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Der demokratische Terrorist

Der demokratische Terrorist

Titel: Der demokratische Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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ersetzte. Sobald sich die Hand um den Kolben schloß und die Vorderseite des Kolbens eingedrückt wurde, war die Waffe schußbereit. Lockerte man den Griff, wurde die Waffe sofort gesichert; wenn man sie verlor, war sie gesichert, bevor sie zu Boden fiel. Überdies lag die Pistole stabil und gut in der Hand, die Zielvorrichtung war im Verhältnis zum Griff sehr günstig angebracht, und die Pistole hatte ein ausgezeichnetes Gleichgewicht. Der einzige Nachteil bestand darin, daß man gezwungen war, den Kolben mit sehr festem Griff zu halten, um die Entsicherung aufrechtzuerhalten. Aber das war möglicherweise eine Sache der Gewohnheit. Die Pointe lag auf der Hand und war ein unbezweifelbarer Vorteil: Die Waffe war in dem Moment schußbereit, in dem man sie in die Hand nahm.
    Eine der Übungen, in denen die beiden Gruppen gegeneinander antraten, erinnerte Carl an die Wettbewerbe während seiner fünf Jahre in Kalifornien. Zunächst mußten zweimal fünfzig Liegestütze gemacht werden, dann mußte jeder Teilnehmer durch einen Korridor und wieder zurück laufen, wieder fünfzig Liegestütze absolvieren und unmittelbar darauf acht Schuß auf acht Scheiben abgeben, und das in der kürzestmöglichen Zeit. Das ist eine gute Übung, die den Unterschied zwischen reinem Zielscheibenschießen und der Realität verdeutlicht, in der weder Polizeibeamte, Sicherheitsleute oder Operateure der Nachrichtendienste damit rechnen dürfen, in körperlich entspanntem Zustand schießen zu können. Carl schoß schneller, als es in St. Augustin je einer geschafft hatte, und mit einer Punktzahl, in deren Nähe noch niemand gekommen war.
    Er hatte es zwar nicht anders erwartet, denn es wäre ihm sehr schwer gefallen, zu simulieren und sich schlechter zu machen, als er war. Trotzdem hatte er nicht den Eindruck, daß ihn die Deutschen deswegen weniger mochten. Vielleicht hatten sie doch begriffen, daß es einen Unterschied macht, ob man Polizeibeamter ist, wenn auch in der GSG 9, oder field operator der CIA, bei der sie Carl wohl vermuteten.
    Carl hatte erwogen, sich eine eigene Pistole des deutschen Typs anzuschaffen, nach kurzem Nachdenken aber aus zwei Gründen verzichtet. Erstens war es überflüssig, mit einer deutschen Polizeiwaffe auf sich aufmerksam zu machen. Zweitens war sein Pistolenmodell den meisten anderen in einem entscheidenden Punkt überlegen: Eine Beretta 92 S hat fünfzehn Schuß im Magazin. Mit einem Zusatzmagazin in der Brusttasche ist man für einen kleineren Krieg gerüstet. Was du mit dreißig Schuß nicht schaffen kannst, schafft niemand, wie einer seiner kalifornischen Ausbilder einmal gemeint hatte.
    Die Maschinenpistole der Deutschen war Carl wohlbekannt, eine automatische Waffe, die er selbst auch gewählt hätte, eine Heckler & Koch MP 5. Im Gegensatz zu verschiedenen amerikanischen Waffen, unter denen die schlimmste die unzuverlässige M 16 ist, ist diese deutsche Maschinenpistole stabil und sicher. Nichts klappert, nichts eiert, alle Teile sind genau dort, wo sie hingehören, und die Gefahr einer Ladehemmung ist gleich Null. Außerdem besitzt die Waffe auch bei Einzelschüssen eine erstaunliche hohe Präzision.
    Und dann begann Carl, sich wie ein Kind im Kopenhagener Tivoli oder im Disneyland zu fühlen. Es war den Deutschen offenbar gelungen, ein neues Modell zu entwickeln, das besonders geeignet war, versteckt unter der Kleidung getragen zu werden; die kurze Version der MP 5 ist nur 325 mm lang und 210 mm hoch. Es versteht sich von selbst, daß eine automatische Waffe dieser Größenordnung mit offenen Zielvorrichtungen kaum Präzision gewährleisten kann; die Waffe soll vielmehr auf kurze Entfernung Schnellfeuer ermöglichen. Aber hier war es den Deutschen gelungen, eine neue Zielvorrichtung zu entwikkeln, die so genau war, daß man selbst auf hundert Meter Entfernung Einzelfeuer mit annehmbarer Präzision erreichen konnte. Eine imponierende Waffe, und es bereitete Carl großes Vergnügen, mit ihr zu schießen.
    Eine weitere Variante der gleichen Waffe ist die MP 5SD mit Schalldämpfer, die man mit dem Nachtsichtgerät BIV ausgerüstet hatte. Auf einem abgedunkelten Schießstand, auf dem das Ziel mit bloßem Auge nicht zu ahnen ist, kann man so Serienfeuer aus hundert Meter Entfernung schießen, mit akzeptabler Präzision und in einer Lautstärke, die im Freien aus einer gewissen Entfernung nicht zu hören ist; die Waffe ist so leise, daß man den Schützen nicht orten kann. Überdies besitzt die MP 5SD auch

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