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Der Domino-Killer

Der Domino-Killer

Titel: Der Domino-Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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Mac und ich winkten zurück, machten aber beide keine Anstalten auszusteigen.
    «Versuch die Sache mit der SOKO zu vergessen», sagte er. «Lass das meine Sorge sein.»
    Der Himmel verfinsterte sich plötzlich. «Es fängt an zu regnen», sagte ich und öffnete den Gurt.
    Meine Mutter lief quer über den Rasen hinter Susanna her und schnappte sie sich samt Puppe und Wagen. «Komm rein!», hörte ich sie meinem Vater zurufen, der noch immer auf seinem Plastikstuhl saß, als die ersten Tropfen fielen. Während die drei sich ins Haus zurückzogen, hörten wir den ersten Donnerschlag.
    «Ich hätte dich nicht dorthin bringen dürfen», sagte Mac. «Mir hätte klar sein müssen, dass es dich aufregt.»
    Ich drehte mich zu ihm und schaute ihn an. «Ich bin nicht sauer auf dich , Mac.» Jedenfalls nicht mehr , sollte das heißen. Er saß noch immer angeschnallt da und starrte geradeaus zur Windschutzscheibe, auf die der Regen jetzt heftig niederprasselte. Etwas berührte mich daran, wie versteinert und einsam er wirkte. Auf der einen Seite hatte sein Kragen sich hochgewölbt, und ich klappte ihn herunter. Ich wollte, dass Mac mich ansah.
    «Auf dem Rücksitz liegt ein Schirm», sagte er und schaute zu mir. Seine Augen wirkten jetzt dunkler, weil die Gewitterwolken die Sonne vertrieben hatten. Einen Augenblick lang saßen wir da und schauten einander an. Dieser Mann war so gut zu mir gewesen und dabei weit über seine Pflichten als Polizist hinausgegangen.
    «Und was hast du jetzt gleich noch vor?», fragte ich.
    «Ich fahre heim.»
    «Von wegen.» Ich griff nach dem langen Schirm auf dem Rücksitz. «Du isst mit uns zu Abend.»
    «Das ist nett von dir, Karin, aber ich bin müde und …»
    «Das war kein Angebot .»
    Dank seiner feinen Lachfältchen um die Augen schien sich Macs ganzes Gesicht zu erhellen. Ich fragte mich, wie er das anstellte: zu lächeln, ohne zu lächeln. Wie konnte seine bald geschiedene Frau Val diesen wunderbaren Mann verlassen? Aber man wusste eben nie, was in einer fremden Ehe wirklich vorging.
    «Macht das deiner Familie denn nichts aus?»
    «Die haben dich praktisch eingeladen.» Alle in meiner Familie mochten Mac. Ich wusste, dass sie sich über seinen Besuch freuen würden.
    «Praktisch?»
    «Komm schon.» Ich öffnete die Wagentür auf meiner Seite und hielt erst einmal den Schirm nach draußen. Dann stieg ich aus und ging mit ihm zur Fahrertür. Mac und ich drängten uns gemeinsam unter den Schirm und liefen über den Rasen zur Haustür, die für uns einen Spaltbreit offen geblieben war.
    Ich gab mir Mühe meine düstere Stimmung vor meiner Familie zu verbergen, weil ich wusste, dass sie sich sonst Sorgen machen würde, aber der Besuch im Revier hatte mich erschüttert. Während des gesamten Abendessens wich diese Trostlosigkeit nicht von mir. Ich hatte das Gefühl zu ertrinken. Meine Mutter hatte Andrea geholfen, das Essen zu machen, und es war köstlich: zwei perfekte Brathähnchen; in Scheiben geschnittene Kartoffeln, Karotten und Zwiebeln aus der Pfanne; Birnentarte mit Vanilleeis zum Nachtisch. Da musste eigentlich jeder Appetit bekommen. Nur ich nicht. Ich musste mich bei jedem Gang zum Essen zwingen. Seit Jackson und Cece gestorben waren, hatte ich fast zehn Kilo abgenommen. Obwohl ich Joyce versprochen hatte, wieder zuzunehmen, schaffte ich es nicht. Meine Mutter hatte in den letzten Wochen mit ihren exzellenten Kochkünsten versucht, mich zum Essen zu verführen. Und ich hatte versucht, mehr zu essen, als ich eigentlich wollte. Manchmal hatte ich sogar etwas Hunger. Aber wie üblich ließ mein Appetit mich nun im Stich.
    Als Susanna zu quengeln begann, bot ich mich an, sie ins Bett zu bringen, und so entflohen wir zusammen nach oben. Ich war lange nicht mehr in ihrem Zimmer gewesen und erschreckte mich, als ich dort auch Spielzeug und Kleidungsstücke von Cece entdeckte. Überrascht war ich allerdings nicht, weil ich regelmäßig Sachen an Susanna weitergereicht hatte, die Cece nicht mehr gebrauchen konnte. Als sie noch am Leben war, war das ganz selbstverständlich gewesen. Ein Kinderauto mit dicken roten Reifen. Ein pink-orange gestreiftes Babykissen. Ein Paar rote Gummistiefel mit gelben Enten darauf. Es erstaunte mich immer noch, wie leicht solche Kleinigkeiten eine Lawine von Gefühlen und Erinnerungen in mir lostraten, als ich mit meiner Nichte in ihrem Zimmer stand und gleichzeitig mein eigenes Kind in einem anderen Zimmer und einem anderen Haus zu einer anderen Zeit genau vor

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