Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition)
abgelaufen. Noch retten sich die Radiosender mit der Formulierung »Die Megahits der Achtziger, der Neunziger und das Beste von heute!« Und das Fernsehen hat nach den Siebziger-, den Achtziger- und den Neunziger-Kultshows erst mal eine Pause eingelegt. Irgendwann aber werden wir das Jahr 2011 schreiben, und irgendeinem Fernsehintendanten wird einfallen, dass das zurückliegende Jahrzehnt eine eigene Retrospektive verdient. Spätestens dann braucht das Kind einen Namen. Vielleicht wird er sie »die Zweitausender-Show« nennen – oder »Die Kulthits des Jahrtausends«. In diesem Zusammenhang fällt mir auf, dass das Wort »Millennium«, das einem 1999 mindestens fünfmal täglich in die Augen sprang, heute überhaupt nicht mehr verwendet wird. Der beste Beweis dafür, dass nur das überlebt, was wirklich gebraucht wird. Und vielleicht brauchen wir tatsächlich auch keine Bezeichnung für dieses erste Jahrzehnt. Womöglich werden die Deutschen auch in diesem Jahrhundert erst wieder ab der dritten Dekade anfangen, Zahlen zu vergeben. Vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass sich 20 Jahre gerade noch überblicken lassen. Das entspricht einer Generation. Erst darüber hinaus wird’s dann langsam unübersichtlich, sodass man auf Zahlwörter zur Unterteilung und Abgrenzung zurückgreift.
Was für das Jahrhundert gilt, scheint auch für die Lebensalter des Menschen zu gelten. Man kennt Männer in den Fünfzigern, Frauen in den Vierzigern, man spricht von Mittdreißigern und Endzwanzigern – aber darunter wird es schwierig. Da muss man sich schon mit englischen oder pseudo-englischen Begriffen wie Teenager und Twen behelfen. Für das erste Lebensjahrzehnt eines Menschen aber hilft uns auch das Englische nicht weiter. Was wohl damit zusammenhängt, dass die Unterschiede zwischen einem einjährigen, einem sechsjährigen und einem zehnjährigen Kind einfach zu groß und somit diese Altersklassen für eine Zusammenfassung nicht geeignet sind. Stattdessen spricht man von Kindheit und Jugend, von Kindern im Vorschulalter und von solchen im schulpflichtigen Alter, von der Zeit vor der Pubertät, während der Pubertät und nach der Pubertät.
Ich wollte es natürlich genau wissen und habe die Leser meiner Internet-Kolumne gefragt, wie sie die erste Dekade dieses Jahrhunderts nennen würden. Ich erhielt Dutzende von Zuschriften, die an Einfallsreichtum und Originalität nichts vermissen ließen: Nuller, Nullinge, Postneunziger, Neutausender, Vorzehner, Nachneunziger, Hunderter, Primdeka, Dekade eins, Zeroden, Millies, Pomilde (für »Post-Millenniums-Dekade«), Edeka und Zwedeka (für Erste und Zweite Dekade) und viele Vorschläge mehr.
Bezeichnenderweise gibt es auch in anderen Sprachen keinen Begriff für das erste Jahrzehnt. Wir stehen mit dem Problem also nicht allein da. Die englische Umgangssprache, für ihren Erfindungsreichtum bekannt, hat den Ausdruck »the naughties« (auch: noughties) geprägt. Ein Zusammenspiel aus den Wörtern »nought«, »naught« (= nichts, Null) und »naughty« (= ungezogen, unanständig), das sinngemäß also »die Nuller« und zugleich »die unartigen Jahre« bedeutet. Angesichts unserer Empfänglichkeit für englische Modewörter haben die »Naughties« möglicherweise auch im Deutschen eine Chance. Vielleicht aber findet sich irgendwann doch noch ein passendes deutsches Wort.
Ein Radiosender hat sich in weiser Voraussicht den Begriff »Nullziger« schützen lassen. In der entsprechenden Titelschutzerklärung eines Hamburger Anwalts heißt es: »Unter Hinweis auf § 5 Abs. 3 MarkenG nehmen wir für eine Mandantin Titelschutz in Anspruch für ›Nullziger‹, ›Die Megahits der 90er, Nullziger und das Beste von heute‹ sowie für ›Die Megahits der 80er, 90er, Nullziger und das Beste von heute‹ in allen Schreibweisen, Wortverbindungen und Darstellungsformen für Ton- und Fernsehrundfunk, alle sonstigen elektronischen Medien und Netzwerke, Bild-, Ton- und Datenträger, Spielfilmproduktionen und Druck-Erzeugnisse.«
Also dann, liebe Freunde der Popmusik: Willkommen in den Nullzigern!
Warum heißt der Samstag auch Sonnabend?
Frage einer Leserin aus Schweden: Ich unterrichte Deutsch an einer Schule, und kürzlich nahmen wir die Wochentage durch. Eine Schülerin fragte mich, warum es im Deutschen zwei Namen für den sechsten Tag gibt. Ich konnte es ihr leider nicht erklären. Können Sie mir sagen, warum der Samstag auch Sonnabend heißt und ob das überall in Deutschland so ist oder
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