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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Salsa?«
    Sie schaufelte sich eine kleine Portion auf einen Tortillachip und sagte: »Genau wie Mutter sie machte. Sogar noch besser.«
    Die Musik und die Unterhaltung wurden zuweilen dadurch gestört, daß mit leisem Klirren neue Margaritas gemixt wurden, ein ganz und gar nicht unangenehmes Geräusch für einen Borderline-Alkoholiker wie Mario Villalobos. Sein Gesicht rötete sich allmählich.
    »Sind Sie etwa bloß so nett zu mir, damit ich Ihnen bei Ihren Ermittlungen helfe?« fragte sie.
    »Cops sind da wie Basketballspieler«, sagte er. »Wir sind erst mal ganz schnell auf hundert, und dann fallen wir um wie die Sandsäcke. Ich bin nett, weil mir nicht mehr allzu viel Zeit übrigbleibt. Ich liebe weiße Zähne und einen leichten Überbiß.«
    Sie lachte leise in sich hinein und sagte: »Haben Sie eigentlich Kinder?«
    »Zwei Jungen«, sagte er. »Ich kenn 'nen Cop, der heißt Ludwig und hat so große Augen wie Sie. Aber seine sind gelb, und Ihre sind schokoladenbraun.«
    »Gelb? Er muß aussehen wie ein Tier.«
    »Tut er auch«, sagte Mario Villalobos, und dabei wurde er mehr als nur rot. »Alfonso!« rief er dem Kellner zu. »Noch 'n Margarita. N großen!«
    »Leben Ihre Kinder bei Ihnen?«
    »Sie leben bei meiner Exfrau«, sagte er. »Bei meiner ersten Exfrau. Mit meiner zweiten Exfrau hat's nicht so lange gedauert, zu ihrem Glück.«
    »Wie ist das, wenn man Söhne hat?«
    »Ich weiß nicht«, sagte er. »Der eine will nichts von mir wissen. Der andere haßt mich.«
    »Haßt Sie?«
    »Genau, ich bin für ihn ne Art Zielscheibe. Auf diese Weise muß er sich wenigstens nicht selber hassen. Möchten Sie nicht noch 'n Margarita?«
    »Sie sind ein merkwürdiger Mensch.«
    »Was erwarten Sie von 'nem getürkten Mexikaner?« sagte der Detective, und er wurde ziemlich schnell ziemlich betrunken. »Wie gefällt Ihnen diese riesige amerikanische Fahne an der York und Figueroa? Wir sind echte Patrioten, wir Mexikaner. Kein Wunder, daß so viele Tapferkeitsmedaillen an uns verliehen werden.«
    »Okay«, sagte sie. »Erzählen Sie mir endlich, was mit Ihrem spanischen Namen los ist und warum Sie ein getürkter Mexikaner geworden sind.«
    »Erst mal eine Frage: Gibt's da wirklich keine Chance, bei Ihnen zu landen?«
    »Heut abend nicht«, sagte sie lächelnd. »Ich geh anschließend direkt nach Hause zu meiner Tochter.«
    »Na schön, da kann ich mich ja tatsächlich vollaufen lassen und Ihnen erzählen, wie aus mir 'n getürkter Mexikaner geworden ist. Ist ne langweilige Geschichte, aber ich kenn keine bessere. Aber eins kann ich Ihnen verraten: auf armen Bohnenfressern trampeln sie alle rum. Sogar auf getürkten Bohnenfressern …«
    *
    Jane Wayne tauchte nach Feierabend im Anschluß an eine Sitzung im Schönheitssalon bei Leery auf. Sie sah beängstigend nach New Wave aus, als sie in Lederhosen und Stiefeln die Bar betrat, bemalt wie mit Ölfarbe und mit einem Kurzhaarschnitt, der jeden außer dem Schrecklichen Tschechen in blankes Entsetzen versetzte. Er sagte, sie sehe süß und entzückend und allerliebst aus, obgleich sie tatsächlich eher aussah wie Adolf Hitler.
    Sie drückte ein paar harte Rock-Nummern in der Musikbox, und sie und der Schreckliche Tscheche begaben sich auf die Tanzfläche und legten ein paar Punktänze hin, die, als Einlage, auch eine Szene enthielten, in der sie sich scheinbar gegenseitig zusammenschlugen. Die Darbietung endete mit einem erotischen Slow, der alle außer Leery und Ludwig von den Hockern riß, ausgenommen noch Dilford, der froh war, daß seine Zähne nicht mehr klapperten und seine Körpertemperatur wieder halbwegs normal war.
    Das einzige, was den Abend fast ruiniert hätte, war die Tatsache, daß der Rausgeschossene Sittencop aufkreuzte. Er trug diesmal kein Stirnband und keinen Gürtel. Sein langes, strohblondes Haar war in der Mitte gescheitelt und umrahmte weich sein feines Gesicht. Er trug ein altes Armyhemd und verschossene Jeans und Marschstiefel, und er steuerte direkt auf seinen Lieblingshocker zu.
    Bevor er den ersten Schluck von Leerys Hausmarkenwhiskey nahm, sah er Dilford seltsam an, und Dilford dachte, er wüßte schon alles. Aber er konnte es noch nicht gehört haben. Inzwischen zitterte Dilford auch nicht mehr, und Dolly hatte aufgehört, seine Hände mit ihren Händen zu wärmen.
    Dilford wurde seltsam nervös, als der Rausgeschossene Sittencop ihn ansah. Dilford verkündete plötzlich ungefragt und aus heiterem Himmel: »Die Selbstmordrate ist heutzutage

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