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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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wirklich erschreckend.«
    Dolly zog daraus ihrerseits sofort einen völlig unsinnigen Schluß: »Mord ist in Amerika eine der hauptsächlichen Todesursachen bei Kindern.«
    Jane Wayne, die mit dem Schrecklichen Tschechen an die Bar zurückgekehrt war, sagte: »Daß Eltern es fertigbringen, ihre Kinder zu töten, ist das Unmenschlichste, was man sich vorstellen kann.«
    »Kinderporno, Kindermord, Selbstmord«, sagte Cecil Higgins und sah vom Boden seines Glases auf. »Vielleicht ist das das Ende der Welt.«
    Das Komische an der Sache war, daß sie sich nicht etwa gegenseitig anschauten, als sie unaufgefordert diese merkwürdigen Erklärungen in den Raum stellten. Sie starrten vielmehr alle bloß den Rausgeschossenen Sittencop an, der seinerseits unaufhörlich in sein gabelförmig zerteiltes Ebenbild in den Scherben des Barspiegels starrte. Sein Gesicht war grün vom Neonlicht, und sein Spiegelbild ähnelte einem kubistischen Porträt. Seine Augen sahen aus wie Einschußlöcher.
    Der Rausgeschossene Sittencop trank zwei von diesen Hausmarkenwhiskeys, verzog nicht ein einziges Mal das Gesicht, als er sie runterstürzte, zahlte Leery die Rechnung und verschwand ohne jeglichen Kommentar.
    Wie üblich schlich er wie auf Katzenpfoten, eben wie ein Sittencop. Und es sah so aus, als würde er durch den Qualm und die Finsternis hinaus auf den Sunset schweben.
    Als er weg war, sagte der Schreckliche Tscheche: »Ich hab das Gefühl, dieser Sittencop hat sich mit Engelsstaub rausgeschossen. Bestimmt, das is es.«
    »Meinst du?« sagte Dolly. »Ich würd eher glauben, daß er 'n normaler Fixer ist.«
    »Ich glaub, er nimmt Aufputscher«, sagte Jane Wayne.
    »Der kokst«, sagte Dilford. »Die Jungs von den Internen Angelegenheiten werden ihn in den nächsten Tagen bestimmt festnageln.«
    »Nee, das is was anderes«, sagte Cecil Higgins. »Das sieht ganz nach Speed und Marihuana aus. Ganz was anderes.«
    Leery, der nie einen zahlenden Gast zu verurteilen pflegte, sagte: »Solange er seine Rechnung bezahlt, stört mich an dem überhaupt nichts.«
    »Ich kann Cops mit so kaputten Augen nicht leiden«, sagte Cecil Higgins.
    »Er sieht aus wie die Freaks in unserem Revier«, sagte der Schreckliche Tscheche. »Vielleicht ist er ja nur ne Erscheinung. Wenn er das nächste Mal reinkommt, müssen wir Ludwig dazu bringen, daß er ihn beißt. Dann werden wir ja sehen, ob er real is.«
    Jane Wayne sah mit ihrem neuen Putz und ihrem Abend-Makeup nicht gerade real aus, als sie vieldeutig erklärte: »Das ist doch die unmenschlichste Sache, die sich einer vorstellen kann.« Dann sagte sie: »Also gut, wenn das das Ende der Welt ist, laß uns noch mal tanzen, Tscheche.«
    Nach einigen weiteren Drinks dachte niemand mehr über das Ende der Welt oder den Rausgeschossenen Sittencop nach, und allmählich wurden sie alle doch wieder ziemlich normal.

 

    11. KAPITEL
    Schöne Neue Welt
    Wegen Mario Villalobos kamen der Schreckliche Tscheche und Hans am nächsten Morgen in den Detective Squadroom, und sie kamen außerdem nicht in Uniform, sondern in Zivil. Hans hatte einen blauen Freizeitanzug und ein pinkfarbenes Nylonhemd mit einem zartblau getönten Schlips an. Der Schreckliche Tscheche trug eine Sportjacke, die nicht nur aussah, als ob sie mal einem zotteligen Mammut gehört hätte, sondern auch die entsprechende Größe besaß. Sein mächtiger Oberkörper war derart lang, daß ihm der Schlips gerade nur bis zum Brustbein reichte. Er und Hans hatten sich richtig feingemacht und waren Mario Villalobos aushilfsweise zugeteilt worden. Darüber waren sie echt sauer.
    »Ich bin nun mal kein bescheuerter Detective, verdammt«, meckerte der Schreckliche Tscheche den schwarzen Lieutenant der Detectives an, der sich gerade vorzustellen versuchte, wie die Tabelle aussehen würde, wenn San Diego von den Dodgers geschlagen und zugleich Atlanta von Chicago ausgeschaltet werden könnte.
    »Glaubste, ich habe mich um den Job gerissen?« sagte Hans mit seiner Singsangstimme, die dem Schrecklichen Tschechen so früh am Morgen fürchterlich auf die Nerven ging.
    »Eigentlich reicht's mir, wenn ich dir bei Leery zuhören muß, denn da kann ich mir wenigstens 'n Drink bestellen, um dich zu ertragen«, sagte der Schreckliche Tscheche zu dem mageren K-9-Cop.
    »Ich muß Ludwig die ganze Zeit über eingesperrt zu Hause im Hof lassen. Er vermißt mich sehr. Denkst du etwa, ich mach das gern?«
    »Versucht einfach, das Beste daraus zu machen«, sagte der Detective

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