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Der digitale Daemon

Der digitale Daemon

Titel: Der digitale Daemon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Haupter
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Kommunikationen und Steuerungen ins Netz verlagert werden. Dieser Prozess ist erst am Anfang, und ein Ende ist noch nicht abzusehen. Man denke nur an die Entwicklung in der Telemedizin, das Facility Management – Stichwort »Smart Home« –, die Organisation und Steuerung wichtiger Versorgungsinfrastrukturen – Stichwort »Smart Grid« und »Smart Metering« –, oder die zunehmende Abwicklung unserer alltäglichen Einkäufe über das Netz.
    Damit steigt neben der schon bestehenden indirekten Abhängigkeit vom Netz zum Beispiel bei der Steuerung von Logistikketten, der Organisation von Bank- und Zahlungsverkehr, dem Management von Ver- und Entsorgungseinrichtungen auch die direkte Abhängigkeit der Bürgerinnen und Bürger in ihrem alltäglichen Leben von der Kommunikation im und über das Netz.
    So wie in der industriellen Revolution die Entwicklung von Industrie und Gewerbe vom direkten Zugang zum Eisenbahn- und Güterverkehr abhängig wurde, so ist heute nicht nur die Entwicklung von großen, sondern auch von mittelständischen und kleinen Betrieben und die Erwerbsmöglichkeit von Selbstständigen immer mehr vom Zugang zu einem schnellen Netz abhängig.
    In Deutschland gibt es nach wie vor viele sogenannte »weiße Flecken«: Regionen, die nur sehr begrenzten Zugang zum Internet haben. Diese Regionen sind in der Regel auch gleichzeitig wirtschaftlich schwache Regionen. Für die großen Netzbetreiber rechnet sich der Netzausbau hier nicht. Für die Bevölkerung, kleinere und größere Unternehmen, Selbstständige aber auch für Privatpersonen ist ein schneller Internetzugang jedoch notwendig, um ihre Teilnahme und Teilhabe am Markt zu gewährleisten und ihnen die gleichen Zugangschancen zu sichern. Die Wettbewerbsfähigkeit wird für Unternehmen wie Selbstständige eingeschränkt, wenn sie Daten nicht oder nur stark verlangsamt senden und empfangen können. Auch beispielsweise ausbleibende Antworten auf zu beantwortende E-Mails in Folge eines Ausfalls oder einer starken Verlangsamung der Internetverbindung wirken in höchstem Maße unprofessionell. Dies liegt nicht im Verschulden der Unternehmerinnen und Unternehmer, sondern ist einer mangelnden Infrastruktur geschuldet. In diesem Sinne bedeutet der Ausbau des Breitbandinternets die Schaffung eines gleichwertigen Marktzugangs. Der flächendeckende Ausbau eines leistungsstarken Internets stellt daher auch eine Maßnahme dar, um Innovation zu ermöglichen, Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und in dessen Folge der weiteren Abwanderung der Bevölkerung aus ländlichen und wirtschaftlich schwachen Regionen entgegenzuwirken. Daher ist es hier zentrale Aufgabe des Staates, die Infrastruktur herzustellen und dem Marktversagen zu begegnen.
    Nicht zuletzt können bestimmte Leistungen auch der öffentlichen Versorgung ohne ein entsprechend schnelles Internet in einigen Regionen Deutschlands nicht oder nur schwer erbracht werden. Als Beispiel sei hier die medizinische Versorgung genannt. Oft ist es notwendig, dass sensible Daten schnell und zuverlässig von einer Versorgungsstelle zur nächsten übermittelt oder auch Informationen schnell recherchiert werden können. Um Ärztinnen und Ärzten ein optimales Arbeiten zu ermöglichen, ebenso wie den Patientinnen und Patienten die optimale Versorgung zuzusichern, ist eine schnelle Internetverbindung wichtig. Projekte wie beispielsweise die Nutzung der elektronischen Gesundheitskarte sind mit den aktuell bestehenden Zugangsmöglichkeiten zum Internet in vielen gerade ländlichen Regionen nicht realisierbar.
    Dies verdeutlicht, dass das Internet längst zur zentralen Infrastruktur der Daseinsversorgung und Träger neuer Entwicklungsmöglichkeiten geworden ist, so wie es der Verkehr und die Mobilitätsträger in der industriellen Revolution waren. Für die ökonomische Entwicklung brachte die Einführung des Internets der Erfindung der Eisenbahn vergleichbare Fortschritte und Umwälzungen mit sich. Doch dies ist keineswegs die einzige Parallele!
    Das immer dichter werdende Eisenbahnnetz des ausgehenden 19. Jahrhunderts stellte auch die Infrastruktur für die politische und gewerkschaftliche Organisation der wachsenden Arbeitermassen. Unterprivilegiert und im Gegensatz zum Bürgertum zunächst ohne Zugang zur Massenkommunikation der Printmedien, bot die Eisenbahn die Grundlage zur Organisation einer »Versammlungs«-Kommunikation und von Partei- und Gewerkschaftsstrukturen, über welche die Demokratisierung und die soziale Zähmung

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