Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition)
deshalb seit neuestem einfach »Nudel’n«, und das zu einem sagenhaft günstigen »Preiss« (das ist Bayerisch und bedeutet »Fischkopf«). Jetzt überlege ich mir, wenn einer in das Wort »Türe« einen Apostroph einschlägt und bei »Nudeln« auch, wie mag er dann das Wort »Türen« schreiben? Mit zwei Apostrophen?
Es wurden auch schon Fälle von unsichtbarer Apostrophitis gesichtet. Das ist ein Widerspruch in sich, denken Sie jetzt vielleicht, denn wie kann man etwas sichten, das unsichtbar ist? Ich zeige es Ihnen: »Die schönsten Büro s am Kurfürstendamm«. So steht es auf einem großen Transparent, das quer über die Fassade eines Berliner Neubaus gespannt ist. Haben Sie’s bemerkt? Da ist kein Apostroph zu sehen, und doch spürt man seine Gegenwart ganz deutlich. Geradezu gespenstisch, finden Sie nicht? Oder bin ich der Einzige, der hier etwas sieht? Dann wäre das Sick s sechs ter Sinn.
Ganz und gar unschlagbar ist jene Regalbeschriftung, die man in einem Media-Markt bestaunen kann. Nachschlagewerke auf CD-Rom werden dort unter der Rubrik »Lexica’s« geführt. Da ist nicht nur der Apostroph zu viel, sondern auch der letzte Buchstabe. Ganz zu schweigen davon, dass man Lexikon und Lexika auf Deutsch schon lange nicht mehr mit »c« schreibt. Ob man es bei einer Berichtigung, so es je zu einer kommen sollte, tatsächlich schafft, alle Fehler auf einmal zu beseitigen? Vermutlich wird man sich zu »Lexicon’s« entschließen. Denn irgendetwas muss doch apostrophiert werden. Sonst sieht es doch gar nicht mehr nach Deutsch aus – und schon gar nicht nach Werbung.
Die kommt nämlich immer seltener ohne Häkchen aus: Ein Prospekt der Modekette H&M stellt die These auf: »Es geht um’s Gewinnen«. Es geht offenbar nicht ums richtige Deutsch. Wann wacht Saturn endlich auf und apostrophiert seinen berühmten Schrei-Slogan? »Gei’z ist gei’l« – damit würden sie Media’s Markt doch glatt in den Schatten stellen!
Wie lang und breit ist Mecklenburg?
Frage eines Lesers: Ist es richtig, dass »Mecklenburg« nicht mit kurzem »e«, wie es die Schreibweise nahe legt, sondern mit langem »e« gesprochen wird? Wenn ja, warum ist dies so?
Antwort des Zwiebelfischs: Mecklenburg wird tatsächlich mit einem langen »e« gesprochen. Jedenfalls wurde es früher so gesprochen, und wer sich auskennt, der spricht es auch heute noch so. Denn bei dem »c« handelt es sich nicht um ein zweites »k« (wie in Zucker, Bäcker und schlecken), sondern um ein sogenanntes norddeutsches Dehnungs-c. Der Name Mecklenburg geht zurück auf das althochdeutsche Wort »michil«, welches »groß« bedeutet. »Michilinburg«, wie man im 11. Jahrhundert sagte, bedeutete also »große Burg«. Die befand sich im Süden von Wismar und gab dem umliegenden Land seinen Namen. Im Niederdeutschen des Mittelalters sprach man es »Mekelenborch« aus; irgendwann ist das zweite »e« dann ausgefallen, und übrig blieb »Meklenburg«, gesprochen »Meeklenborch«.
Unsere Schriftsprache kennt zwei Möglichkeiten, um die Dehnung eines Vokals zu markieren: Entweder wird der Vokal verdoppelt (aa, ee, oo) oder von einem Dehnungsbuchstaben begleitet. Heute gibt es als Dehnungsbuchstaben nur noch das »h« (wie in Mehl, Bohne, Fahrer) und, hinter dem »i«, das »e« (wie in Liebe, Tiere, Miete). Früher konnte das »e« auch hinter einem »o« stehen, wenn dieses »o« lang gesprochen wurde: Ortsnamen wie Soest, Oldesloe, Coesfeld und Itzehoe zeugen noch heute davon. Kein Norddeutscher käme auf die Idee, dieses »oe« als »ö« auszusprechen.
Auch das »c« im Wort Mecklenburg war ursprünglich ein Dehnungszeichen. Unglücklicherweise fiel es mit jenem Platzhalter zusammen, der im Hochdeutschen das verdoppelte »k« ersetzt und phonetisch genau das Gegenteil bewirkt, nämlich den Vokal verkürzt. Das Wissen um die tatsächliche Länge des »e«-Klangs im Namen Mecklenburg geht langsam verloren. Selbst junge Mecklenburger »meckern« heute, anstatt zu »mekeln«. Ein Fehler ist das aber nicht, denn beide Ausspracheweisen gelten heute als richtig. Auch in einigen plattdeutschen Dialekten wird Mecklenburg mit kurzem »e« gesprochen.
Das Dehnungs-c findet man noch in vielen anderen norddeutschen Namen, die traditionell mit langem Vokal gesprochen werden: Schönböcken (gesprochen: Schönbööken), Bleckede (gesprochen: Bleekede). Auch Lübeck, das im 12. Jahrhundert noch Lübeke hieß, besaß einst ein langes »e«. Und der Name der berühmten
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