Der Diamant des Salomon
e ben wollte, gehorchten ihm seine Hände nicht mehr.
Auf einmal hörte Julius von draußen Geräusche, und als er aus dem Fenster blickte, sah er, daß sich auf der Straße eine Menschenmenge vorbeischob.
»Was ist denn da draußen los?« f r ag t e e r d en Wachso l daten vor seiner Tür.
»Sie wollen zum Spektakel, zum Glaubensakt. D a gibt es was zu sehen.« Der junge Soldat sah Vidal hoffnungsvoll an.
»Sie haben wohl kein I n teresse daran, Señor?«
»Nein«, antwortete Julius.
Er ging zurück ins Zi m m er und arbeitete weiter an dem Diamanten. Später wußte er nicht m ehr genau, weshalb er sich dann doch anders entsc h ieden hatte. Wollte er nur Zeuge des schlimmen T reibens werden, oder w ar etwas Gifti g es in ihm aufgebrochen, das ihm das Böse auf ei n mal ebenso faszi n i erend erscheinen hatte las s en wie den Leuten, die er verac h t ete. Was es a uch war, er öffnete di e Tür.
»Laß uns hingehen und es uns ansehen«, sagte er.
Als Vidal und der Soldat den Platz vor der Kathedrale erreichten, kam dort gerade die Spitze der Prozession an.
Zivilisten mit Piken und Musketen gingen voran.
»Das sind die Kohlenhändler«, sagte der Soldat. »Sie werden geehrt, weil sie das Holz liefern, auf dem die Kriminellen verbrannt w erden.« Der Soldat war guter Stimmung, weil er nun doch noch dem Auto da Fé beiwohnen konnte.
Estabán de Costa, der Graf von León, der das Banner der Inquisition trug, führte eine Abordnung von Adligen an.
Hinter ihnen schritten ein paar Mönche, die ein großes, weißes Kreuz trugen. Danach kamen an die z w anzig barfüßige Gefangene, nach Männern und Frauen getrennt, alle in g e l b e sanbenitos gekleidet, auf welche man vorn und hinten rote Kreuze gemalt hatte. Hinter ihnen schlurften in w e iß e n sanbenitos, auf denen Teufel und Flammen abgebildet waren, zwei Männer und eine Frau, die drei zum Tode Verurt e i lten. Die Frau in mittleren J a hren hatte wirres Haar und starrte mit gla s igen Augen vor sich hin. Sie konnte kaum mehr gehen. Einer der Männer, der fast noch ein Junge war, hatte ein e n Knebel im Mund, der aussah wie eine Kandare im Maul eines Pferds. Der dritte Verurteilte hielt beim Gehen die Augen fest geschlossen.
»Warum ist der Junge geknebelt?«
»Er ist ein Sünder, der keine Reue zeigt, Señor. Man hat Angst, daß er den Glaubensakt durch seine Blasphemien entweihen könnte.«
Die schwarz-weiß unifo rm ierten Wa c hen der In q uisitio n , die ein mit schwarzem Krepp bezogenes, grünes Kreuz trugen, bildeten den Schluß der offiziellen Prozession.
Dahinter drängte die Menge auf den Platz.
Direkt vor der Kathedrale waren ein hölzernes Podest und ein Gerüst mit drei Pfählen errichtet worden. Die Dominikaner kletterten auf das Podest und begannen, noch während sich der Platz mit Menschen füllte, ei n e Messe zu lesen. Manche Leute murmelten die Gebete mit, während andere sich auf dem Markt Essen und Getränke kauften.
Nach der Messe wurden die Namen der nicht zum Tode verurteilten Verbrecher ve r lesen. Wenn sein Name genannt wurde, mußte ein jeder von ihnen zum Zeichen seiner Schande eine nicht brennende Kerze in die Höhe halten.
Die drei Ve r urteilten wurden zu den Pfählen geführt und festgebunden, woraufhin ein e r der Inquisitoren ihre Verbrechen verlas. Teresa und Gil de Lanuza waren Mutter und Sohn, erneut sündig gewordene Ketzer, die der Vorbereitung einer Kindsbeschneidung für schuldig befunden worden waren. Die Frau hatte ein Geständnis abgelegt, aber ihr Sohn hatte das nicht getan. D er zweite Mann hieß Bernardo Ferrer und hatte sich der Sodomie schuldig gemacht.
Ei n Raune n lie f durc h di e Menge , al s eine r d e r Henker hinte r Ter es a d e Lanuz a trat , ih r ein e garrott a u m de n Hals legt e un d s i e erd r ossel t e . Ei n paa r Aug e nblick e lan g verzerrt e sic h da s Gesich t de r Fra u vo r Schmerz , dan n wa r sie tot . Dan n s t iege n dre i Dom i nikan e r mi t brennende n Fackel n vo n ihre m Podest . Eine r nac h de m andere n blieben si e vo r Gi l d e Lanu z a stehe n un d redete n au f ih n ein , bevor si e ih m di e Flamm e ihre r Facke l dich t vor s Gesich t hielten.
»Sie versuchen, ihn zu bekehren«, murmelte der Soldat.
»Sie zeigen ihm die Flammen.«
Soga r vo n s eine m wei t e ntfer n te n P l at z au s konnt e Vidal erkennen , wi e ei n Zitter n de n Körpe r de s Ketzer s durchlief.
Einer der Mönche nahm ihm den Knebel aus dem Mund, und der Junge keuchte. Der Mönch
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