Der Domino-Killer
gerichtsmedizinische Labor beeilte sich gnädigerweise mit der Untersuchung, und das Ergebnis zeigte eine haargenaue Übereinstimmung mit der DNS der Hautpartikel unter Zoë Aldermans Fingernägeln.
Wir hatten ihn.
Dennoch versuchte Price abzustreiten, dass er der Domino-Killer war. Diese Arroganz passte ganz genau zum psychologischen Profil von Psychopathen. Selbst angesichts unwiderlegbarer Beweise für ihre Schuld waren sie immer noch davon überzeugt, dass sie der einzige Mensch auf der Welt wären, der das perfekte Verbrechen begangen hatte und damit davonkam. Seine Unschuldsbeteuerungen, als man ihm bei seiner endgültigen Verhaftung mitteilte, was ihm zur Last gelegt wurde, sorgten bei uns für Erheiterung. Da ich ihn gefunden hatte, durfte ich auch seine Verhaftung durchführen.
In meiner Erinnerung habe ich damals zum letzten Mal in meinem Leben gelacht.
Tatsächlich vergingen aber Monate, bevor JPP meine Familie ermordete. Bis dahin lachte ich noch oft – zu Hause mit Jackson und Cece, bei der Arbeit mit den Kollegen, jeden Tag – bevor JPPs Pläne mein Leben für immer zerstörten.
Während der kurzen Zeit, in der er im Gefängnis auf den Beginn seines Prozesses wartete, hörte JPP schließlich auf, alles zu leugnen: Er war Martin Price, ein Einzelgänger, der von seinen Eltern ganz jung im Stich gelassen und in einem Waisenhaus aufgezogen worden war, in der Folge ein unauffälliges Leben geführt hatte, bis seine DNS plötzlich an den Tatorten verschiedener Morde auftauchte. Er gestand die Taten zwar nicht direkt, leugnete aber nicht länger alles, vermutlich auf Rat seines Rechtsanwalts hin. Tatsächlich sagte er auch ansonsten nicht viel, wartete wahrscheinlich darauf, dass sein Fall vor Gericht kam, und plante dabei die ganze Zeit bereits seine Flucht. Als er aus dem Gefangenenbus entfloh, der ihn zwecks Verlesung der Anklageschrift zum Gericht bringen sollte, benutzte er dabei ein selbstgebautes Klappmesser. Bis dahin war es uns nicht gelungen herauszufinden, weshalb er sich ausgerechnet die Aldermans ausgesucht hatte. Ich nehme an, dass es irgendeine zufällige Verbindung gab, dass ihn jemand aus der Familie seiner Meinung nach vielleicht grundlos beleidigt hatte. Was mochten die Aldermans in ihrem Alltag getan haben, das den Zorn dieses Gestörten erregt hatte? In meinem Fall war es klar. Ich hatte die Dreistigkeit besessen, auf den Tank zu steigen und ihn darin zu entdecken. Es hätte auch jeden anderen treffen können, der das unheimliche Geräusch bemerkt hätte und einer Ahnung folgend die Leiter hochgeklettert wäre.
Nur war es nicht irgendwer.
Sondern ich.
Am nächsten Tag beschloss meine Mutter, dass etwas frische Luft mir guttun würde. Mir ging es etwas besser, also nahm ich mir Joyce’ Buch, und Mom half mir hinaus auf die Veranda, wo ich mich auf ein Rattansofa legte. Ich streckte mich aus und lehnte meinen Kopf gegen ein geblümtes Chintzkissen. Meine Mutter mochte hübsche Deko. Es war ein schöner Frühlingsmorgen, und der Hornriegel mit seinen Ästen voller weißer Blüten sah phantastisch und gleichzeitig traurig aus.
Auf der anderen Seite der Straße stand noch immer der Van des Überwachungsteams; jetzt ein dunkelblauer mit einem anderen Fahrer. Er musste den von gestern abgelöst haben. Mittags war Wachwechsel, da nahm ein hellblauer Van den Platz des dunkelblauen ein. Die Schicht dauerte zwölf Stunden, von zwölf Uhr mittags bis Mitternacht. Auf JPP zu warten fühlte sich langsam ganz normal an. Ich fragte mich inzwischen, ob er vielleicht wirklich tot war. Oder vielleicht wollte er nur, dass wir das glaubten. Möglicherweise war genau das sein Plan: Er ließ genug Zeit verstreichen, bis niemand mehr mit seinem Kommen rechnete.
KAPITEL 6
Drei Wochen später war der Hornriegel vollständig verblüht; trockene Blütenblätter bedeckten nun den Rasen vorm Haus meiner Eltern wie ein Teppich. Mac stützte mich am Ellbogen, während wir über den Weg vom Haus zur Straße gingen, obwohl das eigentlich nicht nötig war. Die Schmerzen in meinem Bauch waren schwächer geworden; meine Muskeln fühlten sich nicht mehr an, als würden sie gleich reißen, sobald ich mich zu schnell bewegte. Dennoch ließ ich mir von ihm helfen, weil er sich besser zu fühlen schien, wenn er etwas für mich tun konnte. Als ich mich auf dem Vordersitz seines Wagens niederließ – ein grüner Mini mit schwarz-weißem Schachbrettmuster auf dem Dach und zwei Rallyestreifen auf der Haube –,
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