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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Schwestern aus Omaha, einer Tante in Kansas, einer Klinik für Geschlechtskrankheiten in Hollywood und einem von Straßennutten bevorzugten Auftragsdienst, wie sich später herausstellte. Alles Nummern, die wichtig waren. Die hier war hinten im Buch quer über eine Seite gefetzt worden, und das machte ihn noch stutziger.
    Der Name war Lester. Die Nummer gehörte nicht zum Stadtnetz Los Angeles'. Mario Villalobos wählte sie, bevor er in den Squadroom zurückkehrte, und landete bei der Division of Chemistry and Chemical Engineering des Caltech – des California Institute of Technology in Pasadena, einer der bedeutendsten naturwissenschaftlichen Universitäten Amerikas.
    Mario Villalobos fragte sich, ob Lester irgendein Student oder Professor war, der sich gelegentlich, wenn er die Wissenschaft von früh bis spät satt hatte, in dem Nuttenzimmerchen im vierten Stock ein bißchen an Missy Moonbeams »Kunst« erfreut hatte. Sehr wahrscheinlich allerdings erschien ihm das nicht. Unter keiner anderen wichtigen Telefonnummer stand ein Name. Ein Verwandter? Ein Freund der Familie? Er fragte sich, wie viele Lesters es wohl beim Lehrkörper, unter den Angestellten und bei der Studentenschaft des Caltech geben mochte. Vermutlich aussichtslos und wohl sowieso wertlos. Er hatte kurz beim Caltech angerufen, um den Lieutenant zufriedenzustellen, und das war's dann.
    Bevor er wegging, überprüfte er Missy Moonbeams Garderobe und stellte fest, daß sie Hot pants bevorzugt hatte, die nie aus der Mode kommen, jedenfalls nicht bei den Straßennutten von Hollywood. Und sie besaß drei Paar bis zum Oberschenkel reichende Plastikstiefel: ein Paar rote, ein Paar grüne, ein Paar gelbe. Mario Villalobos vermutete, daß die Tätowierung auf ihrem Bein gerade noch zwischen ihren Hot pants und dem Stiefel rausgucken konnte. Er ersetzte das Siegel des Coroners durch ein neues, das er in seiner Aktentasche hatte. Er warf einen allerletzten Blick auf ihre gelben Plastikstiefel, seufzte gequält über deren erbärmlichen Zustand und schloß das trostlose kleine Zimmer ab.
    Der Squadroom war fast leer, als er die Fallakten in seine Schublade legte. Er beschloß, kurz in das Restaurant am Sunset zu gehen, wo die Cops oft am Zahltag aßen. Es war zwar nicht Zahltag, aber ein gutes Essen brauchte er heute abend dringend. Der Haken bei diesem Restaurant war der, daß es zu nahe am Haus des Jammers lag. Er sagte sich, daß er da nicht unbedingt zwei Nächte nacheinander reinstolpern sollte, vor allem weil er bis jetzt noch keinen Moralischen hatte, keine Anwandlung seiner üblichen Todessehnsucht.
    Also gut, vielleicht würde er auf einen Drink reingucken, bevor er nach Hause ging.
    *
    Auf der Rampart Station gab es am späten Nachmittag, bevor die uniformierten Cops Feierabend machen konnten, gewaltigen Ärger. Und wenn sich der Schreckliche Tscheche auch noch so darüber aufregte, daß einfach die komplette Tagesschicht dabehalten wurde, bis eine Untersuchung der Abteilung für Interne Angelegenheiten abgeschlossen worden war, sie mußten trotzdem alle dableiben. Der Captain und der Lieutenant und die Kopfjäger von den Internen Angelegenheiten hätten sich der Überzeugung des im Umkleideraum herumstampfenden Schrecklichen Tschechen, hier würde maßlos übertrieben und es gebe gar nichts, über das man sich aufregen müßte, bestimmt kaum angeschlossen. Immerhin passierte es nicht jeden Tag, daß ein Cop versuchte, einen Sergeant zu ermorden.
    Den uniformierten Cops war befohlen worden, sich im Gemeinschaftsraum aufzuhalten, während ein Spezialist auf der Suche nach verborgenen Fingerabdrücken auf Befehl der Kopfjäger ihre Spindschränke einstäubte.
    »Niemand hat hier versucht, 'n Sergeant zu ermorden!« donnerte der Schreckliche Tscheche. »Irgend jemand hat 'n bißchen Blödsinn gemacht, das ist alles. Schuld daran ist doch bloß wieder Rose Bird und ihr Supreme Court. Keiner hier im Laden hat auch nur noch 'n Rest von Humor.«
    Nach dem, was passiert war, hatte Sergeant Milo Jones seinen Sinn für Humor todsicher gründlich verloren. Er hatte ihn exakt in dem Moment verloren, in dem der Sicherungsstift aus einer Handgranate rutschte, so daß ihm eine Spindtür ins Gesicht geschleudert wurde und eine Granate, die nie explodierte, ihn direkt ins Krankenhaus expedierte.
    Alle Cops wußten, daß Sergeant Milo Jones ein Spitzel war, praktisch eine Direktleitung, über die den hohen Tieren alles gemeldet wurde, was die Truppe machte. Weil er

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