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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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nicht diese spöttischen braunen Augen gehabt hätte, sofort gewußt, daß er ein Cop war.
    »Ich heiß Villalobos.« Der Detective machte lustlos die Jacke auf und ließ kurz die Erkennungsmarke aufblitzen, die an seinem Gürtel befestigt war.
    Oliver Rigby blinzelte durch den Rauch, der von seiner Zigarette und der des Detectives aufstieg und durch die schäbige Lobby zog. Er erkannte den Dienstgrad auf der Marke.
    »Oh, ja, Sir … Sergeant«, sagte er. »Was kann ich für Sie tun? Geht sicher um Missy Moonbeam. Ne traurige Sache, wirklich, ne traurige Sache. Kleines Mädchen in der ersten zarten Blüte. Ne traurige Sache.«
    »Yeah, und was haben Sie da von 'nem weißen Zuhälter geredet?« Der Detective überflog den Bericht, den ein anderer Beamter Samstag abend geschrieben hatte, als Mario Villalobos nicht aufzutreiben gewesen war, weil er es gerade mit einem Groupie aus Chinatown trieb.
    »Ja, ich glaub, ich hab den Typ drüben auf der Western gesehen. Ich geh da jeden Tag hin, um mir die Tipzettel für die Pferderennen zu holen.«
    »Und wieso sind Sie auf die Idee gekommen, daß er Zuhälter gewesen sein könnte?«
    »Toller Nadelstreifenanzug. Ich mein, ich hält ihn letzte Woche mit 'ner Straßennutte auf der Western reden sehen, deshalb kam mir die Idee. Kann's nicht sein, daß er 'n falscher Zuhälter ist und nur so aussieht?«
    »Haben Sie ihn denn auch Samstag abend zusammen mit Missy Moonbeam gesehen?«
    »Nein«, sagte Oliver Rigby, wobei er fast seine obere Gaumenplatte verlor, die er dann gerade noch mit beiden Daumen wieder an ihren Platz zurückdrücken konnte. »Aber ich hab ihn an dem Abend im Aufzug runterkommen sehen. Vielleicht hat er ja bloß jemand besucht.« Dann fügte er schnell hinzu: »Natürlich vermiet ich grundsätzlich nie an Miezen, von denen ich annehmen muß, daß sie die Freier mit hier rauf schleppen. Zimmer für schnelle Nummern gibt's hier nicht. Da läuft bei mir überhaupt nix. Ich will nicht …«
    »Yeah, schon gut«, sagte Mario Villalobos, wobei er auf seine merkwürdige Art seufzte und sich die nächste Zigarette ansteckte.
    »Ich mein, klar, hin und wieder krieg ich zwangsläufig mit, daß 'n paar von den Mädchen aufm Strich anschaffen gehen. Aber solange sie keine Freier mit hier raufschleppen, kratzt es mich nicht. Sie müssen sich wie Ladies benehmen und dürfen keine Freier mit hier raufschleppen. Dieser weiße Zuhälter, dieser lange, schwarzhaarige Kerl, glauben Sie denn etwa nich, daß er Zuhälter war?«
    »Möglich ist alles«, sagte Mario Villalobos. »Aber auf der Western Avenue 'n lebendigen weißen Zuhälter zu treffen, das ist ungefähr genau so ne Seltenheit, als wenn Sie auf Ihrem Dach 'n Nest von 'nem blaufüßigen Tölpelvogel entdecken würden. Wobei mir einfällt, ist diese Tür zum Dach eigentlich immer unverschlossen?«
    »Klar.«
    »Ist das denn nicht gefährlich? Wie der Fall Missy Moonbeam gezeigt hat?«
    »Einige unserer Mieter sitzen gern da oben und genießen die Sonne am …« Er schnippte mit den Fingern im Takt und beendete den Satz singend, nach der Melodie: »… die Sonne am Morgen und der Mond in der Nacht!« Oliver Rigby sah ziemlich enttäuscht aus, als der Detective nicht mal mit einem Grinsen reagierte.
    »Ich frag mich wirklich, wie Sie auf die Idee kommen, daß 'n angeblich falscher Zuhälter was mit der Sache zu tun haben kann.«
    »Weil ich sie kreischen gehört hab. Dann haben draußen die Autobremsen gequietscht, und dann lag sie auf der Straße. Er kam durch die Lobby geschossen.«
    »Mit wem war sie hier im Haus am dicksten befreundet?« erkundigte sich Mario Villalobos.
    »Soweit ich weiß, hatte die Kleine hier im Hotel gar keine Freunde«, sagte Oliver Rigby und steckte sich an der Kippe seiner Zigarette eine neue an, wobei Mario Villalobos sich fragte, wie die Lungen dieses Menschen wohl aussehen würden. »Sie wohnte ja gerade erst, wartense mal, vielleicht sechs Monate hier.«
    »Hatte sie denn was Festes?«
    »N richtigen Zuhälter? Ich sag doch, ich dulde hier keine Nigger. Ich laß diese weißen Miezen hier wohnen, wenn sie sich anständig aufführen. Aber ich sag ihnen immer, ihr könnt auf der Straße machen, was ihr wollt, aber das Wonderland-Hotel is nich der Strich. Ich möchte keinen Ärger mit der Sittenpolizei haben, und ich …«
    »Ich bin überzeugt, daß dieses Hotel haargenau den Moralvorstellungen der Mehrheit der Menschen entspricht«, nickte Mario Villalobos widerwillig und gequält.

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