Der Doktor und das liebe Vieh
versuch’s mal. Heute vormittag ist sowieso nicht viel los, und ich sehne mich nach ein bißchen Bewegung.«
Auf dem Hof stellte ich fest, daß der alte Boardman gute Arbeit geleistet hatte: Das große zweiflügelige Tor war freigeschaufelt, so daß unsere Autos hinausfahren konnten. Ich packte alles, was ich möglicherweise brauchen würde, in einen kleinen Rucksack – eine Hustenmedizin, Latwerge, eine Spritze und ein paar Ampullen Serum gegen Lungenentzündung. Dann warf ich das wichtigste Objekt meiner Winterausrüstung, eine Schaufel mit breitem Blatt, hinten in den Wagen und fuhr los.
Die größeren Straßen waren alle schon von den städtischen Schneepflügen geräumt worden, aber die Fahrbahn war rauh, und ich kam nur langsam und holpernd voran. Es waren mehr als zehn Meilen bis zum Clayton-Hof, und es war einer jener bitterkalten Tage, an denen eine dicke Eisschicht sich auf der Windschutzscheibe bildete und innerhalb von Minuten die Sicht versperrte. Aber an diesem Morgen machte mir das nichts aus. Ich hatte gerade eine wunderbare neue Erfindung gekauft – ein paar Stränge Draht, die auf einen Streifen Bakelit montiert und mit Gummisaugpfropfen an der Windschutzscheibe befestigt waren. Das Ganze wurde von der Wagenbatterie gespeist und bewirkte einen schmalen Streifen Sicht.
Nun brauchte ich nicht mehr nach jeder halben Meile erschöpft auszusteigen und das Eis von der Scheibe abzukratzen. Ich spähte entzückt durch einen makellos klaren Halbkreis von etwa acht Zoll Breite auf die Landschaft, die wie in einem Film an mir vorüberzog: die Dörfer mit ihren grauen Steinhäusern, still und zurückgezogen unter ihrer dichten weißen Hülle, die schneebeladenen, tief herabhängenden Zweige der Bäume am Straßenrand. In meiner Begeisterung achtete ich gar nicht darauf, daß meine Zehen schmerzten. Damals, als es noch keine Autoheizung gab, waren eiskalte Füße etwas Normales, besonders wenn man durch die Löcher in den Bodenbrettern die Straße sehen konnte. Auf langen Fahrten war ich zuletzt fast erfroren. So erging es mir auch an diesem Tag, als ich am Fuß der Pike Edge-Straße aus dem Wagen stieg; in meinen Fingern prickelte es schmerzhaft, während ich umherstapfte und die Arme schwang.
Die Schneepflüge hatten nicht einmal versucht, die kleine Straße zu räumen, die zum Pike Edge hinaufführte. Aber trotz meiner Enttäuschung betrachtete ich bewundernd die Formen, die der Wind über Nacht geschaffen hatte. Fließende Falten von wunderbarer Glätte, die in haarfeine Spitzen ausliefen, tiefe Höhlungen mit messerscharfen Kanten, aufragende Klippen mit überhängenden Rändern, die so zart und zerbrechlich waren, daß sie fast durchsichtig wirkten.
Als ich den Rucksack umschnallte, überkam mich eine Art gedämpfter Begeisterung. In einer ledernen Golfjacke, die bis zum Hals zugeknöpft war, und mit einem Extrapaar dicker Socken unter meinen Wellingtons fühlte ich mich zu allem bereit. Zweifellos empfand ich das Wagemutige und Ritterliche an diesem Bild: der hingebungsvolle junge Tierarzt mit seinen Wunderarzneien auf dem Rücken, der gegen die Unbilden der Witterung ankämpft, um einem hilflosen Tier beizustehen.
Ich machte einen Augenblick halt und betrachtete das Herne Fell, das sich klar und kalt gegen den grauen Himmel abhob. Eine erwartungsvolle Stille lag über den Feldern, dem zugefrorenen Fluß und den Bäumen.
Weit ausschreitend überquerte ich auf einer Brücke den weißen, reglosen Fluß; dann führte der Weg bergauf, und ich ging vorsichtig über die Schneewehen, bis die fast unsichtbare Straße zwischen niedrigem Felsgestein den Gipfel erreichte. Trotz der Kälte begann der Schweiß auf meinem Rücken zu prickeln, als ich oben war.
Ich blickte mich um. Im Juni oder Juli war ich mehrere Male hier oben gewesen, und ich erinnerte mich gut an den Sonnenschein, an den Duft des warmen Grases, der Blumen und Tannen, der aus dem Tal herauskam. Aber es war schwer, die lächelnde Landschaft des letzten Sommers mit dieser Einöde in Verbindung zu bringen.
Das flache Hochmoor auf dem Gipfel war nichts als eine weiße Fläche, die sich bis zum Horizont erstreckte und auf der wie eine dunkle Decke der Himmel lastete. Unter mir erspähte ich den Hof in seiner Mulde, und auch er sah anders aus: klein, fern, wie eine Kohlezeichnung vor dem Hintergrund der weißen Berge. Ein Tannenwald bildete einen schwarzen Fleck auf den Hängen, aber sonst wies die Gegend kaum noch Erkennungszeichen auf.
Die
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