Der Dienstagabend-Club
acht Stunden tot. Ihr Riechfläschchen lag neben ihrer Hand auf dem Bett, und auf der Wand neben ihr hatte sich das Rosarot einer Geranie in ein leuchtendes Dunkelblau verwandelt.«
»Grässlich!«, stieß Miss Helier schaudernd hervor.
Sir Henry runzelte die Stirn.
»Keine weiteren Einzelheiten?«
Colonel Bantry schüttelte den Kopf. Doch Mrs Bantry sagte rasch: »Das Gas.«
»Was hat es mit dem Gas auf sich?«, fragte Sir Henry.
»Als der Doktor kam, bemerkte er einen leichten Gasgeruch und entdeckte dann auch, dass der Gasring am Kamin etwas aufgedreht war, aber so wenig, dass es keine Rolle spielte.«
»Haben Mr Pritchard und die Schwester nichts wahrgenommen, als sie das Zimmer zuerst betraten?«
»Die Schwester behauptete, sie habe etwas gerochen. George erklärte, er habe zwar keinen Gasgeruch gespürt, aber so etwas wie eine Ohnmachtsanwandlung bekommen. Er führte das auf den Schock zurück – und hatte wahrscheinlich Recht. Auf jeden Fall war eine Gasvergiftung unwahrscheinlich. Der Geruch war kaum zu merken.«
»Und ist die Geschichte damit zu Ende?«
»Nein, es wurde viel geredet. Die Dienstboten hatten nämlich gelauscht und zum Beispiel gehört, wie Mrs Pritchard zu ihrem Mann sagte, dass er sie hasse und sich über sie lustig machen werde, wenn sie sterbe. Und dann noch spätere Bemerkungen. So hatte sie eines Tages, als er sich weigerte, das Haus aufzugeben, zu ihm gesagt: ›Na schön, wenn ich tot bin, wird sich hoffentlich jeder klarmachen, dass du mich umgebracht hast.‹ Und wie es das Unglück so wollte, hatte er gerade am Tag vor ihrem Tod etwas Unkrautgift angerührt, um die Gartenwege herzurichten. Eines der jüngeren Dienstmädchen hatte ihn dabei beobachtet und gesehen, wie er später seiner Frau ein Glas heiße Milch brachte.
Der Klatsch wurde immer größer. Der Arzt hatte einen Totenschein ausgestellt, aber ich weiß nicht, wie die Todesursache lautete – wahrscheinlich hatte er einen medizinischen Ausdruck gewählt, der nicht viel besagte. Die arme Frau ruhte jedenfalls noch nicht einen Monat in ihrem Grab, als die Exhumierung der Leiche angeordnet wurde.«
»Und die Autopsie ergab nichts, wie ich mich entsinne«, sagte Sir Henry ernst.
»Das Ganze ist wirklich sehr merkwürdig«, meinte Mrs Bantry. »Diese Wahrsagerin Zarida, zum Beispiel. An der Adresse, die sie angegeben hatte, war eine solche Person gänzlich unbekannt!«
»Sie tauchte einmal auf – aus dem blauen Dunst heraus«, bemerkte ihr Mann, »und verschwand dann wieder vollständig, im blauen Dunst – das ist gut!«
»Und außerdem«, fuhr Mrs Bantry fort, »hatte die kleine Schwester Carstairs, die sie ja empfohlen haben sollte, niemals etwas von dieser Zarida gehört.«
Sie blickten sich gegenseitig an.
»Eine geheimnisvolle Geschichte«, meinte Dr. Lloyd. »Man könnte natürlich allerlei Vermutungen anstellen, aber – «
Er schüttelte den Kopf.
»Hat Mr Pritchard dann Miss Instow geheiratet?«, fragte Miss Marple mit ihrer sanften Stimme.
»Nun, warum wollen Sie gerade das wissen?«, erkundigte sich Sir Henry.
Miss Marple schlug ihre gütigen blauen Augen weit auf.
»Es erscheint mir so wichtig«, entgegnete sie. »Haben die beiden geheiratet?«
Colonel Bantry schüttelte den Kopf.
»Wir – nun, wir haben das eigentlich erwartet –, aber jetzt sind schon achtzehn Monate vergangen, und ich glaube, sie sehen sich kaum noch.«
»Das ist wichtig«, sagte Miss Marple, »sehr wichtig.«
»Dann denken Sie sicher dasselbe wie ich«, bemerkte Mrs Bantry. »Sie nehmen an – «
»Nun, Dolly«, unterbrach ihr Mann sie, »was du da sagen willst, ist unberechtigt. Du kannst nicht einfach jemanden anklagen, ohne den geringsten Beweis dafür zu haben.«
»Sei nicht so – so männerhaft, Arthur. Männer haben eine furchtbare Angst, auch nur das Geringste zu sagen. Dies bleibt ja ganz unter uns. Es ist nur eine wilde, fantastische Idee von mir, dass Jean Instow sich eventuell – ich möchte betonen – eventuell – als Wahrsagerin verkleidet hat. Wohl verstanden, nur im Scherz. Ich glaube ja nicht für eine Sekunde, dass sie böse Absichten dabei gehabt hat. Wenn sie es aber getan hat und Mrs Pritchard dumm genug war, vor Angst zu sterben – nun, das ist doch der Gedanke, den Miss Marple ebenfalls hatte, nicht wahr?«
»Nein, meine Liebe, nicht ganz«, entgegnete Miss Marple. »Sehen Sie, wenn ich jemanden töten wollte – was mir natürlich nicht einmal im Traum einfallen würde, da es etwas
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