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Der Daleth-Effekt

Der Daleth-Effekt

Titel: Der Daleth-Effekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Harrison
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Junge.«
    »Ja, schon gut. Aber Sie wissen, was ich meine. So etwas darf nicht noch einmal vorkommen.«
    »Aber man wird es immer wieder versuchen«, sagte der Mann vom Ministerium düster. »Eines Tages wird irgend jemand an den Antrieb herankommen, wenn man nicht inzwischen selbst auf das Prinzip stößt.«
    »Gut«, sagte Ove. »Aber wir müssen versuchen, diesen Tag so lange wie möglich hinauszuschieben. Was können wir sonst tun?«
    Schweigen. Was konnten sie sonst tun?
    »Entschuldigen Sie mich«, sagte Martha, und die Männer standen auf, als sie den Tisch verließ. Sie wußte, wo sie den Kommandanten des Stützpunkts suchen mußte, und er war sehr entgegenkommend.
    »Natürlich, Frau Hansen«, sagte er. »Es besteht kein Grund, Ihnen diesen Wunsch abzuschlagen. Wir werden Ihnen Kapitän Hansens persönliche Dinge natürlich zusenden. Aber wenn Sie schon etwas mitnehmen möchten …«
    »Nein, so viel ist es nicht. Ich möchte nur einmal sehen, wie er hier gewohnt hat. Ich habe ihn im letzten Jahr kaum zu Gesicht bekommen.«
    »Durchaus verständlich. Wenn Sie gestatten, führe ich Sie selbst hin.«
    Es war ein kleiner, schlichter Raum in einer der ältesten Sektionen der Station. Die Wände zeigten unter der Farbe noch die Maserung der hölzernen Verschalung, in die man den Beton gegossen hatte. Das Bett hatte ein Eisengestell und war hart, und der Schrank und die eingebaute Kommode waren praktisch und zweckmäßig – nichts weiter. Der einzige Luxus bestand in einem Fenster, durch das man die Mondebene sehen konnte. Es war eigentlich ein Bullauge; zwei Standard-Sichtluken eines Schiffes, die man hier zu einem doppelten Fenster zusammengeschweißt hatte.
    Sie blickte über die leblose Ebene auf die Hügel, die sich dahinter scharf und deutlich abzeichneten. Und sie konnte sich vorstellen, wie Nils hier gestanden hatte. Einige seiner Uniformen hingen säuberlich im Schrank, aber Nils würde nie mehr … Von neuem brach sie in Tränen aus. Sie betupfte sich mit dem Taschentuch die Augen und schluchzte. Sie hätte diesen Raum nie betreten sollen. Nils war tot und würde nie wieder zurückkehren. Es wurde Zeit, zu gehen. Als sie sich zur Tür wandte, bemerkte sie das kleine gerahmte Bild auf dem Tisch. Ein kleines Farbfoto von ihr, das sie lachend im Badeanzug zeigte, in einem glücklicheren Augenblick. Aus irgendeinem Grund wollte sie es nicht anschauen. Es stand hier, weil er sie geliebt hatte, das wußte sie. Sie hätte es die ganze Zeit wissen müssen. Trotz allem.
    Martha nahm das Bild, um es in ihre Handtasche zu stecken, aber sie wollte es im Grunde gar nicht. Sie öffnete die oberste Schublade der eingebauten Kommode und legte es unter seine Schlafanzüge. Dabei stießen ihre Finger gegen etwas Hartes. Es war ein gebundenes Buch mit dem Titel ›Elemantær Vedligeholdelse og Drift af Daleth Maskinkomponenter af Model IV‹, und während sie versuchte, die verzwickten technischen Ausdrücke aus dem Dänischen zu übersetzen, blätterte sie es durch. Viele Seiten mit Diagrammen, Zeichnungen und Gleichungen, die sie nicht verstand.
    ›Elementare Betriebs- und Pflegeanleitung für den Daleth-Antrieb Modell IV.‹
    Er hatte dieses Buch bestimmt studiert. Er mußte ja immer alles wissen über die Flugzeuge, die er flog. Das war bei den neuen Schiffen sicher nicht anders gewesen. Er hatte das Buch in die Schublade gesteckt und vergessen.
    Um in den Besitz dieser Informationen zu kommen, die sie hier in der Hand hielt, hatten Menschen ihr Leben lassen müssen – und andere waren gestorben, weil sie sie nicht preisgeben wollten.
    Sie wollte das Buch wieder in die Schublade legen, doch dann zögerte sie.
    Baxter war tot. Man hatte ihr gesagt, daß er ebenfalls an Bord gewesen sei. In der Botschaft saß ein neuer Mann an seinem Schreibtisch und hatte bereits versucht, sich mit ihr in Verbindung zu setzen; sie hatte sich seinen Namen irgendwo aufgeschrieben.
    Wenn sie ihm diese Broschüre gab, würde man sie künftig in Ruhe lassen. Es war dann ein für allemal aus mit dieser scheußlichen Spionageangelegenheit.
    Martha ließ das Buch in ihre Tasche fallen und ließ sie zuschnappen. Es war von außen überhaupt nicht zu sehen. Sie schloß die Schublade, sah sich noch einmal um und trat auf den Flur.
    Als sie sich wieder zu den anderen setzte, herrschte bereits Aufbruchstimmung. Sie sah sich in der Ankunftshalle um und suchte nach einem bestimmten Mann. Sie hatte ihn bald gefunden; er stand am anderen Ende des

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