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Der Dieb der Finsternis

Der Dieb der Finsternis

Titel: Der Dieb der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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diese Weise machte er weiter bis zum fünften und letzten Funktionsriegel.
    Michael äugte zu Busch hinüber. Beide grinsten.
    Michael stand auf. Während er mit der rechten Hand das Einstellrad packte und damit die Funktionsriegel in Stellung hielt, legte er die linke Hand auf den Griff. Nach einem sanften Stoß begann der Stahlgriff sich zu drehen.
    Plötzlich erstarrte Michael, als ein schrilles, rhythmisches Heulen einsetzte. Er kam von der anderen Seite der Tür, aus dem Innern des Raums.
    »Cindy?«
    »Was ist das für ein Geräusch, Michael?«
    Busch drehte sich zu Michael um, sagte aber nichts, als er sah, dass die innere Anspannung seines Freundes wuchs.
    »Hör mir jetzt gut zu, Cindy! Sieh dich ganz schnell um! Folge dem Geräusch! Du musst mir sagen, wo es herkommt.«
    »Iblis würde das alles hier doch nicht in die Luft jagen, oder?« Busch drehte sich um die eigene Achse und blickte den Korridor hinunter in die Richtung, in der sich die unersetzlichen Kunstwerke befanden.
    »Nein«, erwiderte Michael. »Die Explosion wird auf den Tresorraum beschränkt bleiben. Aber das reicht völlig, um Cindy und Simon zu töten.«
***
    KC starrte Iblis an. Sie und Michael waren geradewegs in eine Falle getappt.
    »An meinen Wachen vorbeizukommen war sicher einfach, nicht wahr? Mein privates Refugium zu finden, wo ich meine Kunstwerke aufbewahre, dürfte eine weitaus größere Herausforderung dargestellt haben. Aber wenn er wirklich ein so guter Dieb ist, wie du glaubst, wird er die Alarmsysteme umgehen, und das wird ihn zu dem letzten Hindernis führen, das ihn noch von deiner Schwester trennt. Er wird zuversichtlich sein, weil bisher alles so wunderbar geklappt hat. Deshalb wird er in die simpelste Falle tappen, die es gibt.
    Die Bombe besteht aus Semtex. Der Sprengstoff steckt in einer Ummantelung aus Rasierklingen und Nägeln. Die Bombe wird ihn verbrennen und zerfetzen. Und das alles ist deine Schuld. Wenn du mir vertraut hättest, hätte ich sie gehen lassen. Ich hätte sogar Simon gehen lassen, wenn du mich nicht betrogen hättest.«
    Mit einem Griff zog KC ihr Mobiltelefon aus der Tasche.
    »Die Mühe kannst du dir sparen«, meinte Iblis. »Da unten hat man keinen Empfang. Gib mir jetzt den Stab.«
    KC schlug das Herz bis zum Hals. Ihre Schwester war tot, und sie selbst hatte sie umgebracht, hatte sie zu einem unschuldigen Opfer gemacht. KC taumelte unter der Last plötzlicher Schuldgefühle.
    »Zwing mich nicht, etwas zu tun, was ich bereuen würde, KC«, sagte Iblis im Brustton der Überzeugung. »Ohne den Stab gehe ich nicht.«
    Als KC Iblis anstarrte – den Mann, der ihr alles beigebracht hatte, was sie wusste und konnte –, stieg ihr die Galle hoch. Nackter Hass erfasste sie. Es kostete sie alle Kraft, ihm nicht an die Kehle zu springen. Und in diesem Moment traf sie eine Entscheidung: Er verdiente es zu leiden. Er verdiente es, bestraft zu werden.
    Mit blitzschnellem Griff entriss Iblis KC die Lederrolle. Er öffnete die obere Abdeckung und die innenliegende metallene Verriegelung; dann lugte er in die Röhre hinein und sah die beiden Schlangenköpfe mit den Rubinaugen. Er schloss die Röhre wieder und blickte KC an.
    KC war sprachlos und viel zu schockiert, als dass sie hätte reagieren können, wenn Iblis jetzt versucht hätte, sie zu töten. Aber das versuchte er nicht. Ohne ein Wort zu sagen, ohne die Hand gegen KC zu erheben, wandte er sich ab und schlenderte davon, ging über den Vorplatz und über den von Sträuchern gesäumten Weg.
    KC verbarg ihr Haar unter einem Kopftuch, setzte sich auf eine Bank, zog ihr Handy hervor und wählte. Es klingelte und klingelte, und jedes Mal klang es wie das Läuten einer Totenglocke. Niemand nahm das Gespräch entgegen. KC steckte das Handy zurück in die Tasche. Tränen der Trauer über den Tod ihrer Schwester strömten ihr über die Wangen. Sie hatte Cindy im Stich gelassen. Hinzu kam, dass Cindy voller Hass auf sie gestorben war und dass die letzten Worte, die sie gewechselt hatten, im Zorn gesprochen worden waren. Sie hatte gehofft, dass sie einander wiedersehen würden, sodass sie Cindy alles erklären und ihr sagen konnte, dass sie den unglückseligen Weg, den ihr Leben genommen hatte, aus einer Notwendigkeit heraus gewählt hatte, aus Liebe. Aber die Tränen des Wiedersehens würden niemals fließen, nur die Tränen der Trauer, die ihr Gesicht jetzt benetzten.
    Schließlich schaute sie auf und sah, dass Iblis zum Ausgang ging, der vom Gelände der

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