Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition)
gewöhnen werden wir uns aber nie, denn dass die Pluralendung im Deutschen apostrophiert würde, steht in keinem Lehrbuch.
»Kaufe alles aus Oma’ß Zeiten!« – Dieser Spruch am Schaufenster eines Antiquitätengeschäfts in Dresden habe sein Leben verändert, schreibt ein bekennender Apostrophobiker auf seiner Homepage. Seitdem sammle er Bilder von Katastrophen mit Apostrophen. Wie das von jenem Kleinbus, auf den ein Transportunternehmer voller Stolz den Satz lackieren ließ: »Ich halte nur an roten Ampel’n!!!« Sehr schön ist auch das Hinweisschild, das den Ortsunkundigen zum »Bauer’n-Hof« führen soll.
Besonders schlimm erwischt hat es die Wochentage. Von »Montag’s« bis »Sonntag’s« tanzen die Häkchen Samba. Der normale Montag wurde abgeschafft, ebenso das schlichte »montags« – es heißt jetzt immer »Montag’s geschlossen« oder »Durchgehend von Montag’s bis Samstag’s geöffnet«. Wobei ich klarstellen möchte, dass »es heißt jetzt« nicht heißt, dass es so richtig wäre. Man liest es nur immer häufiger. So machen es die Leute – schuld daran kann nicht allein die Rechtschreibreform sein. Die erlaubt zwar Großschreibung von Morgen und Abend in Fügungen wie »heute Morgen« und »gestern Abend«, aber an der Schreibweise von »morgens« und »abends« hat sie nichts geändert. Von Apostrophen war dabei nie die Rede! Da muss der flinke Fotohändler etwas gründlich missverstanden haben, der seinen Kunden mit einem liebevoll gereimten Vers verspricht: »Filme bis Abend’s gebracht – die Bilder bis Morgen’s gemacht!«
Einige Häkchen sind derart grotesk, dass sie fast schon wieder sympathisch wirken. Da preist ein wehmütiger Motorradveteran seine alte SR 500 mit folgenden Worten an: »Sie war steht’z ein guter Begleiter, aber irgendwann kam die Familie und sie wurde in den Keller verbannt.« So steht’s tatsächlich auf Ebay zu lesen.
Stets zu Tränen gerührt ist man auch beim Anblick all jener Häkchen, die durch irgendein bedauerliches Missgeschick verrutscht sind und dem Schriftzug den Charme eines zerlaufenen Make-ups geben, so wie bei jener Imbissbude namens »Waldi, s Wurst Wig Wam«, bei der nicht nur der Apostroph heruntergekommen wirkt. Die Aussage »Hier schmeckt, s lecker«, mit der ein Eisverkäufer auf sich aufmerksam zu machen versucht, scheint sich in einen Hauptsatz (»Hier schmeckt«) und einen Nebensatz (»s lecker«) zu teilen, denn wo eigentlich ein Apostroph stehen sollte, hat es nur zum Komma gereicht. Dabei sind das ja nun wirklich zwei Paar Schuh.
Apostrophe sind auch nicht dasselbe wie Akzente! Ein Café zum Beispiel hat einen Akzent auf dem »e«, keinen Apostroph. Darüber war sich der Inhaber des Ladens »La Belle E’poque« offenbar nicht ganz im Klaren. Und der Betreiber der Berghütte, bei der man sich zum »Apre’s Ski« trifft, wohl auch nicht.
In manchen Gegenden Deutschland’s sieht es wahrhaft trostlos aus. Da kann ein buntes Schild schon viel Freude bereiten. So wie der Hinweis auf »Heike’s Zoo’eck«. Allerdings wäre hier anstelle des Apostroph’s (und ich rede nicht von Heike’s) ein Bindestrich angebracht. Wenn überhaupt. Noch besser als Zoo-Eck ist nämlich Zooeck. Zoo’eck jedenfalls ist grammatisch äußerst fragwürdig, um nicht zu sagen biz’arr.
Manch einer, der das Wort »Türe« gebraucht, ahnt insgeheim, dass es sich dabei um eine mundartliche Variante des Wortes »Tür« handelt. Vielleicht war das der Grund, der einen Lokalbesitzer dazu brachte, die handgeschriebene Bitte an die Gäste um einen Apostroph zu ergänzen: »Bitte Tür’e leise schließen!«
Falls es irgendjemanden tröstet: Nicht nur die Deutschen stehen dem Apostroph hilflos gegenüber. Auch in Österreich herrscht längst nicht überall vollständige Klarheit über den korrekten Umgang mit dem tückischen Häkchen. Ausgerechnet auf dem Campus der Wiener Universität wurde ein Schild gesichtet, das dem durstigen Studiosus den Weg ins »Kellerstüber’l« weisen soll. Der Apostroph ist hier geradezu ein Sakrileg, denn die österreichische Endsilbe »-erl« bildet eine feste Einheit und ist so untrennbar wie Schlag und Obers oder wie Kaiser und Schmarrn. Das wäre so, als lüde jemand auf Hochdeutsch ins »Kellerstübche’n«.
Dass viele Deutsche angesichts einer schier unüberschaubaren Zahl unterschiedlicher italienischer Pastasorten ratlos vor dem Regal stehen, kann den Einzelhandel nicht kalt lassen. In meinem Supermarkt gibt es
Weitere Kostenlose Bücher