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Der Deal

Der Deal

Titel: Der Deal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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sagte Hardy. »Ich werde ihn mit meinem irischen Charme beeindrucken.«

Kapitel 6

    Die Sonne war herausgekommen. Der Morgen wurde langsam wärmer. Hardy zog seinen Pullover aus, bevor er an seinem Wagen war. Ihm war etwas übel. Er hatte sich verpflichtet gefühlt, die Leiche noch einmal anzuschauen.
    Er hatte in Vietnam ziemlich viel Blut gesehen, bevor er selbst in der Schulter getroffen worden war. Auch als Polizist hatte er seinen Anteil abbekommen. Aber er war alles andere als abgehärtet gegen das, was entstand, wenn Metall mit hoher Geschwindigkeit Fleisch durchschoß.
    Sie hatten ihn noch nicht wieder angezogen. Hardy hatte bei den Zehen begonnen und war dann weiter hinaufgegangen. Eddie war einen Meter achtundsiebzig groß gewesen und hatte ungefähr hundertsechzig Pfund gewogen. Er hatte eine alte, verheilte, sichelförmige Narbe, die etwa sieben Zentimeter lang war, auf seinem rechten Oberschenkel, kleine Schwielen an den Fingerspitzen seiner linken Hand, einen relativ neuen blauen Fleck an seinem linken Unterarm und eine kleine Schramme neben seinem linken Ohr, direkt unter dem Loch, das die Kugel beim Eintritt hinterlassen hatte.
    Hardy fuhr mit geöffneten Fenstern die Mission Street hinauf. Das Radio in seinem Suzuki funktionierte nicht, aber er versuchte dennoch dreimal während der dreißig Häuserblocks zwischen Gings Leichenschauhaus und seinem Ziel, es einzuschalten. Immer wieder hatte er den Schaden, den das winzige Stück Blei verursacht hatte, vor Augen, er konnte an nichts anderes denken.
    Der Parkplatz lag zwischen einem Büro der örtlichen Pacific Telephone Company und der Cruz Publishing Company .
    Der Parkplatz war nun voller Autos. Hardy hatte einen Moment lang Schwierigkeiten, sich vorzustellen, wie es hier ausgesehen hatte, als der Platz leer war. Es war unbebautes Gewerbegebiet, kein Wohnhaus weit und breit.
    Eisenbahnschienen, Rangierbahnhöfe, Glas, Stein und Beton. Er stellte den Wagen an der Straße ab und ließ den Ort auf sich einwirken. Die Sonne war jetzt heiß und spiegelte sich grell an der Seite des Cruz-Gebäudes.

    Arturo Cruz hörte auf zu diktieren und schickte seine Sekretärin fort, widmete dann seine ganze Aufmerksamkeit den beiden Männern sechs Stockwerke tiefer auf dem Parkplatz. Er wußte sofort, daß es ein Fehler gewesen war, Jeffrey zu schicken, um den Polizisten loszuwerden – es mußte wieder ein Polizist sein. Jeffrey war zu jung, zu unerfahren. Treu wie ein Hund, ein Kamerad, für den man sterben würde, aber nicht im geringsten ein Allerweltskerl. Jeffrey unterhielt sich mit dem Mann, ging mit ihm auf dem langen, schmalen Parkplatz umher, auf dem jetzt die Wagen der Cruz-Mitarbeiter standen.
    Er war Verleger der Zeitung La Hora , die die vielen Lateinamerikaner von San Francisco als Leser ansprach. Auf diesem Markt war der Wettbewerb hart, und um erfolgreich zu sein, mußte man schon mal Dinge tun, die einem am Anfang vielleicht Kopfzerbrechen bereiten konnten.
    Tatsache aber war, daß man sie getan hatte, und es konnte nichts Gutes bedeuten, wenn sich zu viele Polizisten auf diesem Parkplatz einnisteten. Neulich abends und gestern war es schon schlimm genug gewesen.
    Cruz wandte sich vom Fenster ab und beschloß, selbst hinunterzugehen, um nach dem rechten zu schauen.

    Die Rückseite des Parkplatzes war von einem zwei Meter fünfzig hohen Zaun begrenzt, aber die Zufahrt vorne war breit. Der Kanal, der jetzt mittleren Wasserstand hatte, verlief parallel zum rückwärtigen Zaun, vielleicht fünfundzwanzig Meter von den Gebäuden entfernt. Zwischen dem Zaun und dem Kanal lag ein Niemandsland aus Büschen und Schutt.
    Hardy lehnte sich gegen den Zaun, am Ende des drei Meter breiten Korridors zwischen der letzten Reihe Autos und dem Gebäude, und kniff die Augen zusammen. Er hatte sein altes Abzeichen mitgebracht – das war zwar illegal, aber hilfreich – und machte für seine Begriffe kleine Fortschritte mit einem Jungen namens Jeffrey.
    Jeffrey hatte bereits zugegeben, daß er sich gelegentlich mit Ed Cochran unterhalten, ihn demnach also gekannt hatte. Für ihn bestand kein Zweifel – und Hardy fragte sich für einen kurzen Moment, warum –, daß Eddie sich selbst umgebracht hatte. Jeffrey verblüffte es jedoch, daß er mit einer geladenen Pistole aus dem Wagen gekommen und etwa fünfzehn Meter zum Gebäude hinübergegangen war, um sich daran fast anzulehnen und sich dann umzubringen. Das war ein Punkt, den Hardy noch gar nicht in Erwägung gezogen

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