Der Diamant des Salomon
Als Harry ins Hotel kam, erfuhr er, daß David Leslau schon zwei m al angerufen hatte, ohne allerdings eine Num m er zu hinterlassen. Der Archäolo g e wollte sich später wie d er m elden. Und dann war da noch ein Anruf von einem Monsignore Peter Harrington aus Rom gewesen.
Harry rief Peter sofort zurück, aber im Vatikanisc h en Museum w a r nur zu erfahren, daß Monsignore H arrington den Nach m i ttag über außer Haus sei.
Nach d e m Anruf nahm sich Harry den Granat vor und polierte gut zwei Stunden d a ran heru m . Langsam begann er zu glänzen wie ein übergroßer, dunkler Blutstropfen. Als das Telefon klingelte, überlegte er sich g erade, ob er Ta m ar den Granat ungefaßt gleich geben oder ob er ihn ihr, als Brosche gefaßt, aus New York schicken sollte.
Leslau war am Apparat.
» W as gibt’s Neues, David ? «
»Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht.«
»Haben Sie die genisa gefunden ? «
»Das ist die schlec h te N achricht.«
»Mist. Gibt es da üb e rhaupt noch eine gute ? «
»Rachel hat gerade ihr get bekommen, sie ist j e tzt e i n e geschiedene Frau. W i r wollen heiraten, sobald es gesetzlich geht, also in etwa neunzig Tagen.«
»Na, wenn das keine g u te Nachric h t ist. M a sel-t o w. «
»Danke. W ü rden Sie m it uns zusam m en zu Ab e nd essen und ein wenig feiern ? «
»Gerne. Ich bringe eine Freundin m it«, sagte Harry.
Auch wenn Rachel Silitsky ihre Schwierigkeiten überwunden hatte, hatte das nichts an ihrer orthodoxen Einstellung geändert. Ihr zuliebe gingen sie in ein kosch e res Re s t aurant, wo auf d er Theke, hinter d er die Köche das Essen zubereiteten, eine lange Reihe von Gläsern m it eingelegten E i ern stand. Bald plauderten die vier so unbeschwert m iteinander, als wären sie alte Freunde.
Leslau rea g ierte auf die Nachricht über das möglic h e Scheitern des Dia m antenkaufs m it stoischer Ruhe. »Die Grabung ist ver m utlich auch ein Reinfall. Bisher haben wir nicht die geringste Spur von unserem Schatz gefunden.«
» W äre es möglich, daß es die s en S c hatz in W i rklichk e it nicht g i bt?« fragte Rachel.
Leslau legte seine Hand auf d i e ihre. »Es gibt ihn, m eine Liebe, ich kann ihn direkt spüren. Aber diese schlauen mamser haben ihn vor so langer Z eit so raffiniert versteckt, da m it wir ihn nicht finden können.«
»Viell e icht haben wir irgend e t was in d er Sc h ri f tr o lle übersehen«, sagte Harry. »Einen Schlüssel, der uns m it einem W ort alle k ryptis c hen Stellen entr ä t s e lt. Es gibt so viele Zahlen in dem Text – Maßangaben, die Anzahl von Objekten und so weiter. Vie l leicht wendeten die Autoren der Schri f tr o lle d i e Gematria a n ?«
» W as ist denn das ? « fragte Ta m ar.
»Das ist eine uralte jüd i sche Verschlüsselungsmethode«, erklärte Harry. »Jeder Buchstabe im Alphabet erhält ei n en Zahlenwert – aleph ist eins, bet i s t zw ei, gimel ist drei und so weiter, wobei Ko m b i nationen von Buchstaben größere Zahlen zugeordnet bekommen. Die Gelehrten erfanden die Gematria, um da m it die Bibel m ystisch interp re ti e ren zu können, und sie haben da m it unglaublich ko m plexe Dinge ge m acht. Als ich auf der Jeschiwa w ar, haben wir m it einfachen Bei s pielen her u mgespielt. Neh m en wir doch ein m al deinen Na m en, Ta m ar. In Zahlen ausgedrückt, hat e r den W ert sechshundertvierzig. W i r könnten jetzt im sechshundertvierzigsten Vers der Bibel nachschlagen und schauen, ob dort etwas steht, das speziell auf dich bezogen ist.«
Ta m ar schnitt eine Gri m asse, und die anderen lachten.
»Oder ich gebe euch ein besseres Beispiel. Das Buch Genesis hat genau eintausendfünfhundertvierunddreißig Verse. In d e r Jesc h iwa m erkten wir uns diese Zahl durch den Ausdruck ach ladhashem, denn dessen Buchstaben ergeben genau den nu m erischen Wert tausendfünfhundertvierunddreißig.
Oder neh m t herajon, das hebräische W ort für Schwangerschaft. E s hat den nu m erischen Wert zweihundertsiebzig. Und neun Monate dauert es, bi s e i n K i n d au sge t ra g en ist, nicht w ahr? Der Sonn e n m onat hat dreißig Tage, und neun davon zweihundertundsiebzig, und das ist, auf Buchstaben zurückgerechnet, das W ort herajon. «
»In der Schriftrolle gibt es keine Gematria «, knurrte Leslau. » Gematria wur d e er s t z u r Z eit d er Ka b bali s ten in größerem Umfang eingesetzt, Hunderte von Jahren, nachdem man die Schätze des Te m pels versteckt hatte.«
»Manch m al führen die Leute,
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