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Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Titel: Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigvard Wohlwend
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allein dank der Bawag nicht
erreichen konnten. Ich bitte die liechtensteinische Polizei höflichst, eine
schriftliche Kopie meiner dreieinhalbstündigen Aussage den österreichischen
Kollegen und auch der Bawag zu übermitteln. Ich
spüre, dass erst nachdem die betreffenden Stellen meine vollständige Aussage
gelesen haben, sie nachvollziehen können, wie brutal seelisch und körperlich
die begangene Tat an mir war.«
     
    Über faktisch existierende
Ungereimtheiten, offene Fragen und gegen ihn sprechende Fakten geht Kieber in
seinen ausschweifenden Erzählungen hinweg, springt in enormem Tempo von einem
Gedanken zum nächsten, ohne den vorangegangenen zu Ende zu formulieren;
eröffnet eine neue Front, hüpft vom dritten zum fünften Gedanken und zurück zum
vierten. Im direkten Gespräch ist Kieber unschlagbar. Mit dieser Strategie hat
er sich bisher erfolgreich durchs Leben geschwindelt. Zum ersten Mal jedoch ist
er tief in einer Geschichte verstrickt, die er mit seiner Gabe, schnell und
viel zu sprechen, nicht lösen kann. Mit den Behörden muss er in ritualisierter
und schriftlicher Form kommunizieren, Eingaben verfassen und Gegendarstellungen
formulieren. Gelesen entfalten seine Erklärungen nicht die beabsichtigte
Wirkung, weil nicht mehr er das Tempo der Kommunikation bestimmt. Seine hastig,
mit vielen Fehlern und ohne Reflexion niedergeschriebenen Gedanken sind im besten
Fall anstrengend und oft wirr, wie ein unredigiert wiedergegebener Ausschnitt
aus seinem Fax vom 12. April illustriert:
     
    »Wie
ich bei der FL -Polizei zur Aussage
gebracht habe, schuldete Mariano M. mir seit Jahreswende ’ 92 /’ 93 ein
persönliches Darlehen, dass ich ihm in Zürich übergeben habe und im März ’ 93 (das genaue Datum muss ich im Dokument
nachschauen) bei meinem letzten Besuch in Spanien in jenem Jahr genau
schriftlich festgelegt wurde (Betrag in CHF ,
Zins etc.). Die Jahre vergingen, und nicht einen Franken (der gegenüber der
Span. Peseta immer teurer wurde) habe ich erhalten. Den original
Darlehensvertrag ( 1993 ) und den Fax mit
der Einladung habe ich noch in meinem Besitz. Den Originalbrief (des Faxes)
habe ich mit nach Argentinien genomen , wurde
natürlich während meiner Gefangenschaft dort entfernt!!«
     
    Weitere Nachrichten Kiebers
gehen bei Staatsanwältin Willi und Untersuchungsrichter Paul Meier ein. Im Mai
schreibt er: »Aufgrund was wirklich in Argentinien vorgefallen war ( eben so wie ich es detailliert bei der Polizei in Vaduz am
11. April auf Band gesprochen habe), wundert es mich nicht, dass Herr
Helmut R., von sich selbst aus, sich der Polizei hier schriftlich ›… erklaert hat‹.« Und im Juni: »Als Opfer der Geschehnisse
vom 26.  Maerz bis 9. April ’97 weiß ICH
ganz genau was geschehen ist und habe es Ihnen in vielfaeltiger Weise Aktenkundig gemacht.«
    Nun schränkt
das Untersuchungsgericht Nummer 9 in Barcelona Kiebers Aktionsradius massiv
ein: »Mit großer Traurigkeit und Überraschung habe ich erfahren, dass aus dem
spanischen ›Vorführbefehl‹ ein internationaler Haftbefehl wurde. Schon komisch,
dass gerade jetzt, wo ich Schlimmstes in Argentinien dank der Familie R.
erleben musste und ich Anzeige erstattet habe, sie die spanischen Behörden für
so was überzeugen konnten.«
    Tatsächlich
ist dies bereits der zweite internationale Haftbefehl, den Kieber am Hals hat.
Schon drei Wochen vor dem Gericht in Barcelona hat ihn das Untersuchungsgericht
Nummer 1 von Palma de Mallorca international ausschreiben lassen, wegen des
Deals im Zusammenhang mit der gibraltarischen Firma Lyonsia und der zugehörigen Wohnung auf Palma. Für den ruhelosen Kieber heißt das, dass
er nicht mehr gefahrlos ins Ausland reisen kann. Denn bei jedem Grenzübertritt
läuft er Gefahr, dass seine Personalien überprüft, er verhaftet und nach
Spanien ausgeliefert wird. Einzig in seinem Heimatland Liechtenstein ist er vor
einer Auslieferung geschützt.
    Der
Weltenbummler Heinrich Kieber kann sich nur noch im 160 Quadratkilometer
kleinen Liechtenstein sicher bewegen. Ein Land, so klein, dass der begeisterte
Fahrradfahrer Kieber es in gerade mal einer Stunde von Süden nach Norden
durchqueren kann. Allenfalls kleine Ausflüge in die benachbarte Schweiz kann er
sich erlauben, da die Grenze zwischen den beiden Ländern nicht bewacht wird. In
eine Polizeikontrolle darf er aber, wenn er im Ausland ist, nicht geraten –
denn dann riskiert er eine Auslieferung.
    Im Laufe des
Sommers werden Zeugenaussagen in der

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