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Der deutsche Goldrausch

Der deutsche Goldrausch

Titel: Der deutsche Goldrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laabs Dirk
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die mit der Umwandlung der Wirtschaft verbunden seien – eine Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland sei aber erst in drei bis vier Jahren möglich. 10 Also nach der nächsten Bundestagswahl. Nach Ostern, kündigt Kohl dann noch an, würde er sich in Ostdeutschland den Menschen stellen. Zunächst fährt er für zwei Wochen nach Bad Hofgastein in Österreich zu seiner alljährlichen Fastenkur.
    20. März 1991, Bonn
    Mittwoch. Der Tag nach der Kabinettssitzung. Im Bonner Büro des Verteidigungsstaatssekretärs Holger Pfahls wird ein kompliziertes Geschäft zum Abschluss gebracht. Pfahls, Mitglied der CSU, ist seit vier Jahren im Bundesverteidigungsministerium, davor hat er zwei Jahre lang als Präsident das Bundesamt für Verfassungsschutz geleitet. Bis dahin war der ehemalige Staatsanwalt in verschiedenen führenden Funktionen für seinen Entdecker, Franz Josef Strauß, tätig. Heute kann Pfahls nach einem langen Prozess ein Geschäft abschließen.
    Die Firma Thyssen-Henschel hatte, unter anderem im Zuge des Golfkrieges, ein großes Geschäft an der Angel: Das Königreich Saudi-Arabien will für seine Armee 36 ABC-Spürpanzer Fuchs kaufen. Da die Firma nicht so schnell liefern kann, soll die Bundeswehr ihre Panzer in der Zwischenzeit an Saudi-Arabien abgeben. Thyssen-Henschel will die Panzer dann später für die Bundeswehr gleichsam nachbauen. Seit mehreren Monaten hat Pfahls die Bundesregierung, Parlamentarier und Bundesbeamte bearbeitet, um dieses Geschäft zustande bringen zu können – immerhin sollten Bestände der Bundeswehr in ein anderes Land verkauft werden. Heute nun kann er notieren: »TSK Heer stellt der FA. 10 TPz ABC kurzfristig innerhalb
von 14 Tagen – sowie 26 TPz (Basismodelle) als Sachdarlehen zur Verfügung.« 11 Das Ende des Golfkrieges ist zu diesem Zeitpunkt bereits absehbar.
    23. März 1991, Berlin
    Die PDS versucht auf den Protestzug aufzuspringen und organisiert vor der Treuhand am Alexanderplatz eine Demonstration gegen die Politik der Anstalt. Mehrere Zehntausend Menschen kommen auch zu dieser Veranstaltung.
    Detlef Scheunert, der inzwischen fast sieben Monate bei der Treuhand arbeitet, kommt die Lage »immer bedrohlicher« vor. Er guckt, eher instinktiv, über die Schulter, wenn er nachts sein Büro verlässt. Er hat in einer Arbeitsgruppe fast rund um die Uhr damit zu tun, für seinen Vorstand Klaus-Peter Wild herauszufinden, was die ehemaligen DDR-Staatsbetriebe wirklich wert sind und wie viele Liquiditätskredite die Firmen brauchen werden. Ein Leitfaden wird entwickelt, den man den Betrieben vorlegt.
    Trotz all der Arbeit entgeht Scheunert nicht, dass Morddrohungen bei der Treuhand eingehen. Regelmäßig. Meist sind es Drohbriefe, die bei den Sekretärinnen landen. Vor allem der Chef der Anstalt, Detlev Karsten Rohwedder, wird persönlich bedroht. Am Alexanderplatz 6 versucht man Ruhe zu bewahren. Scheunert selber sieht sich als einer der wenigen Ostdeutschen in der Nähe des Vorstandes nicht in Gefahr: »Man wurde eher beschimpft nach dem Motto: ›Wie kannst du hier mitmachen, und wie kannst du dich hergeben dafür? Hast du denn überhaupt keine Ehre im Leib?‹ Solche Sprüche musste ich mir anhören. Wir rechneten dann mit massiveren Protesten, so wie 1989 gegen die DDR-Machthaber. Wir dachten, dass hier irgendwann eine Million Leute auf dem Alexanderplatz stehen.«
    25. März 1991, Leipzig
    Eine Million Menschen sind es nicht, die sich erneut in Leipzig treffen. Aber diesmal protestieren schon 80 000. Das Fernsehen berichtet am Abend in Sondersendungen. Die Demonstranten sind aufgebracht. SPD-Spitzenpolitiker reisen nach Leipzig, ebenso Gewerkschaftler aus dem Westen. Vertreter der CDU sind nicht gekommen. Der Oberbürgermeister von Dresden, Hinrich Lehmann-Grube, der aus Hannover stammt, nimmt die Bundesregierung in Schutz: Die SED habe die Misere angerichtet. Er wird gellend ausgepfiffen.
Es dämmert bereits. Eine Frau, Mitte vierzig, graue Windjacke mit vielen Reißverschlüssen, sagt einem NDR-Team: »Wir haben so das Gefühl, als wenn se warten, bis wir ganz und gar unten sind, nichts mehr wert sind, und dann sacken se uns ein, für nüscht und wieder nüscht.« Ein Mann, zurückgekämmtes Haar, schimpft in eine andere Kamera: »Das is ’ne große Katastrophe. Honecker machen sie verantwortlich für die, die an der Mauer gestorben sind, dann muss jetzt Kohl verantwortlich gemacht werden für die, die sich selber aufhängen, weil sie nicht

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