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Der deutsche Goldrausch

Der deutsche Goldrausch

Titel: Der deutsche Goldrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laabs Dirk
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beim Präsidenten der Treuhand ist die Bundesministerin für Frauen und Jugend, Angela Merkel. Sie bringt ihm einen Strauß Blumen vorbei, um sich bei ihm für seine Arbeit zu bedanken. 17

    Bevor er die Ministerin empfängt, bittet Rohwedder seinen Vorstand Klaus-Peter Wild, sich eine Lösung für das Kombinat Carl Zeiss Jena einfallen zu lassen. Noch hat sich kein Investor für das Unternehmen gefunden, 27 000 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. »Rohwedder sagte zu mir: ›Herr Wild, drei Dinge gehören zum Stolz der DDR, die dürfen nicht untergehen. Das ist die Leipziger Messe, das ist das Meißener Porzellan und das ist Zeiss Jena. Überlegen Sie sich etwas und rufen Sie mich Ostern noch mal an.‹«
    Rohwedder steht inzwischen in Kontakt mit dem Hamburger Journalisten Franz Wauschkuhn. Der soll ein weiterer Pressesprecher der Treuhand werden, damit man das Image der Treuhand in den Griff bekommt. Wauschkuhn telefoniert mit Rohwedder am Mittwoch vor Ostern am späten Abend. Er sitzt dabei auf der Treppe seines Hauses und blickt auf die Elbe: »Das war das längste Gespräch, glaub ich, das ich am Telefon geführt hab. Da klagte er mir sein Leid über die Politik, über das Unverständnis in Bonn, sowohl von Kohl als auch von der SPD. Er klagte natürlich auch über den Widerstand der Industrie. Ich konnte mich auch, genau so wie Rohwedder, nicht des Eindrucks erwehren, dass die schlechte Presse, die die Treuhandanstalt und er hatten, im Wesentlichen darauf beruhte, dass die großen Zeitungsverlage ihn drücken wollten. Die SED-Parteizeitungen hatten wunderbare Auflagen. Zum Beispiel die ›Sächsische Zeitung‹ hatte damals eine Auflage von 450 000 Abo-Exemplaren. Herr Rohwedder aber sagte: ›Wir wollen keine Monopole, wie wir sie in Westdeutschland haben. Wir wollen freie Presseunternehmen haben, und deshalb wünschen wir, dass wir eine Investorensuche durchführen, die ganz neutral ist.‹« 18
    Wauschkuhn trifft Rohwedder in dieser Zeit zwei Mal, einmal privat in Berlin und einmal offiziell: »Da hat er gesagt: ›Ich kriege von Herrn Waigel keine richtige Unterstützung. Ich muss hier die Drecksarbeit machen, und Bonn hält sich völlig raus. Wir sind hier die Leute, die quasi das Vehikel sind, um aufzuräumen.‹ Er fühlte sich eigentlich von Bonn im Stich gelassen. Er war ja ein Mann von wirklich großer persönlicher Stärke. Ich kannte ihn aus dem Jahr 1970, als er noch Staatssekretär war in Bonn. Das war ein Menschenfänger, ein bravouröser Manager, der an und für sich keine Angst hatte. Das war eben das Erschreckende, dass ich bemerkte, dass er im Unterton Angst ausstrahlte. Offensichtlich hat er gefühlt, dass sich da etwas gegen ihn zusammenbraut.«
    Am Gründonnerstag telefonieren die beiden noch einmal – und da scheint sich Rohwedders Stimmung schon wieder aufgehellt zu haben.
    29. März 1991, Berlin
    Karfreitag. Drei Uhr am Morgen. Zwei Brandsätze explodieren im ersten Stock der Berliner Treuhand-Niederlassung in der Schneeglöckchenstraße in Prenzlauer Berg. Zwei Büros brennen aus. Die Polizei kann zwei weitere Brandsätze entschärfen.
    Einen Tag später, am Ostersonnabend, geht ein Bekennerschreiben im Berliner Büro der Deutschen Presseagentur (dpa) ein. Eine Gruppe, die sich »Thomas Münzers Wilder Haufen« 19 nennt, behauptet in dem Schreiben, den Anschlag begangen zu haben:
    »Sie haben dem Volk die Stimme geraubt und haben
an seiner statt das Geld zum Herrgott gesetzt.«
    (Thomas Münzer)
    Die Treuhand – sie ist die neue Superbehörde schlechthin, nach der Annexion der DDR. Rohwedder, der eigentliche Herrscher des Ostens, hat sich um die Interessen des westdeutschen Großkapitals – Deutsche Bank, Bayer, VEBA, Thyssen, Siemens und wie sie alle heißen  – verdient gemacht. Er hat die DDR-Industrie und Landwirtschaft im Auftrage der Herrn aus Bonn kaputtsanieren lassen: »Abwickeln«, wie es in der Amtssprache des Finanzministers Waigel heißt. Derselben Sprache und derselben Worte bedienten sich die Nazis, um das jüdische Kapital zu »arisieren« …
    Das westdeutsche Kapital hat kein Interesse an mehr Produktionskapazitäten, deshalb ist der eigentliche Auftrag der Superbehörde Treuhand, so viel wie möglich kaputtzuschlagen. Wir wollen dem nicht tatenlos zusehen und haben der Berliner Zweigstelle der Treuhand einen feurigen Besuch abgestattet. Wir haben die Zimmer der Abteilung Finanzen, Wirtschaft und Recht in Brand gesetzt. Zuvor haben wir etliche Akten und

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