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Der Dieb der Finsternis

Der Dieb der Finsternis

Titel: Der Dieb der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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behutsam damit um, untersuchte die Schlangenköpfe und vergewisserte sich, dass die Silberzähne dieses Mal echt waren. Dann bestaunte er die mit Juwelen besetzte Haut der Schlangenkörper und steckte den Stab zurück in die Röhre. Vorher spähte er angestrengt in die Röhre und musterte KC mit enttäuschten Blicken. »Was denn, kein Diamanthalsband?«
    KC drehte den Kopf zur Seite und schaute aus dem Fenster; die Welt unter ihr wurde kleiner und kleiner.
    »He!«, rief Iblis in gespieltem Erschrecken, nachdem er den Deckel der zweiten Rolle entfernt hatte. »Hier scheint ja was zu fehlen.«
    KC blickte ihn an, sagte aber nichts.
    »Wo ist sie?«, fragte Iblis. »Mach den Mund auf, KC. Es ist nicht ratsam, in zehntausend Metern Höhe Spielchen zu treiben.«
    »Ich habe sie nicht.«
    »Lass mich raten. Jemand hat sie dir gestohlen.«
    »Ich sagte, ich habe sie nicht«, wiederholte KC trotzig und mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Siehst du? Deshalb ist es gut, immer einen Plan B zu haben, oder einen Menschen, der einem die Dinge abnehmen kann, die eigentlich ein anderer hätte tun sollen.« Iblis öffnete den Aktenkoffer, der auf dem Nachttisch stand, zog den asiatischen Teil der Piri-Reis-Karte heraus, hielt sie gegen das Licht und betrachtete sie bewundernd.
    KCs Augen brannten vor Wut. Sie hatte es befürchtet; es war ja sonst niemand in ihrer Suite gewesen, als die Karte verschwand. Sie hatte es nur nicht wahrhaben wollen und die Fakten ignoriert, weil sie gehofft hatte, es müsse eine andere Erklärung geben.
    »Ich glaube nicht, dass ich Cindy so leicht hätte überzeugen können, wenn du sie nicht so maßlos enttäuscht und belogen hättest«, sagte Iblis. »Deine Schwester hat sich in den letzten Tagen als verlässlicher und als treuer erwiesen als du.«
    Der Schock stand KC ins Gesicht geschrieben.
    »Fühlt sich nicht gut an, was? Immer verletzen uns die, die wir am meisten lieben. Wirklich verraten kann uns nur ein Mensch, dem wir wirklich vertraut haben.«
    »Was hast du ihr angetan?«
    »Cindy? Nichts. Ihr musste ich nicht mit dem Tod einer Angehörigen drohen. Ihre Prinzipien sind längst nicht so streng wie deine. Nachdem sie erfahren hatte, wohin die Karte führt – und nachdem ich ihr erzählt hatte, dass ich für einen sehr reichen Mann arbeite –, war sie überglücklich, helfen zu dürfen.«
    »Glücklich?«
    »Du kennst doch ihr Motto: dreißig Millionen, bis sie dreißig ist. Das konnte sie nicht schaffen in dem Job, den sie hatte.«
    KC schüttelte den Kopf.
    »Ich glaube, was Cindy wirklich motiviert hat, war das kleine Geheimnis, das ich ihr verraten habe. Über den Mann, für den ich arbeite. Über den Mann, in dessen Büro du eingebrochen bist. Als sie von seinen Erfolgen und seinem Reichtum erfuhr … nun, du kennst ja deine kleine Schwester. Das sind die Dinge, die ihr am meisten bedeuten.
    Sie ist ihm nie begegnet, hat aber ihr Leben lang an ihn gedacht. Du hast ihr immer nur erzählt, dass er ein Verbrecher war, ein schlechter Mensch. Du hast einfach wiederholt, was deine Mutter dir stets eingeredet hat. selbst dann noch, als sein Sarg in die Erde hinuntergelassen wurde. Die Wahrheit aber ist, dass in dieser Holzkiste nur sein Name war, seine Vergangenheit und die verkohlte Leiche, die man nach seiner Flucht gefunden hatte.«
    KC saß fassungslos da. Das Dröhnen der Flugzeugmotoren lärmte in ihren Ohren, während ihre Welt aus den Fugen geriet. Sie war nicht fähig, einen klaren Gedanken zu fassen.
    »Mein Vater lebt?«, fragte sie.
    »Natürlich«, erwiderte Iblis und lächelte. »Was meinst du denn, wer mich vor Jahren losgeschickt hat, dir etwas beizubringen?«

38.
    M ichael zog zwei große Dokumente aus dem Aktenkoffer und rollte sie auseinander. Es waren zwei Fotokopien der Karte, die er auf Simons Bett legte. Die eine Kopie sah aus wie das Original; die Anmerkungen waren in die englische Sprache übersetzt worden.
    »Wer hat das denn gemacht?«, fragte Simon, als er den Blick zwischen den beiden Karten hin und her schweifen ließ.
    »Als ich die Karte gefunden habe, habe ich digitale Fotos davon gemacht, für alle Fälle.«
    »Clever«, meinte Simon.
    »Ich habe die Bilder per E-Mail an meinen Vater nach Boston geschickt. Seine Anwaltskanzlei arbeitet viel mit Übersetzern zusammen. Bestimmt hat er eine hübsche Stange Geld dafür bezahlt, das so schnell zu bekommen.«
    Simon studierte die Karte mit aufmerksamem Blick. Dabei glitten seine Finger über das Papier, als könne

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