Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)
ist, weiß ich nicht,
aber damals konnte man mit dem Ausweis sogar zu einer Fremd-Airline gehen und sagen:
›Ich arbeite für Swissair, ich hätte gerne ein Ticket zum Mitarbeitertarif.‹«
Richard
Parker wohnt wie Heinrich Kieber im Dorf Oberglatt direkt am Flughafen: »Er war
eine Zeit lang mein Nachbar. Wir wohnten im selben Mehrfamilienhaus. So habe
ich ihn kennengelernt. Kieber war auf seine Art schon lustig, aber mir war er
zu aufdringlich, er hat sich immer selbst eingeladen. Und er hat sich selbst
bedient. Wenn meine Wohnungstür nicht abgeschlossen war, ist er einfach
reinspaziert. Das war unglaublich. Von daher wollte ich privat nicht allzu viel
mit ihm zu tun haben. Heinrich war mir auch immer zu nervös und zu aufgedreht.
Er hatte damals eine tschechische Freundin, Jana* hieß die. Das weiß ich, weil
die öfters zu Besuch kam. Kieber suchte sich dann eine andere Wohnung in
Oberglatt, dort lebte er mit Jana zusammen.«
Einem
ehemaligen Klassenkameraden aus der weiterführenden Schule in Vaduz, Günther
Walch*, der zur selben Zeit wie Heinrich am Zürcher Flughafen arbeitet, erzählt
der 22-jährige Kieber, wie Jana den Weg in die Schweiz gefunden habe: Sie habe
bei einem Wettbewerb an einer Universität in der Tschechoslowakei einen Preis
gewonnen, ein Praktikum am Flughafen Zürich. Auch ein anderer Freund Kiebers
aus der Schulzeit in Liechtenstein, Walter Schneider, weiß von Jana: »Sie
musste nach Ablauf ihres Visums zurück in die Tschechei. Für Heinrich war es
Ehrensache, zu regeln, dass sie in der Schweiz bleiben und hier weiter arbeiten
konnte. Ich habe die beiden später mal in Liechtenstein getroffen.« Dem Sozialarbeiter
Manfred Greiner erzählt Heinrich, »er habe Jana aus der Tschechoslowakei
herausgelotst. Das war noch vor dem Fall des Eisernen Vorhangs. Sie war illegal
hier.«
Kieber
bemüht sich erst gar nicht darum, seine Absichten vor den Kollegen am Arbeitsplatz
verborgen zu halten. John Richter*, der wie Kieber in der Ertragssteuerung
tätig ist, pflegt mehr Kontakt zu ihm und bekommt mit, was mit dieser jungen
Frau aus dem Osten läuft: »Er ist mit Papieren und Dokumenten auf den Fluren
rumgerannt.« Kieber spricht Richter gegenüber von einer »Zweckhochzeit«.
Walter
Schneider weiß Näheres: »Er fand jemanden für sie, einen Bekannten aus der
Schweiz, der sie heiraten sollte. Daraufhin hat er alles eingefädelt, Flüge
nach Las Vegas organisiert, wo Heinrichs Freundin und der Schweizer heirateten.
Daraufhin sei der Weg für Jana frei gewesen. Das jedenfalls ist die Version,
die ich von ihm hörte. Er könne sie nicht selbst heiraten, sagte er, weil er
Liechtensteiner sei. Es müsse ein Schweizer sein.«
Heinrich
Kiebers Erklärung, warum er als Liechtensteiner seine Freundin nicht habe
heiraten können, ist schwer nachvollziehbar. Mit seiner Aufenthaltsgenehmigung
in der Schweiz hätte auch eine Frau Kieber automatisch eine
Aufenthaltsberechtigung erhalten. Vielleicht wollte Kieber sich einfach nicht
dauerhaft binden.
Auch
Heinrichs Onkel Guntram Vetter erfährt von der Geschichte mit Jana. »Ein
Bekannter von Heinrich hat die Tschechin geheiratet, damit sie die
Aufenthaltsgenehmigung erhält. Ja, so hat er es irgendwann mal erzählt. Was im
Detail lief, weiß ich nicht. Er und die Tschechin haben mich hier in
Liechtenstein ein- oder zweimal besucht. Ich weiß noch, wie ich dachte: ›Das
Mädchen täte ihm gut.‹ Sie war sehr hübsch, groß gewachsen und schlank.«
Hat Heinrich
Kieber den Freund aus der Schweiz für das Eingehen der Ehe mit Jana bezahlt?
Für Walter Schneider ist das nicht ausgeschlossen: »Heinrich kann sehr
großzügig zu anderen sein, auch wenn er sehr knauserig zu sich selbst ist. Da
kann ich mir gut vorstellen, dass er ein paar Tausender locker gemacht hat.
Soviel ich weiß, lebten der ›Ehemann‹ und Jana nie unter einem Dach.« Aber
dafür Heinrich Kieber und Jana, sagt Günther Walch: »Die waren drei oder vier
Jahre zusammen, bis etwa 1991, als er Swissair verließ, um seine Reise nach
Australien zu unternehmen.«
»Heinrichs
großer Traum war es, in Australien zu leben und dort ein Guest House zu
führen«, so sein alter Schulfreund Schneider. »Eigentlich wollte er das mit
Jana realisieren.« Warum die Beziehung der beiden auseinanderging, weiß auch
Schneider nicht. Jana lebt noch heute in der Schweiz, in einer kleinen Stadt
irgendwo im Mittelland: Sie wolle sich, sagt sie, nicht zu ihrer Beziehung zu
Heinrich Kieber äußern – »aus
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