinlich das einzig Gute, das sie je vollbracht hat.“
Ein siedend heißer Schreck durchfuhr Deina noch nachträglich. Es war ja wahr! Fast hätte sie Targil wirklich getötet, und sie hätte ihn umgebracht, obwohl es nicht nötig gewesen wäre. Wieder stiegen Tränen in ihre Augen, und Targil sah es.
„Mach dir keinen Vorwurf, Deina“, beruhigte er sie. „So wie die Dinge lagen, war das der einzige Ausweg für mich, und ich selbst hatte es ja so gewollt. Niemand konnte mit diesem Ausgang der Ereignisse rechnen. Aber Horon sei Dank hat sich ja alles zum Guten gewendet.“
„Nein, es hat sich nicht alles zum Guten gewendet“, erwiderte Deina niedergeschlagen. „Du hast nicht gehört, was Skora mir sagte. Rowin ist nicht hier, wie wir vermuteten, sondern wird von Zolkar irgendwo gefangen gehalten. Sie erklärte mir höhnisch, dass sie mir seinen Aufenthaltsort nie verraten würde. Wie sollen wir ihn nur finden?“
„Bei allen Göttern! Rowin!“ Targil war entsetzt. Vor lauter Erleichterung darüber, der Dämonin entronnen zu sein, hatte er ihn völlig vergessen. Was wäre gewesen, wenn sie den Prinzen im Turm gefangen gehalten hätte? Rowin wäre unweigerlich beim Einsturz des Gebäudes umgekommen.
„Wir werden ihn finden!“ Targil legte mit Absicht Zuversicht in seine Stimme, um Deina aufzurichten. „Komm, wir wollen zu den Trümmern des Turms gehen. Wenn Horon dir geholfen hat, Skora zu vernichten, dann hilft er uns vielleicht auch weiterhin und wir finden einen Hinweis auf Rowins Verbleib.“
Targils Worte hatten in Deina neue Hoffnung geweckt. Horon hatte ihr beigestanden, also war ihr Tun den Göttern wohlgefällig. Sie wollte daher auch weiterhin auf ihren Beistand vertrauen. Doch sie wagte nicht, Targil von den weiteren Drohungen Skoras zu berichten. Er schien jetzt so voller Hoffnung, so voller Unternehmungsgeist. Daher wollte sie ihn nicht beunruhigen. Er wirkte so befreit, fast heiter, und dass er sie noch liebte, war offensichtlich. Vielleicht hatte Skora sie mit ihrer Prophezeiung, Targil würde ihren Bann nie ganz loswerden, nur demoralisieren wollen. Daher wollte sie ihm das Herz nicht unnötig schwer machen. Die Zukunft würde die Wahrheit zeigen.
So folgte sie Targil, der ihre Hand ergriffen hatte, zur Ruine des Turms, über der noch immer eine Wolke aus Rauch und Staub hing. Am Rande des Trümmerfeldes hielt Targil sie zurück.
„Bleib hier!“
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