Der Deal
So erkannte ihn in der schummrigen Flughafenbar wohl niemand.
Heute früh hatte Odis, nachdem seine Mutter in die Arbeit gegangen war, Alphonses Haar geschnitten und war dann für sie beide einkaufen gegangen. »Und schlepp bloß keinen Billig-Mist an«, hatte Alphonse ihn gewarnt und ihm fünf Hunderter hingeblättert. »Hol uns was Gutes zum Anziehen.«
Odis, der Neunzehnjährige, war zu Macy’s an der Skyline Mall gegangen und hatte für sich eine warme Jacke, ein paar Adidas-Schuhe und einige T-Shirts besorgt. Für Alphonse kaufte er Pluderhosen, ebenfalls T-Shirts und eine Anzugjacke, die fast einen ganzen Hunderter kostete. Auf dem Rückweg aus der Fußgängerzone hielt er an einem Hutgeschäft und kaufte für sie beide Bogarthüte. Zu der Zeit hatten sie sich noch nicht für Hawaii entschieden.
Danach besaß er noch ganze zwei Hunderter und etwa dreißig Dollar in kleinen Scheinen. Doch Alphonse fragte nicht einmal nach dem Wechselgeld.
Bevor Odis’ zwei Schwestern aus der Schule kamen und, vor allem, bevor Odis’ Mutter von der Arbeit zurückkam, hatten sie das Haus verlassen. Sie war nicht sehr erfreut gewesen, als Alphonse auf seiner Flucht bei ihr aufgetaucht war, aber da er das einzige Kind ihrer Schwester war, konnte sie ihm schlecht die Tür weisen. Aber sie hatte ihm klipp und klar gesagt, daß er nicht länger als eine Nacht bleiben konnte.
Mit Odis’ Wagen waren sie losgezogen, hatten in San Bruno ein paar Runden Poolbillard gespielt bis es sechs Uhr war, und sich währenddessen für Hawaii als Fluchtort entschieden – sie wollten wenigstens solange dort bleiben, bis die Lage sich abgekühlt hatte und wieder etwas entspannter war. In einem Restaurant hatten sie Steaks und mehrere Gläser Wein bestellt und dann erst wieder angehalten, damit Alphonse sein Hemd kaufen konnte. Den Wagen hatten sie schließlich auf einem Deck für Dauerparker abgestellt.
Im Augenblick wartete Odis, daß Alphonse wiederkam, und dachte dabei über weiße Puppen nach, da kannte er sich nicht so aus. Alphonse hatte nur gesagt, daß sie wie jede andere Puppe auch waren, er mochte das Thema nicht sonderlich.
Zu Odis hatte er gesagt, daß er das Mädchen nicht vergewaltigt hätte – sie sei eine Freundin gewesen – und ihr Tod nur ein Unfall gewesen sei, was sich vernünftig anhörte, als er es erzählte. Alphonse hing manchmal mit üblen Jungs herum, aber er brachte noch lange niemanden vorsätzlich um. Dazu war er ein zu netter Kerl.
Er sah in die Nacht hinaus, auf die Flugzeuge, die zur Startbahn rollten, und fragte sich, ob ihr Flieger, mit dem sie in wenigen Stunden starten würden, schon dabei war.
»Noch eine Runde?«
Beim Betreten der Bar hatte Alphonse zwei Drinks mit Schirmchen bestellt. Odis wandte den Kopf und erblickte die Bedienung – lange Beine mit Netzstrümpfen bis zum Po, die blonde Haarmähne umrahmte das Gesicht eines Models, die Brüste waren vom Saum der Tellerkragenbluse zusammengedrängt.
Er nickte einfach.
»Was trinkst du?«
Odis mußte sich räuspern. »Noch mal das Gleiche. Nein, zwei davon.« Er lächelte sie an. »Wir fliegen nach Hawaii.«
Sie erwiderte sein Lächeln. »Das ist schön. Da möcht’ ich auch hin. Was ist das – ein Mai Tai ?«
Odis kannte sich nicht aus, also nickte er. »Ja. Zwei davon.« Das war schön, wie dieses Mädchen mit ihm sprach. Er verfolgte sie mit seinen Augen, als sie zurück an die Bar ging. Guter Swing. Der Po ein bißchen klein, typisch für einige weiße Mädchen, aber ein wunderschönes Gesicht. Von der Bar aus schaute sie zu ihm rüber und ertappte ihn dabei, wie er sie ansah. Er lächelte. Sie lächelte zurück.
Er überlegte, was sie damit meinte, daß sie auch nach Hawaii wollte. Stand sie etwa auf ihn? Seine Phantasie ging mit ihm durch. Er drehte seinen Kopf zur Seite, um die Abflüge wieder sehen zu können. Hey, und wenn er sie das nächste Mal einfach darauf ansprach?
Und da war sie schon wieder, schaute zu ihm herüber und sprach dabei mit dem Barkeeper. Jetzt kam sie auf ihn zu, ja, das galt ihm!
»Es tut mir leid«, sagte sie, »aber ich muß dich leider fragen, ob ich deinen Ausweis sehen kann.«
Odis, völlig überrumpelt, konnte sie nur anstarren. »Hey«, brachte er schließlich mit einem schiefen Grinsen hervor, »ich hatte doch schon einen Drink, nicht wahr?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Der Barkeeper kann sich nicht daran erinnern, dich bedient zu haben. Er sagt, du siehst nicht aus wie einundzwanzig.«
»Sag
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