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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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umgebracht worden waren. Als er dann endlich in Amerika angekommen war, hatte er von Vergewaltigung und Raub und Folter und Mord restlos die Schnauze voll, und deshalb hatte er es glatt abgelehnt zu zahlen, als drei Lieutenants eines ehemaligen südvietnamesischen Colonels, dem in Los Angeles inzwischen eine Kette von Lebensmittelgeschäften gehörte, auf den Gedanken gekommen waren, die gründliche militärische Ausbildung, die ihnen Jahre zuvor von der Regierung der Vereinigten Staaten zuteil geworden war, dürfe auf keinen Fall umsonst gewesen sein. Diese Lieutenants waren zu der Überzeugung gekommen, daß sie für die Jahre, in denen alle Versprechungen, die man ihnen gegeben hatte, gebrochen worden waren, und für die endgültige Niederlage ihres Vaterlandes entschädigt werden müßten, und so führten sie dann ihren Guerillakrieg gegen die eigenen Leute, eine Herrschaft des Terrors gegen die Menschen in den vietnamesischen Wohnvierteln. Aber manchmal kam ein störrischer Zeitgenosse wie dieser alterslos wirkende Mann, der restlos die Schnauze voll hatte, eben doch auf die Idee, daß er ihnen die vietnamesische Version einer Nerzdecke aus dem Hause Bijan wenigstens so lange nicht finanzieren sollte, wie seine Familie völlig ohne Decke schlafen mußte. Und der beschloß dann, keine zwanzig Prozent seines Wochenlohnes auszuspucken, bloß damit ihm das Recht zugestanden wurde, zu existieren. Von daher hatte er dann diese tausend Schnittverletzungen.
    Und nach den tausend Schnittverletzungen, so berichtete die jammernde Frau dem Dolmetscher, hatte ihr Mann aufgehört zu arbeiten und auch noch den Rest seines Lebensmutes verloren. Und dann wollte das Baby überhaupt nicht mehr aufhören zu schreien …
    Als dem Vermögensberater aus Beverly Hills, dessen Firmen in diesen Stadtvierteln auch Hausverwaltungsaufgaben übernommen hatten, die Geschichte zu Ohren kam, daß einer seiner namenlosen Mieter wegen Mordes eingesperrt worden war, dachte er sich für seine Kumpane im Prominententreff Polo Lounge einen ausgesprochen widerlichen Witz aus.
    »Einer von unseren Mietern hat sich Monday Night Football im Fernsehen angeguckt«, erzählte er ihnen. »Und anscheinend hat es ihm gefallen, daß unsere Halbstürmer jedesmal, wenn sie ein Tor gemacht haben, mit ihren Spikes vor Freude auf dem Ball rumtrampeln, als ob sie ihn auf den Rasen nageln und durchlöchern und die Luft aus ihm rauslassen wollen. Heute früh hat dieser Spike dann doch tatsächlich versucht, sein eigenes Baby anzunageln und zu durchlöchern und die Luft aus ihm rauszulassen! War 'n totaler Erfolg! Da kann man mal wieder sehen, daß diese Boat-People in Amerika ne Menge lernen können!«
    »Da sagst du wirklich was Wahres, Howard Cosell!« kicherte seine derzeitige Freundin.
    *
    Während Dilford und Dolly am Tatort blieben und den Detectives halfen, fuhren Jane Wayne und Runzel-Ronald weiter Streife. Der verrunzelte Cop war inzwischen hundertprozentig davon überzeugt, daß er durch einen Verkehrsunfall umkommen würde, und er hoffte nur, daß es gnädig und schnell gehen möge. Er war jetzt noch dreiunddreißig Stunden von seiner Pensionierung entfernt.
    Inzwischen sah es ganz danach aus, als seien Jane Waynes Nerven durch den Bericht des Dolmetschers über den alterslos wirkenden Mann schwer angeknackst worden, sowohl wegen des Baby-Spikings als auch wegen der tausend Schnittverletzungen. Ebenso wegen des Annagelns von Hundeköpfen an anderer Leute Wohnungstüren und auch, weil es Leute gab, die Pfoten in Petunien versteckten. Jane Wayne erkannte mehr und mehr, daß sie das alles haßte wie die Pest. Sie war jetzt sechzehn Monate Polizistin, und sie wünschte sich momentan bloß noch, daß sie heute abend in Leerys Saloon gehen und mit Dolly quatschen und sie fragen konnte, ob Baby-Spiking und Pfoten in Petunien nicht auch ihrer Ansicht nach was ganz anderes waren als diese Räuber-und-Gendarm-Spielchen und Autoverfolgungsjagden und diese anderen lustigen Sachen, die sie sich eigentlich immer unter Polizeiarbeit vorgestellt hatte.
    Je länger sie allerdings über all das nachdachte, desto mehr spürte sie, daß sie gar nicht mehr bis heute abend warten konnte. Jane Wayne, deren Make-up sowieso immer viel zu üppig war (weibliche Officers mußten es auf Anordnung des Captains »natürlich« auftragen), merkte plötzlich, daß ihr die Wimperntusche runterlief. Jane Wayne, die den schwarzweißen Streifenwagen fuhr, während Runzel-Ronald sich ausruhte

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