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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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riß.
    Der andere K-9-Cop und sein Partner, ein kleinerer deutscher Schäferhund, waren ganz wild darauf, auch endlich loslegen zu können. Der Hund hieß Goethe, und er war ein alter Kumpel von Ludwig, schon aus ihrer Zeit im Hamburger Hundezwinger. Sie waren gemeinsam ausgebildet, gemeinsam nach Los Angeles verschifft und von einem Schönheitschirurgen aus Palos Verdes gemeinsam gekauft und dem Police Department geschenkt worden, und seitdem erlebten sie, Seite an Seite, auch ihre weitere Ausbildung gemeinsam.
    Weil die amerikanischen Cops nicht »Goethe« sagen konnten, wurde der deutsche Schäferhund kurzerhand Gertie genannt, was nach Ansicht des Schrecklichen Tschechen für einen männlichen und keineswegs schwulen deutschen Schäferhund ein ziemlich tuntiger Name war. Hans und der andere K-9-Cop trafen sich oft in den verschiedenen Parks in der Innenstadt von Los Angeles, arbeiteten dort mit ihren Hunden, damit sie scharf blieben, und brüllten dabei ununterbrochen deutsche Kommandos, weil die Hunde nur deutsch verstanden. Zur Belohnung für eine gute Trainingsstunde ließen sie die beiden Tiere dann auf dem Rasen herumtollen.
    Ludwig war fünfundzwanzig Pfund schwerer als Gertie, aber Gertie war schneller, und nur zu gern kämpften sie zum Spaß gegeneinander, knurrten sich an, teilten zärtliche Bisse aus und wälzten sich herum wie in ihrer Flegelzeit als Welpen. Vielleicht erinnerten sie sich in ihrem Hundegedächtnis an die schlechten alten Zeiten, als das Wetter gar nicht immer so schön war wie hier, als sie in Zwingern leben mußten und nicht mal, wie jetzt, eigene Herrchen hatten.
    Beim Los Angeles Police Department war man bei der Frage, ob Hunde angeschafft werden sollten oder nicht, lange ziemlich unentschlossen gewesen, weil man immer noch mit dem miesen Image leben mußte, das man den Südstaatencops verdankte, die ihre Hunde seinerzeit bei den Bürgerrechtsunruhen rücksichtslos auf Schwarze gehetzt hatten. Schwarze hatten grundsätzlich große Angst vor den Viechern, unbewußt sicherlich in Erinnerung an die alte Hierarchie Herr-Hund-Sklave und den späteren Einsatz von Hunden bei Demonstrationen. Weiße hatten annähernd genausoviel Angst vor knurrenden Polizeihunden wie Schwarze, Mexikaner dagegen waren meist nicht so bange. Oder, vielleicht auch das, ihr Machismo verbot es ihnen, Angst zu zeigen, wenn sie Hunden Auge in Auge gegenüberstanden. Es war vorgekommen, daß Mexikaner Polizeihunde regelrecht zum Kampf herausgefordert hatten.
    Man hörte immerhin auch noch andere interessante Geschichten. Beispielsweise, daß Polizeihunde dazu neigen, die Charaktereigenschaften ihrer Partner anzunehmen, mit denen sie arbeiten und zusammenleben. Gertie etwa war wie sein Partner, ein energiegeladener junger Cop, drahtig, aktionsfreudig und, wie es auch in der Personalakte stand, offensichtlich etwas zu impulsiv.
    Ludwig dagegen war eher bedächtig, ähnlich wie Hans. Er hatte Einsätze, bei denen was los war, durchaus gern, wollte aber Befehle kriegen, die er kapieren konnte. Ludwig erledigte Hausdurchsuchungen auf eine eher methodische Art und Weise und stellte bei Begegnungen mit Verdächtigen mehr seine Energie als seine feine Nase unter Beweis.
    Gertie war eines Nachts bei der wilden Verfolgung eines Einbrechers von einem Dachfirst zum anderen gesprungen und kurz davor gewesen, das Schicksal eines anderen Hundes zu erleiden, der bei einem solchen Einsatz sein Leben verloren hatte. Ludwig wäre wahrscheinlich stehengeblieben, hätte in die gähnende Betonschlucht gestarrt und sich überlegt, wie, zum Teufel, er die Verfolgung ohne einen solchen Sprung, bei dem er den Tod riskierte, fortsetzen könnte.
    Es gab natürlich noch andere Charakterzüge, die Ludwig von Hans übernommen hatte, beispielsweise dieses Biertrinken, von dem, wenn es nach Hans ging, seine Vorgesetzten möglichst nie was erfahren sollten. Und neuerdings hatten sie auch eine Eigenschaft gemeinsam, von der, wenn es nach Hans ging, möglichst niemand jemals was erfahren durfte. Diese ganz spezielle Eigenschaft war ausgerechnet an diesem Morgen schon sehr früh demonstriert worden.
    Hans war im Dauerlauf zur Rampart Station gerannt, um zu gucken, ob eine bestimmte fuchsrote Protokollführerin gerade Dienst hatte. Während er um das Büro des Officers vom Dienst herumlungerte, hatte Penner-Loomis erschöpft versucht, die Energie aufzubringen, den Telefonhörer abzunehmen und plötzlich gemerkt, daß ihn der riesige Rottweiler aus

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