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Der Distelfink

Der Distelfink

Titel: Der Distelfink Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Tartt
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und Lana Turner und darüber, in welchem Jahr das alte Horn-and-Hardart-Automaten-Restaurant endgültig geschlossen wurde. Und dann haben wir festgestellt, dass wir gegenüber voneinander arbeiten. Es war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft, wie man so sagt. «
    Ich blickte zu meinem Dad. Er hatte einen seltsamen Gesichtsausdruck, die Lippen fest aufeinandergepresst, als müsste er sich jeden Moment auf dem Teppich übergeben. » Ich möchte auf eine Privatschule gehen « , platzte ich heraus.
    » Wirklich? « , sagte Mr. Bracegirdle. » Ich denke, das könnte eine ausgezeichnete Idee sein. An was hattest du gedacht? Zurück in den Osten? Oder irgendwo dort draußen? «
    Das hatten wir uns noch nicht überlegt. Ich sah meinen Dad an.
    » Ähm « , sagte ich, » ähm « , während mein Vater Grimassen zog und hektisch mit der Hand winkte.
    » Möglicherweise gibt es auch im Westen gute Internate, obwohl ich nichts davon weiß « , sagte Mr. Bracegirdle. » Ich war in Milton, was für mich eine wunderbare Erfahrung war. Mein ältester Sohn ist auch dorthin gegangen, jedenfalls ein Jahr, aber für ihn war es nicht der richtige Ort… «
    Während er weiterredete– über Milton, Kent und diverse andere Internate, auf die Kinder von Freunden oder Bekannten gegangen waren–, kritzelte mein Dad etwas auf einen Zettel, den er mir zuwarf. Geld telegrafisch anweisen, stand darauf, Anzahlung.
    » Ähm « , sagte ich, weil ich nicht wusste, wie ich das Thema anders ansprechen sollte, » hat meine Mutter mir Geld hinterlassen? «
    » Nun, nicht direkt « , sagte Mr. Bracegirdle, der nach der Frage oder vielleicht auch nur wegen der plumpen Unterbrechung ein wenig kühler klang. » Sie hatte zum Ende hin einige finanzielle Sorgen, wie du bestimmt selber weißt. Aber du hast eine Ausbildungsversicherung. Außerdem hat sie kurz vor ihrem Tod ein kleines UTMA für dich eingerichtet. «
    » Was ist das? « Mein Dad hörte– den Blick auf mich gerichtet– ganz genau zu.
    » Ein Uniform Transfer to Minors. Eine dir überschriebene Geldsumme, die ebenfalls für deine Ausbildung eingesetzt werden soll. Aber sie darf nicht anderweitig verwendet werden– jedenfalls nicht, solange du noch minderjährig bist. «
    » Wieso nicht? « , fragte ich nach einer kurzen Pause, weil er den letzten Punkt anscheinend besonders betont hatte.
    » So bestimmt es das Gesetz « , erwiderte er knapp. » Aber wenn du eine Schule besuchen möchtest, lässt sich bestimmt etwas machen. Ich weiß von einer Mandantin, die einen Teil der Ausbildungsversicherung ihres ältesten Sohnes benutzt hat, um damit einen schicken Kindergarten für ihre Jüngste zu bezahlen. Nicht dass ich zwanzigtausend Dollar im Jahr auf diesem Level für eine vernünftige Ausgabe halte– das müssen die teuersten Buntstifte in Manhattan sein! Aber ja, nur damit du verstehst, wie es funktioniert. «
    Ich sah meinen Dad an. » Es gibt also keine Möglichkeit, dass Sie mir, sagen wir, fünfundsechzigtausend Dollar anweisen können « , sagte ich. » Wenn ich sie in dieser Minute brauchen würde. «
    » Nein! Absolut nicht! Also vergiss das einfach wieder! « Sein Ton hatte sich verändert– offensichtlich hatte er seine Meinung über mich revidiert, ich war nicht mehr der Sohn meiner Mutter undein guter Junge, sondern ein fieser kleiner Raffzahn. » Darf ich dich übrigens fragen, wie du zufällig auf diese spezielle Summe kommst? «
    » Ähm… « Ich blickte zu meinem Dad, der sich die Augen zuhielt. Scheiße, dachte ich und merkte dann, dass ich es laut gesagt hatte.
    » Nun, tut nichts zur Sache « , sagte Mr. Bracegirdle mit samtweicher Stimme. » Es ist schlicht nicht möglich. «
    » Keinesfalls? «
    » Keinesfalls, keineswegs. «
    » Okay, gut. « Ich überlegte angestrengt, doch mein Verstand rannte in zwei Richtungen gleichzeitig. » Könnten Sie mir dann einen Teil schicken? Zum Beispiel die Hälfte? «
    » Nein. Alles müsste direkt mit dem College oder der Schule deiner Wahl geregelt werden. Anders ausgedrückt, ich muss Rechnungen sehen und Rechnungen bezahlen. Außerdem erfordert es eine Menge Papierkram. Und für den unwahrscheinlichen Fall, dass du dich entscheidest, nicht aufs College zu gehen… «
    Während er verwirrend weiter über die diversen Details und Bedingungen der Anlagen sprach, die meine Mutter für mich getätigt hatte (die sämtlich ziemlich restriktiv waren, was die Möglichkeiten betraf, dass mein Vater oder ich unmittelbar konkret auszugebendes

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