Der Diamant des Salomon
warf den Kopf zurück und richtete die Augen, wie die anderen Tänzer auch, hi nauf zum Him m el. Erst als er sich s chlie ß lich lachend und außer Atem aus dem K r eis lö s t e, er k annte ihn Ta m ar.
»Major Michael m an«, rief sie. »Dov Michael m an!«
Er hörte sie, sah sie an, und sein Lächeln erstarb. Es schien zu zerbröckeln und m achte einem Au s druck von tiefem Sch m erz Platz, der Ta m ar wie eine Gewehrkugel durch den Körper fuhr. Sie wußte sofort, was geschehen war.
* * *
Hunderte wurden bei dem feierlichen Heldenbegräbnis auf dem Jerusale m er Militärfri e dhof beigesetzt. Moshe Dajan und Israels oberster Rabbi Shlo m o Goren hielten die Traueransprachen. Ta m ar sah zwar, wie sich ihre Lippen bewegten, aber sie hörte nicht, was sie sagten.
Während der sc h i we, der Tra u erwoche, ka m en Yoels Eltern in die Wohnung und saßen ohne Schuhe wie geläh m t da, antworteten einsilbig, wenn m an sie ansprach, und zogen sich jeden Tag bei S onnenuntergang gegenseitig hinaus, um am nächsten Morgen wiederzukommen. Ta m ars eigene F a m ilie kam von Rosh Ha’ayin, aber am dritten Tag wurde ya abba schwach, und er begann zu trinken. Als a m Ende der Tra u erperiode schließlich alle nach Hause gingen und nicht wiederka m en, war Ta m ar die Stille hoch w illkom m en.
Recht schnell kam der S check von der Versicherung über zehntausend Pfund. Die Regierung küm m erte sich um alles, was die Gefallenen betraf, bis hin zu den Beileidsbriefen vom M ilit ä rseelsorger und vom Oberbefehlshaber der Fallschir m jäger, General E l azar, der Ta m ar die näheren U m stände von Yoels Tod m itteilte und ihren Mann postum zum Major beförderte. Sie gab die Briefe Yoels Vater, der sie einrah m t e und sie in seinem dunklen, kleinen Möbelgeschäft über den Schreibtisch hängte, an dem er seine Buchführung m achte und seine Rechnungen schrieb.
Ta m ar brachte das Geld von der Versicherung auf die Bank und ließ m onatlich fünfzig Pfund an ihre Fa m ilie überweisen.
Sie wollte e s nicht akz e pti e ren, daß sie überall, wo sie hinschaute, lebende Menschen sah, während Yoel tot war. Die W ohnung erschien ihr jetzt als sinnloser Luxus für eine einzelne Person, und sie beschloß, das Geld dafür Yoels Eltern zurückzugeben, die es gut brauchen konnten. Bevor sie es sich wieder anders überlegen konnte, gab sie eine Anzeige auf. Gute B e hausungen waren gefragt, und so konnte T a m ar die Wohnung praktisch sofort verkaufen.
Ein paar Tage danach lud sie Mr. Strauss zum Mittagessen ein. Als sie das Restaurant verließen, erklärte sie ihm ruhig den Stand der Dinge und versuchte, ihm den Scheck zu geben, aber der alte Mann stand m it zittern d em Mund da und starrte sie aus feuchten Augen an, während seine Hände etwas wegzuschieben schienen, was nicht da war.
Schließlich floh er vor ihr; ein m üder alter Mann, der die Jaffa Road hinuntereilte.
Ta m ar verstand. Herr und Frau Strauss hatten wohl den Eindruck, daß dieses B l utgeld von immer neuen Toten ständig zu ihnen zurückkehrt e . Aber trotzdem gehörte es ihnen. Also ging sie zur Bank, eröffnete m it dem Geld ein Sparbuch auf den N a m e n von Yoels Eltern und schickte es ihnen.
Die neuen Eigentü m er der W ohnung wollten, daß sie so bald wie möglich auszog, aber Jerusalem war überfüllt und die Mieten unverschä m t hoch. Es war nicht leicht für Ta m ar, ein passendes Z i m m er zu finden. An ihrem freien Tag ging sie auf W ohnungssuche. In den Gesichtern auf den Straßen lag im m er noch jener m ilde Ausdruck der Freude über das eigene Überleben, und je näher Ta m ar der Altstadt kam, desto depri m ierter wurde s i e. In der Via Dolorosa ging sie in einen Andenkenladen, der, wie ein großes Schild über dem Eingang verkündete, einem gewissen ABDULLA HEIKAL gehörte und in dem ganze Heerscharen von Jesusen m it gesenkten Köpfen an unzähligen Kreuzen aus Olivenholz h i ngen. Von einem billigen, stockfleckigen Druck, der wohl noch aus einem anderen Krieg stam m t e, grinste ein zäh n efletschen d er Nasser auf zwei in Beduinentücher gehüllte Männer herab, die sich in einem erbitterten Streit zu befinden schienen. S chließlich seufzte einer von ihnen gott e rgeben und hielt seine Handflächen nach oben. Die beiden grinsten, schlugen ein, und der Mann, der nachgegeben hatte, nickte und stürzte hinaus.
» W as darf’s sein ? «
Eigentlich nichts, antw o rt e te Ta m ar, einem I m puls f olgend, auf arabisch,
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