Der Dämonen-Turm Traumtor-Trilogie Band I (German Edition)
er dort wirklich gefangen sein. Daher ritten sie nun stetig nach Süden. Sobald sie die Ebene hinter sich gelassen hatten, gab es auch wieder genug Wild und sie konnten sich endlich wieder sattessen. Da sie diesmal den Fluss an einer anderen Stelle überquerten, wo er breiter und seichter war, konnte Deina ihre Furcht leichter bezwingen, zumal Targil stets in ihrer Nähe war und sie keinen Moment aus den Augen gelassen hatte. So waren sie sicher und ohne Zwischenfall am anderen Ufer angekommen.
Auch in Kawaria gab es genügend Jagdbeute, und der fortschreitende Sommer deckte ihren Tisch reich mit Früchten und Beeren, so dass sie gut vorgesorgt waren und die Nähe kawarischer Ansiedlungen meiden konnten.
Doch selbst wenn sie sich in die Dörfer gewagt hätten, die auf Ihrem Weg lagen, hätte wohl niemand in Deina die Prinzessin von Valamin vermutet. Ihre sonst so weiße Haut war von der Sonne gebräunt, ihre zarten Hände nicht mehr weich und empfindlich und ihr Körper vom wochenlangen Reisen in der Wildnis abgehärtet und gestählt. Mehr denn je glich sie einem hübschen Bauernmädchen, und Targil hatte einmal lachend bemerkt, dass er nun kaum noch daran zweifeln würde, wolle sie ihm nun erklären, sie sei in Wirklichkeit doch nicht die Prinzessin.
Deina hatte mit Erstaunen und Freude die Veränderung betrachtet, die mit Targil vor sich ging. Mehr und mehr wich seine düstere Verschlossenheit einer ruhigen Heiterkeit, und oft erzählte er ihr von seinen Reisen, die ihn kreuz und quer durch Valamin und die angrenzenden Länder geführt hatten. Sogar bis zum Meer war er gelangt, dass die östliche Grenze des valaminischen Nachbarlandes Euribia bildete, und er berichtete der andächtig lauschenden Deina von den Wundern dieser unendlich weiten Wasserfläche.
Doch nie mehr erwähnte er Norhang oder den Turm von Sku-Ul, noch sprach er mit einem Wort von den Gründen, die ihn zu seinen weiten Reisen veranlasst hatten.
Doch Deina war ganz froh, dass er nicht mehr über den hinter ihnen liegende Schrecken sprach, denn der Urteilsspruch Horons hing mit düsterer Drohung über ihr.
Voll Furcht hatte sie in der ersten Zeit, nachdem sie vom Heiligtum aufgebrochen waren, darauf gewartet, dass das Verhängnis sie ereilte. Doch je mehr Zeit verging, ohne dass etwas geschah, desto mehr vergaß sie in Targils Armen, was der Gott über sie verhängt hatte. Wäre nicht die vor ihnen liegende Aufgabe gewesen, die Ungewissheit über Rowins Schicksal und das Wissen um Valamins Not, wäre Deina die glücklichste Frau der Erde gewesen.
Sie genoss das freie Leben an Targils Seite und die Kraft und Zärtlichkeit, mit der er ihr immer neue Geheimnisse der Liebe erschloss. Wenn sie ihn betrachtete, wenn sie seine gelassene Selbstsicherheit spürte, seine Umsicht und Klugheit bewunderte und die Kraft seines durchtrainierten Körpers fühlte, konnte sie nicht mehr verstehen, wie sie einst an einem zwar hübschen, doch unreifen Jungen wie Garwin hatte Gefallen finden können.
Gewiss, Garwin war ein ausgezeichneter Gesellschafter gewesen, der sie mit Komplimenten und Geschenken überhäuft und ihr jeden Wunsch von den Augen abgelesen hatte. Er war bis über beide Ohren in sie verliebt gewesen und hatte nicht eher Ruhe gegeben, bis sein Vater, Fürst Marn, bei König Forn um ihre Hand für ihn angehalten hatte. Fürst Marn war der Statthalter von Oslond im Süden des Landes und Forn treu ergeben. So hatte der Vater der Verbindung zugestimmt, und Deina hatte eingewilligt, im nächsten Jahr Garwins Frau zu werden. Doch obwohl Deina ehrliche Trauer um den jungen Mann empfand, war sie nun doch froh, dass die Hochzeit nicht schon im Frühjahr stattgefunden hatte, wie es Garwins sehnlichster Wunsch gewesen war.
Denn trotz der vor ihnen liegenden Ungewissheiten und Gefahren begann Deina im Stillen, Pläne für eine gemeinsame Zukunft mit Targil zu machen. Sie war sicher, dass Rowin ihrer Verbindung mit Targil nichts in den Weg stellen würde.
So beklagte sie sich nicht über die Strapazen, denen sie durch Targils unerbittliches Vorwärtsstreben ausgesetzt war. Sie wollte den geliebten Bruder so schnell wie möglich in Freiheit sehen und sie wollte, dass er an dem Glück, das sie empfand, teilhatte.
Sechzehn Tage waren sie nun ununterbrochen fast genau nach Süden geritten, als Targil eines Abends am Feuer die Karte entrollte.
„Schau, Deina!“ sagte er. „Wir sind jetzt ungefähr auf der Höhe von Varnhag, doch ein großes
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