Der Deal
Mulatte und ein Typ mit einem lateinamerikanischen Nachnamen – Herrgott, er liebte das, Frank, der so weiß war, wie er selbst –, sollten ebenfalls befördert werden, und es gab einen offiziellen Erlaß für alle Verwaltungsbereiche der Stadt und des Countys, daß Minderheiten gefördert werden sollten. Er dankte Gott, daß es keinen Schwulen im Morddezernat gab. Der würde mit Leichtigkeit zum Lieutenant befördert werden. Auf der anderen Seite sollte er selbst, Griffin, vielleicht bekanntgeben, daß er schwul war, einfach damit rausrücken und sich wegen seines neuen Status’ zum nächsten Lieutenant ernennen lassen.
So war er mit einer etwas aggressiven Haltung in das Büro, wo das Gespräch stattfand, gegangen: »Sagen Sie, habe ich irgendeine Chance, die Stelle zu bekommen, oder nicht? Denn wenn nicht, können wir diesen Mist vergessen, und ich kann wieder an meine Arbeit gehen.«
Und Frazelli hatte zu Rigby, dem Chief, hinübergeschaut, und beide hatten diesen Gesichtsausdruck angenommen, der dem oberen Management zu eigen war, und ihn an Carls Gewerkschaftsvertreter, Jamie Zacharias, weitergegeben, der dann gesagt hatte: »Wenn Glitsky und Batiste irgend etwas vermasseln, sind Sie drin.«
So war Carls Gespräch schon zu Ende, bevor er überhaupt Platz genommen hatte. Worüber hatten sie sprechen wollen? fragte er sich. Er war der Sache in ungefähr einer Sekunde auf den Grund gegangen. Darauf zu warten, daß Glitsky oder Batiste etwas vermasselten, wäre genauso, wie darauf zu warten, daß einer von ihnen starb. Sie würden sicher irgendwann sterben, aber man stellte besser nicht die Uhr danach.
Vielleicht hätte er fragen sollen, ob Abe oder Frank irgend etwas besser gemacht hatten als er, ob sie bessere Polizisten waren. Aber er wußte, daß es das nicht war. Sie mußten jemanden aussuchen, und wenn der Kandidat im heutigen San Francisco auch nur im entferntesten einer Minderheit angehörte, konnte man ihn nicht ohne zwingenden Grund übergehen. Dies war eine Stadt, in der Menschen wie Ralph Nader und Cesar Chavez von einigen Leuten fast als Faschisten angesehen wurden. Zur Hölle, Griffin hatte Leute verhört, die glaubten, daß Karl Marx selbst zum rechten Flügel gehörte, weil er nicht die Befreiung der Frauen erfunden hatte, auch wenn er in seinem Kommunistischen Manifest kurz davorstand.
Er war also hinausgestampft, hatte die Tür zugeschmissen und für den Rest des Tages in seinem Büro geschmollt. Seine Verhöre hatte er Giometti überlassen, und Abe hatte er nach dem Toten im Candlestick-Stadion schauen lassen, was ihm nur eine einzige Wahl ließ, als eine Stunde später der Anruf vom China Basin reinkam.
Jetzt saß Carl Griffin in seinem Wagen vor der Wohnung seines Partners Vince Giometti in der Noe Street. Der Nebel verdunkelte fast völlig das Licht der Straßenlaterne an der Kreuzung vor ihm, in etwa einhundertfünfzig Meter Entfernung. Durch den Dampf des Kaffeebechers vom Doggie Diner-Café war die Windschutzscheibe beschlagen. Das Zeug schien einen halben Tag lang heiß zu bleiben. Vielleicht lag das an der Säure, die sie hineintaten.
Sein Partner und er waren bis nach zwei Uhr auf gewesen, um es der Ehefrau mitzuteilen. Deshalb fingen sie heute später an. Er hupte noch einmal. Na los, Junge. Verstau dein Ding wieder in der Hose und komm arbeiten.
Jesus! dachte er. Es sollten im Morddezernat nur unverheiratete Männer arbeiten. Was wäre, wenn er verheiratet wäre – darüber brauchte man gar nicht zu reden. Es hatte ihn nie zu Hause gehalten, und daran würde sich auch nichts ändern, das war sicher.
Er dachte immer wieder über den Instinkt nach.
Wenn es etwas gab, das die guten Polizisten von den sehr guten unterschied, war es Instinkt. Man mußte es nicht übertreiben, das wußte Griffin, und Spuren ignorieren, aber ab und zu entstand eine Situation, die in eine bestimmte Richtung zu weisen schien, und der Instinkt ließ einen innehalten und die Lage neu einschätzen.
Glitsky sollte Lieutenant werden. Er sollte Lieutenant werden. Ebenso Frank Batiste. Gut. In diesem Moment stand also einer von den beiden auf der Straße und versuchte, den Verkehr zu lenken, Griffin in die bestimmte Richtung zu lenken.
Neun Jahre im Morddezernat, und nicht ein Mal war Abe Glitsky mit seinem Hintern an einem Tatort erschienen.
Was glaubst du wohl, warum?
Vielleicht wußte Glitsky etwas, das er – Griffin – nicht wußte. In Ordnung, der Cochran-Junge konnte es selbst getan haben,
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