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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition)

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition)

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
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Schluss des Absatzes offenbar die Gäule mit ihm durchgegangen. Dass das nicht »dass heißt« heißt, sondern dass das »das heißt« heißt, liegt daran, dass wir es beim »das« mit einem Pronomen zu tun haben.
    Das einfache »das« ist schon für sich allein genommen sehr vielseitig. Es kann sächlicher Artikel sein (»das Ding«, »das Zauberbuch«, »das Universalgenie«), es kann Demonsrativpronomen sein und für »dies« oder »dieses« stehen (» Das wünsch ich dir«, » Das war hervorragend!«, »Kennst du das auch?«), und es kann als Relativpronomen fungieren, gleichbedeutend mit »welches«: »Ein Thema, das alle gleichermaßen interessiert, gibt es nicht«, »Nicht alle asiatischen Länder sind so gut dran wie Japan, das zu den sieben reichsten Industrienationen der Welt zählt«.
    Wann immer man also anstelle von »das« auch »dies« oder »welches« sagen könnte, ist es ein Pronomen und wird genau wie der Artikel nur mit einem »s« geschrieben. Im Land der Schwaben kennt man noch eine andere Faustregel: Wann immer man auf Schwäbisch »des« sagen kann, schreibt man »das«, ansonsten »dass«: »Dass des so schwer sei soll, des versteh i net!«
    »Das Hubble-Weltraumteleskop hat in Hunderten von Erdumrundungen ein Bild aufgenommen, dass das Weltall in seiner frühen Jugend zeigt.«
    Richtig oder falsch? Richtig ist, wenn Sie auf »falsch« getippt haben! Denn hier könnte man auch sagen: »… ein Bild aufgenommen, welches das Weltall in seiner frühesten Jugend zeigt.« Und damit ist klar, dass es sich bei dem ersten »das« um ein Pronomen handelt.
    Hieße der Satz aber so: »Mit Hunderten von Bildern hat das Hubble-Weltraumteleskop bewiesen, dass das Weltall in seiner frühen Jugend sehr viel dichter war als heute«, dann wäre das »dass« korrekt, denn dann handelt es sich um eine Konjunktion.
    Eine Konjunktion ist ein »Bindeglied«, ein Wort, das (= welches) Satzteile oder Sätze miteinander verbindet. Die berühmteste Konjunktion ist »und«, über den verbindenden Charakter dürften keine Zweifel bestehen. Neben »und« gibt es mindestens drei Dutzend weiterer Bindewörter, und »dass« gehört dazu.
    Die verwirrende Gleichheit zwischen der Konjunktion und dem Pronomen ist übrigens keinesfalls ein exklusives Phänomen der deutschen Sprache. Auch in anderen Sprachen spielen kleine Wörtchen eine solche Doppelrolle. Doch das Deutsche scheint die einzige Sprache zu sein, die zwischen der Konjunktion und dem Pronomen eine orthografische Unterscheidung vornimmt. Im Englischen gibt es »that« und »that«, im Niederländischen »dat« und »dat«, im Französischen »que« und »que« – jeweils als Konjunktion und als Relativpronomen, jeweils gleich ausgesprochen und gleich geschrieben.
    Manch einer hatte gehofft, der Unterschied zwischen dem Pronomen »das« und der Konjunktion »daß« würde mit der Rechtschreibreform abgeschafft. Doch das war nicht der Fall. Der orthografische Unterschied blieb – und wurde sogar noch kniffliger. Musste man vorher immerhin den Finger noch zu einer anderen Taste bewegen, um die Konjunktion mit Eszett zu tippen, so hängt die Unterscheidung nun allein davon ab, ob man die »s«-Taste ein- oder zweimal anschlägt. Einige glauben feststellen zu können, dass die Verwechslung seit Einführung der neuen Orthografie zugenommen habe. Möglicherweise aber ist dies nur ein Zufall, genauer gesagt Folge eines Zusammentreffens unterschiedlicher Faktoren: Denn neben der Rechtschreibreform hat auch die rasche Ausbreitung des Internets einen erheblichen Anteil am munteren Gedeihen des orthografischen Wildwuchses.
    Dass das »dass« nicht immer nur ein braves Single-Dasein führt, sondern häufig auch in Gesellschaft wechselnder Partner auftritt, macht die Sache nicht gerade leichter: So gibt es neben dem einfachen »dass« die erweiterten Konjunktionen »sodass«, »auf dass«, »anstatt dass« und »ohne dass«. Aber nicht »und dass«, wie offenbar einige Schreiber meinen, denen wir Beispiele wie die folgenden zu verdanken haben:
    »Und dass , obwohl im Formel-1-Fahrerlager eine Menge Leute herumlungern, die ziemlich feine Ohren haben.«
    »Ein Krankenhaussprecher sagte, Mutter und Kind hätten die schwere Geburt unbeschadet überstanden – und dass , obwohl die Fahrt ins Krankenhaus acht Stunden gedauert habe.«
    Hinter solchen Sätzen stecken Dramen, davon macht sich der Leser da draußen keine Vorstellung! Da bringt eine tapfere Mutter unter derart widrigen

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