Der Dieb der Finsternis
noch?« KC versuchte, sich zu zügeln.
»Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, war er noch unter uns«, erwiderte Iblis.
»Du erbärmlicher Kerl.«
»Und du bist erwachsen geworden.« Iblis ließ den Blick über KCs Figur schweifen. »Eine richtige Frau ist aus dir geworden. Ich nehme an, das macht dich noch gefährlicher.«
KC versuchte, nicht vom Thema abzukommen, aber es gelang ihr nicht. »Du hast mich ins Gefängnis verfrachtet, damit ich da verrecke.«
»Nein, das habe ich nicht«, widersprach Iblis. »Es war auch nicht meine Idee.«
»Du hast es aber zugelassen.«
Iblis zog eine Visitenkarte aus der Hosentasche und reichte sie KC. »Kommt dir diese Karte bekannt vor?«
KC schaute auf die Visitenkarte von Stephen Kelley, die Michael ihr gegeben hatte für den Fall, dass Cindy Rat brauchte, um ihre eigene Übernahmefirma zu gründen.
»Ich hatte keine Ahnung, warum du die Visitenkarte eines Bostoner Rechtsanwalts mit dir herumschleppst, aber ich habe sie zusammen mit Informationen über eure Inhaftierung und die anstehenden Hinrichtungen nach Rom geschickt. Ich dachte mir, dass der Vatikan sich diplomatisch einschalten würde. Konnte mir nicht vorstellen, dass man dort großartig Sympathie für eine Diebin wie dich aufbringt, aber wenn einer ihrer eigenen Leutchen, ein Priester, hingerichtet werden soll, erweckt das eher Mitgefühl und veranlasst die Leute, aktiv zu werden.«
»Das macht keinen Sinn.«
»Oh, und ob das Sinn macht! Ich brauchte deine Hilfe, um an die Piri-Reis-Karte und den Caduceus heranzukommen. Und wie hättest du mir helfen sollen, wenn du tot gewesen wärst?«
»Bildest du dir etwa ein, du hättest mich gerettet?«
»Wie dem auch sei, ich bin froh, dass du jetzt vor mir stehst und sehr lebendig wirkst. Ob der Vatikan dir nun geholfen hat oder nicht, KC – ich konnte mir eh nicht vorstellen, dass man dich längere Zeit gefangen hält.«
KC konnte nicht glauben, dass Iblis etwas getan hatte, um sie zu retten, aber es war die einzige Erklärung: Jemand hatte dem Vatikan einen Hinweis zukommen lassen, und nur eine Hand voll Menschen hatten überhaupt gewusst, dass man sie ins Gefängnis geworfen und ihre Hinrichtung angesetzt hatte.
»Darf ich mir den Stab ansehen?« Iblis zeigte mit dem Finger auf die Lederrolle, die über KCs Schulter hing.
»Welche Garantie habe ich, dass du Cindy und Simon nicht tötest?«
»Ich habe dir mein Wort gegeben.«
»Was weniger wert ist als nichts.«
»Trotz der Gefühle, die du mir gegenüber hegst, KC, bist du für mich das einzig Gute auf der Welt.« Iblis hielt inne und beobachtete die Leute, die an ihnen vorüberzogen. Für den Bruchteil einer Sekunde flackerte irgendetwas in seinen Augen. »Ich sehe einen Teil von mir selbst in dir.«
»Ich bin nicht wie du«, entgegnete KC voller Abscheu. »Du bist ein Mörder.«
»Du bist mir sehr viel ähnlicher, als dir bewusst ist.« Iblis nickte. »Sag mir, dass du mich nicht auf der Stelle töten würdest, wenn du damit deine Schwester retten könntest.«
»Ich würde dir ohne Bedenken das Leben nehmen, um ihres zu retten, aber ich würde niemals jemanden töten, um mich persönlich zu bereichern.« KC musterte ihn angewidert. »Dir bereitet das Vergnügen.«
»Das stimmt nicht. Ich fühle nichts, wenn ich töte. Ich habe niemals Reue empfunden oder auch nur Bedauern. Und weißt du, warum? Weil ich noch nie etwas gefühlt habe. Ich sage das nicht, um Mitleid zu erregen, ich sage es nur, weil ich einfach nichts empfinden kann, es sei denn, es geht um dich.«
Schockiert stand KC da. Ihre Furcht wurde mit jedem seiner Worte größer.
»Ich verstecke mich nicht hinter irgendwelchen Illusionen. Tatsache ist, dass ich ehrlicher mit dir bin als du selbst. Du bist eine Diebin, KC, du lebst außerhalb von Recht und Ordnung. In welchem Maß, tut nichts zur Sache. Du bist eine Diebin – vergiss das nicht, wenn du mich verurteilst. Du hattest Gefallen an dem, was ich dir beibringen konnte, als du es gebraucht hast.«
»Das war zu einer Zeit, als ich noch nicht wusste, was für ein Mensch du in Wahrheit bist.«
»Und was für ein Mensch bin ich?«
»Du bist die personifizierte Schlechtigkeit. Du hast kein Gewissen, keine Seele.«
»Warum arbeitest du nicht für mich?« Iblis lächelte und ging über ihre Worte einfach hinweg. »Oder mit mir? Wir waren ein gutes Team.«
»Was willst du mit dem hier?« KC beachtete seine Worte nicht, wies stattdessen auf die Lederrolle.
»Der Stab ist nicht für
Weitere Kostenlose Bücher