Der Dienstagabend-Club
plötzlicher Tod kann natürlich die Zungen in Bewegung setzen, aber nicht ohne zusätzliche Tatsachen. Hast du dich mit Geoffrey gestritten oder dergleichen?‹
Sie gab zu, dass sie morgens beim Frühstück eine heftige Auseinandersetzung gehabt hatten.
›Und das haben die Dienstboten wohl gehört?‹, fragte ich.
›Sie waren nicht im Zimmer.‹
›Nein, liebes Kind, aber wahrscheinlich standen sie draußen ziemlich nahe an der Tür.‹
Ich kannte die Tragweite von Mabels hoher, hysterischer Stimme nur zu gut, und Geoffrey Denman sprach auch nicht gerade leise, wenn er zornig war.
›Worüber habt ihr denn gestritten?‹, fragte ich.
›Oh, über die üblichen Dinge. Es war immer das gleiche. Eine Kleinigkeit gab den Anlass. Dann wurde Geoffrey unmöglich, und ich sagte etwas Abscheuliches und gab ihm zu verstehen, was ich von ihm hielt.‹
›Demnach habt ihr euch ja häufig gestritten, nicht wahr?‹, fragte ich.
›Es war nicht meine Schuld –
›Mein liebes Kind, wessen Schuld es war, spielt gar keine Rolle. Das steht nicht zur Debatte. An einem solchen Ort sind die Privatangelegenheiten eines jeden Menschen mehr oder weniger öffentliches Eigentum. Du und dein Mann, ihr habt euch dauernd gestritten. Eines Morgens hattet ihr einen besonders heftigen Krach, und am selben Abend starb dein Mann eines plötzlichen und geheimnisvollen Todes. Ist das alles, oder gibt es noch etwas anderes?‹
›Ich weiß nicht, was du unter etwas anderem verstehst‹, antwortete sie verstockt.
›Genau das, was ich sage, liebes Kind. Wenn du irgendetwas Törichtes getan hast, dann rede jetzt um Gottes willen darüber, denn ich möchte ja alles tun, was ich kann, um dir zu helfen!‹
›Nichts, niemand kann mir helfen‹, rief Mabel verzweifelt, ›außer dem Tod.‹
›Glaube etwas mehr an die Vorsehung, liebes Kind‹, riet ich ihr. ›Also, Mabel, ich weiß genau, dass du mir etwas verheimlichst.‹
Ich wusste stets, selbst als sie noch ein Kind war, wenn sie mir nicht die volle Wahrheit sagte. Na, es dauerte ja eine ganze Weile, aber schließlich bekam ich es heraus. Sie war an jenem Morgen zur Apotheke gegangen und hatte Arsenik gekauft. Sie musste natürlich ihren Namen eintragen, und der Apotheker hatte selbstverständlich nachher geschwatzt.
›Wer ist euer Arzt?‹, fragte ich.
›Dr. Rawlinson.‹
Ich kannte ihn vom Sehen. Mabel hatte mich einmal auf ihn aufmerksam gemacht. Er war, wenn ich mich etwas derb ausdrücken darf, ein alter Trottel. Ich habe zu viel Lebenserfahrung, um an die Unfehlbarkeit der Ärzte zu glauben. Manche unter ihnen sind klug und andere wieder nicht. Und sehr oft wissen die besten nicht, was einem fehlt. Ich persönlich will mit Ärzten und ihren Mixturen nichts zu tun haben.
Ich ließ mir die Sache durch den Kopf gehen. Dann setzte ich meinen Hut auf und stattete Dr. Rawlinson einen Besuch ab. Der Eindruck, den ich von ihm hatte, wurde bestätigt. Er war ein netter alter Mann, freundlich vage, jammervoll kurzsichtig, etwas taub und dazu im höchsten Grade reizbar und empfindlich. Er war sofort in seinem Fahrwasser, als ich Geoffrey Denmans Tod erwähnte, und hielt mir einen langen Vortrag über essbare und giftige Pilze. Er hatte die Köchin befragt, und sie hatte zugegeben, dass einige der Pilze ›ein wenig merkwürdig‹ ausgesehen hätten, aber da sie aus einem Laden geschickt worden waren, hatte sie angenommen, dass sie in Ordnung seien. Je mehr sie seitdem darüber nachdachte, desto tiefer war sie davon überzeugt, dass das Aussehen der Pilze ungewöhnlich war.
›Das kann ich mir lebhaft vorstellen‹, sagte ich. ›Zunächst waren es in ihren Augen wohl ganz normale Pilze, und zum Schluss wurden sie orangefarben mit lila Flecken. Es gibt wohl nichts, das diesen Dienstboten nicht einfällt, wenn sie sich lange genug mit einer Sache beschäftigen.‹
Aus den Worten des Doktors schloss ich, dass Denman nicht mehr sprechen konnte, als der Arzt eintraf. Auch konnte er nicht schlucken und starb nach wenigen Minuten. Der Doktor schien völlig von der Richtigkeit des Totenscheins, den er ausgestellt hatte, überzeugt zu sein. Doch wie viel davon auf Starrköpfigkeit und wie viel auf echtem Glauben beruhte, vermochte ich nicht zu entscheiden.
Ich ging sofort wieder nachhause und fragte Mabel, warum sie Arsenik gekauft habe, worauf Mabel in Tränen ausbrach.
›Ich wollte mir das Leben nehmen‹, stöhnte sie. ›Ich war zu unglücklich und dachte, es sei am besten, allem ein
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